Pfaffenhofen
Blech zu Gold gemacht

Umjubeltes Open-Air-Konzert auf dem Pfaffenhofener Hauptplatz - German Brass entführen in ungewöhnliche Klangwelten

22.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:53 Uhr
German Brass überzeugt: Dieses Ensemble aus zehn Top-Blechbläsern und einem adäquaten Schlagzeuger hat einen ganz speziellen Sound geschaffen. −Foto: Steininger

Pfaffenhofen (PK) Das war so richtig nach dem Geschmack des Pfaffenhofener Publikums: Eine musikalische Top-Formation ersten Ranges, ein Wetter wie bestellt und eine Atmosphäre, die ihresgleichen sucht.

Mit "German Brass" erlebten die Zuhörer ein Konzert der Extraklasse.

Und das zum Nulltarif, denn normalerweise liegen die Eintrittspreise je nach Veranstaltungsort bei bis zu 70 Euro pro Person. Aber das Honorar für die Gruppe bezahlt die Stadt, wenn auch "zum Sonderpreis", wie der Tubist und musikalische Lokalmatador Fritz Winter das Publikum wissen ließ. Der nämlich stammt aus Wolzach, und "wenn einer von da kommt, ist die Welt auch in Pfaffenhofen in Ordnung" behauptete SPD-Stadtrat und Musikreferent Peter Feßl und erntete sehr gemischte Reaktionen des Publikums.

Die aber lauteten bezogen auf German Brass einmütig auf Begeisterung, denn schon beim "Concerto D-Dur" von John Baston als Opener wurde klar, dass Besonderes, ja Einmaliges zu erwarten war. Denn dieses Ensemble aus zehn Top-Blechbläsern und einem adäquaten Schlagzeuger hat einen ganz speziellen Sound geschaffen, der weltweit Begeisterung auslöst und musikalische Maßstäbe setzt. Das liegt auch an den verblüffenden Arrangements von Trompeter Matthias Höfs, die in ungewohnte Klangwelten entführen und Hörgenuss der ganz anderen Art bereiten.

Das wird besonders deutlich bei Klassikern wie Bachs "Toccata und Fuge in d-Moll", deren monumentale Orgelklänge von den tiefsten Registern bis ins Diskant von Basstuba bis zur Trompete in Blech umgesetzt werden, die verschiedenen Klangfarben der Orgelpfeifen inklusive. Verblüffend, dass der eigentliche Charakter des Werkes voll erhalten bleibt, das ist, im positiven Sinne, wie "alter Wein in neuen Schläuchen".

Insbesondere bei Wagners Gänsehaut erzeugenden "Pilgerchor", bei dem die Andacht der bedächtig schreitenden Pilgerschar von gefühlvollen Bläsertönen intoniert wird, bis sich aus dem Pianissimo heraus der Klang zu einem gewaltigen Crescendo entwickelt, das die gesamte Stimmgewalt eines Chores imitiert oder besser, neu interpretiert. Dazwischen aber mit einer schnellen Polka von Johann Strauss Sohn ein Ausflug in eine der klassischen Domänen der Blasmusik, mit wahnwitzig schnellen Tonfolgen, die höchste Präzision der Musiker im Zusammenspiel verlangen. Dazwischen kündigte der Moderator und hauptberufliche Hornist Klaus Wallendorf eine Satzfolge aus Gershwins "Porgy and Brass" an, eine der stets humorvollen und unnachahmlichen Zwischenmoderationen in verschiedenen Dialekten zum Vergnügen des Publikums.

Mit Verdis Ouvertüre zu "Die Macht des Schicksals" endete vor der Pause die klassische Abteilung des Konzertabends mit Klängen, die phasenweise gut zum Filmepos "Der Pate" gepasst hätten und Verdis italienische Momente glänzend in Szene setzten.

Nach der Pause reisten German Brass "around the world", da wurde geswingt, gerockt, da standen Rhythmen und Improvisationen der einzelnen Musiker im Vordergrund, ein Heimspiel auch für Fritz Winter an der Zugposaune, der mehrfach Sonderapplaus erntete. Französische Klänge dann bei einem Medley mit Titeln wie "C'est si bon" oder "Sur le pont d'Avignon", schwungvoll das Finale mit dem Can-Can aus Offenbachs "Orpheus in der Unterwelt". Mit einer Imitation von Gerhard Polts Betrachtungen zum Jazz in bestem Filser-Englisch leitete Wallendorf über in ein anderes musikalisches Genre.

Eine besondere Würdigung erfuhr der Jazzpianist Chick Corea mit seinem Titel "Spain", bei "Sing that Song" verließ das Ensemble die Bühne, um Drummer Herbert Wachter Gelegenheit für ein minutenlanges Drumsolo zu geben, das einem Posaunensolo von Fritz Winter folgte, wieder Szenenapplaus der Zuhörer. Als Zugabe dann eine Überraschung: Trompeter Alexander Erbrich-Crawford leitete auf einer Melodica einen eigenen Gesangsbeitrag ein, ein professioneller Auftritt wie auf der Showbühne in Las Vegas mit einer Bigband im Hintergrund.

Fazit: Ein Konzertabend mit großem Erinnerungswert und einem Ensemble, das buchstäblich Blech zu Gold macht. Oder anders ausgedrückt: Es ist eben doch alles Gold, was glänzt. Zumindest in den Händen der Musiker von German Brass.

Hans Steininger