Es
Bleischwere Amtskette

02.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:42 Uhr

Es gibt in Bayern derzeit schönere Jobs als Oberbürgermeister zu sein. Man wird von jedermann scheel angeschaut, als hätte man die Masern. Das ist nicht normal, denn üblicherweise macht ein solcher Amtsinhaber nichts lieber, als die schwere Amtskette umzuhängen und stolz wie Oskar seinen repräsentativen Pflichten als oberster Volksvertreter nachzukommen, der Erste unter Gleichen.

So ist es jedenfalls gedacht. Leider jedoch verfällt manches Gemeindeoberhaupt dem Cäsarenwahn.

Der OB von Regensburg sitzt wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit gerade hinter schwedischen Gardinen, sein Vorgänger sieht sich gleichfalls hässlichen Vorwürfen ausgesetzt, ein Ex-Bürgermeister im Schuttertal ist rechtsgültig wegen krummer Grundstücksgeschäfte verurteilt, und drüben in der Schanz werden interessante Dinge ruchbar: Während Hinz & Kunz ihr Erspartes bei der frisch fusionierten Sparkasse bunkern müssen und sich über null Zinsen wundern, betreiben der Alt-OB und sein Nachfolger, ein, wie man so sagt, "florierendes kleines Familienunternehmen" in trauter Eintracht mit dem Baulöwen aus der Nachbarstadt. Das kann doch jeder machen, heißt es - seltsamerweise hat mich, den Schlossleutnant, noch niemals der Bau-Stössl-Vetter-Meier-Margraf zu einem lukrativen Immobilienbeteiligungsgeschäft hinzugebeten. Vielleicht bin ich wegen meiner dicken Lippe auch nicht der geborene "stille Teilhaber", von meinen klammen Finanzverhältnissen ganz zu schweigen.

Meinen schmalen Sparstrumpf trage ich somit weiterhin von der Burg hinüber zur Sparkassenzentrale in der Gabrielistraße. Dort treffe ich auf all die anderen Normalbürger, die völlig unbestechlich sind, was vor allem daran liegt, dass nie jemand auf die Idee käme, sie zu bestechen. Das Höchste, was unsereinem angeboten wird, ist ein Plastikkugelschreiber mit Sparkassen-Logo.

Unser Oberbürgermeister hat es da besser: Der kann als ehemaliger Verwaltungsratsvorsitzender der Sparkasse bestimmt mit vollen Händen in die Kuli-Kiste greifen, wenn er gerade kein Schreibgerät zur Hand hat. Aber die hiesigen Verschwörungstheoretiker raunen, dass da noch mehr geht, zum Beispiel ein Sparkassen-Juristenjob als geschmeidiger Anschluss an die Amtsjahre im Rathaus - und Wolfram Ruoff fragt den OB tatsächlich schriftlich, ob da was dran sei. Der OB, alles andere als ein Sonnenkönig, hat das Schreiben gestern kopfschüttelnd im Stadtrat verlesen. Nein, alles sauber in Eichstätt. Und auf Bestechungsversuche der örtlichen Baulöwen kann er warten, bis er grau wird: Die sind für so etwas viel zu geizig. Vor allem aber: Am Ende kriegen sie sowieso alles, was sie wollen - ganz umsonst.

Pfüat Gott, Ihr

Schlossleutnant

Lorenz Krach