Neuburg
Blinde Eifersucht endet mit Bewährungsstrafe

Ehemann verletzt erst seine Frau und dann mit einem Messer den vermeintlichen Nebenbuhler

28.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:43 Uhr

Neuburg (vb) Manchmal klingen Anklageschriften brutal, furchterregend und verstörend. Was da mitunter Frauen und Männern am Amtsgericht Neuburg vorgeworfen wird, entpuppt sich oft als die Wahrheit. Oft bekommen die Prozessbeteiligten und Zuhörer Einblicke in tiefe seelische Abgründe.

Manchmal aber stellt sich am Ende des Tages heraus, dass sich die Tat doch nicht ganz so dramatisch abgespielt hat, wie ursprünglich angenommen – so zum Beispiel beim gestrigen Prozess gegen einen 25-Jährigen. Dem warf Staatsanwalt Ingo Desing vor, im Streit zuerst seine Frau mit beiden Händen gewürgt und dann versucht zu haben, einen vermeintlichen Nebenbuhler mit einem 14 Zentimeter langen Messer in den Bauch zu stechen, was dieser nur dadurch verhindern konnte, dass er die Klinge mit den Händen abwehrte. Der 23-Jährige erlitt Schnittwunden an zwei Fingern.

Der Angeklagte selbst, ein Pole, der in Geisenfeld (Landkreis Pfaffenhofen) gelebt und gearbeitet hat, schilderte die Tat etwas anders. Die groben Abläufe bestätigte er zwar, die entscheidenden Details jedoch unterschieden sich von der Anklageschrift. An einem Abend im November vergangenen Jahres habe er den ganzen Tag über mit seiner Ehefrau gestritten. Abends dann wollte er lieber daheim bleiben, sie aber wollte zu einem Bekannten, der im selben Haus wohnte. Dort wurde ausgiebig Bier und Wodka getrunken – bis irgendwann die Stimmung kippte und der Angeklagte von seiner Frau verlangte, mit nach Hause zu kommen. „Dort hat sie mich angeschrien, bis ich sie aufs Bett geschubst habe“, so der Angeklagte. „Als sie dann gehen wollte, habe ich sie gegen den Schrank gedrückt und mit der einen Hand ihr Gesicht gepackt.“ Gewürgt habe er sie auf keinen Fall. Durch ihre Hilferufe wurde der gemeinsame Bekannte – auf den der Angeklagte eifersüchtig war – aufmerksam und brachte die Frau in sein Zimmer. Dorthin folgte ihnen im Anschluss auch der Angeklagte – mit einem Messer im Ärmel. Eigentlich habe er ja nur mit seiner Frau reden und den anderen Mann einschüchtern wollen, auf einmal habe der dann aber die Klinge gepackt und sich dabei an den Fingern verletzt. Diese Version bestätigte das Opfer. Er habe hinter dem Angeklagten gestanden, als er das Messer in die Finger bekam. Eindeutige Stichbewegungen in Richtung seines Bauches wollte er auch auf Nachfrage nicht bestätigen. Die Frau des Angeklagten machte von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Sie habe kein Interesse daran, dass ihr Mann bestraft wird. „Wir haben zwei Kinder, es soll alles so bleiben, wie es ist.“

Staatsanwalt Desing folgte im Wesentlichen den Einlassungen des Angeklagten, machte aber klar: „Wer ein potenziell tödliches Werkzeug wie ein Messer ins Spiel bringt, nimmt schwere Verletzungen billigend in Kauf.“ Er forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten für den nicht vorbestraften Mann. Seine Verteidigerin Carmen Reicheneder hielt acht Monate für angemessen. Richterin Celina Nappenbach verurteilte den Mann schließlich zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten.