Wolnzach
Botschaften "vom Kopf ins Herz" bringen

Micha Haupt spezialisiert sich im Kirchenmusik-Studium auf Komposition - Note 1,0 im Abschlusskonzert

22.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:16 Uhr
Der 27-jährige Micha Haupt an der Orgel. Das Ausnahmetalent macht seine Berufung zum Beruf: Nach Abschluss seines Studiums geht der Wolnzacher nun ins Praxisjahr als Kirchenmusiker in einer Gemeinde - und macht parallel dazu sein Zweitstudium fertig. −Foto: Matthias Haupt

Wolnzach (WZ) Sich mit Musik zu befassen, ist für Micha Haupt "etwas Natürliches, etwas ganz Ungezwungenes".

So folgt der 27-jährige Wolnzacher in dem, was er tut, seinem Herzen: Von Kindesbeinen an musiziert er, brachte bereits im Grundschulalter erste Kompositionen zu Papier. Sein ausgewiesenes Ausnahmetalent - Haupt gewann unter anderem an der Orgel mehrere Preise beim Bundeswettbewerb "Jugend musiziert" und war 2004 jüngster Sieger beim Bundeswettbewerb für Komposition von Jeunesses Musicales - hat er nun erneut unter Beweis gestellt: Das Abschlusskonzert im Fach "Kirchenmusikalische Komposition", auf das sich Haupt in seinem Master-Studium der Kirchenmusik spezialisiert hatte, meisterte er mit Bravour und mit der Prüfungsnote 1,0.

Zusätzliche Besonderheit: Micha Haupt war dort der erste Student überhaupt, der beim Masterstudium aus sieben möglichen Fächern die Spezialisierung "Kirchenmusikalische Komposition" gewählt hatte. "Ich hatte also noch keine Vorgänger", deshalb sei das Ganze Neuland und besonders spannend gewesen, erzählt er. Die Prüfung selbst musste aus einem instrumentalen und einen vokalen Teil bestehen - "ansonsten war ich in der Umsetzung relativ frei", so Haupt. Er entschied sich im ersten Teil für zwei instrumentale Übungen im Stil des 20. Jahrhunderts und des Hochbarock für Orgel beziehungsweise für Traversflöte, Barockvioloncello, Cembalo und Altus (Kontertenor) - wobei der Zeit des Barock sein Herz besonders gehört. "Es geht darum, möglichst genau den Stil der jeweiligen Zeit zu treffen, man sollte also nicht hören, dass das Stück heute geschrieben wurde", erklärt er die Prüfungsanforderungen.

Im zweiten Teil ging es dagegen darum, in einer Komposition seinen ganz persönlichen Stil zu finden und auszudrücken. "Das Eigene zu treffen, ist besonders schwer", findet Haupt. Mit dem Auszug aus seiner Kantate "Die Ihr den Herrn liebet" nach dem Psalm 97 für Orgel, Klavier, Schlagzeug und gemischten Chor - Vokalisten und Instrumentalisten waren unter seiner Gesamtleitung Mitstudierende und Kollegen aus der Kirchenmusik - ist es ihm dennoch hervorragend gelungen: Nicht nur, dass die Prüfungskommission die Note 1,0 vergab. Das Werk kann auch dem durchaus sehr selbstkritischen Blick seines Komponisten standhalten. Es sei das erste, das stilistisch in die zeitgenössische Richtung geht und das er auch voll vertreten könne, sagt er. Etwas, das für ihn ein "jahrelanger Kampf" gewesen ist. Mit dem Ergebnis aber er ist so zufrieden, dass er sich vorstellen kann, "dieses Werk noch einmal aufzuführen".

Das Komponieren findet bei Micha Haupt in zwei Phasen statt: Am Anfang steht die Inspiration, die holt sich der junge Mann in der Natur, bei Spaziergängen oder beim Lesen von Texten. Wenn dann eine Idee im Kopf da ist, kommt die wesentlich längere handwerkliche Phase mit viel Schreibarbeit: "In ihr geht es darum zu überlegen, in welcher Form man die Idee musikalisch umsetzt", so Haupt.

Der Wunsch, Musiker zu werden, erwachte bei ihm schon sehr früh. Dass es ausgerechnet die Kirchenmusik wurde, das war ihm dann spätestens beim Abitur klar, das er 2011 machte - natürlich mit Musik als Leistungskurs. Prägend war bei dieser Entwicklung für den gläubigen Protestanten zum einen die Musik von Johann Sebastian Bach und zum anderen der Mensch und Reformator Martin Luther. "Das Wissen der Reformation vom Kopf ins Herz bringen" - darum geht es auch Micha Haupt in der Kirchenmusik.

Musikalisches Talent haben in seiner Familie zwar alle, bei Micha - dem Ältesten von sieben Geschwistern - ist es aber besonders ausgeprägt. Bereits mit zehn Jahren bekam er privaten Unterricht an der Hochschule für Musik, wurde mit 14 Jahren Jungstudent, zunächst im Fach Komposition, dann im Fach Orgel. Schule und Musik immer unter einen Hut zu bringen, "war bestimmt nicht einfach", erzählt er. Im Zusammensein mit seinen Schulkameraden habe er sein besonderes Talent aber niemals als "Grenze" erlebt. "Ich verstehe dafür von anderen Themen nicht so viel", meint er ganz pragmatisch.

Nach dem Abitur begann er den Bachelor-Studiengang Kirchenmusik, setzte dann den Master drauf, den er nun abgeschlossen hat. Jetzt geht es für Micha Haupt hinein ins Berufsleben: Vor ihm liegt ab September das Praxisjahr als Assistent bei Kirchenmusikdirektor Reinhold Meiser in der evangelischen Gemeinde St. Matthäus in Ingolstadt. Parallel dazu wird der Wolnzacher sein Zweitstudium "Historische Aufführungspraxis" mit dem Instrument Cembalo weiterführen; hier liegen noch drei Semester vor ihm. Ein Studium, das ihm ausgesprochene Freude macht und laut Haupt eine "ganz eigene Welt" erschließt. Denn das Musizieren mit historischen Instrumenten mache automatisch auch die Musik der jeweiligen Zeit verständlicher.

Dieses Verständnis für frühere Zeiten, für das damalige Denken, für alte Texte aus der Bibel oder von Theologen wie Paul Gerhardt - "auch wenn wir manches davon sprachlich heute etwas anders ausdrücken würden" - möchte Micha Haupt in seinem künftigen Beruf als Kirchenmusiker vermitteln. "Da steckt so viel Potenzial drin, diese Botschaften will ich bewahren und weitergeben", sagt er. Für sein Praxisjahr erhofft er sich zudem, andere Menschen mit seiner Leidenschaft für den Orgelklang anstecken zu können. "Ich bin sicher, dass sich junge Leute für das Orgelspiel begeistern können. "

Wie steht es mit anderen Musikrichtungen wie Pop, Jazz oder Rock? Popularmusik gehörte zwar zwei Semester lang zu den Inhalten seines Studiums und auch daheim bei seiner Familie werde er damit konfrontiert. "Aber privat höre ich keine Popmusik", so Haupt. In seinen Augen werden die musikalischen Möglichkeiten für richtig gute Popmusik zu selten genutzt; zu oft stehe das Banale und Einfache im Vordergrund. Was nicht heiße, dass es Ausnahmen gibt: "Einige Lieder der Band Abba zum Beispiel finde ich phantastisch. Hier ist die Idee, musikalisch etwas Hochwertiges zu erreichen, unglaublich gut gelungen. "

Katrin Rebl