Blamage in Bremerhaven

ERC Ingolstadt scheitert in den Pre-Play-offs an den Pinguins und steht vor Scherbenhaufen

03.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:33 Uhr
Torwart Jerry Kuhn (Nr.35, Fischtown Pinguins Bremerhaven), John Laliberte (Nr.15, ERC Ingolstadt) und Atte Pentikäinen (Nr.82, Fischtown Pinguins Bremerhaven) −Foto: Johannes Traub

Bremerhaven (DK) Die Pinguins Bremerhaven haben das „Wunder von der Weser“ geschafft: Mit einem 6:5 (2:1, 2:2, 2:2)-Krimi im zweiten Pre-Play-off-Duell gegen den ERC Ingolstadt ziehen sie als erster Neuling überhaupt ins Viertelfinale der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) ein. Für die Panther ist die Saison erneut früh beendet – personelle Konsequenzen sind höchst wahrscheinlich.

Die 4639 Fans hatten die ausverkaufte Bremerhavener Eisarena am Freitagabend mit roten und weißen Luftballons schon vor Spielbeginn in eine Partyzone verwandelt. Und um 22.06 Uhr fiel der Startschuss für die rauschende Viertelfinalfeier: Während die Bremerhavener ihr Eishockey-Märchen gegen München weiterschreiben, zerplatzten die Hoffnungen der Ingolstädter auf ein drittes Pre-Play-off-Duell am Sonntag wie die meisten der Ballons auf der Tribüne. Unglaubliche vier Gegentreffer kassierten die Panther in Unterzahl – eine entsetzliche Quote, aber gleichzeitig das Spiegelbild einer Saison, die schon am 3. März endet. ERC-Trainer Tommy Samuelsson hatte die Youngster Fabio Wagner und Simon Schütz als überzählige Verteidiger aus dem Kader gestrichen, im Angriff vereinte er das einstige Traum-Trio Thomas Greilinger, Brandon Buck und Petr Taticek in einer Reihe. Den ersten Treffer erzielten allerdings die Gäste, indem sie von der bekannten Unterzahlschwäche des ERC profitierten: Als Buck wegen eines Bandenchecks auf der Strafbank saß, fälschte Mike Hoeffel einen Schuss von DEL-Toptorjäger Jack Combs durch Timo Pielmeiers Schoner ins Netz ab (6.). 

Die Panther zeigten sich keineswegs geschockt, trafen in Person von Petr Taticek die Latte (13.) – und schlugen dann ebenfalls im Powerplay zu: Buck brachte den Puck in Richtung Bremerhavener Tor, wo er von John Laliberte noch minimal abgefälscht einschlug (13.). Diese Kombination hätte wenig später beinahe zum zweiten Mal funktioniert, doch diesmal verfehlte Lalibertes Direktabnahme ihr Ziel (19.).
 
Stattdessen schlugen erneut die Pinguins zu – und zwar wieder in nummerischer Überlegenheit: Darryl Boyce brummte wegen eines überflüssigen Stockschlags seine Zwei-Minuten-Strafe ab, als Combs nur Sekunden vor der ersten Pause den Puck zum 2:1 im Ingolstädter Tor versenkte (20.).
 
Weil die Panther auch nach Wiederbeginn zu undiszipliniert agierten – neben einer Bankstrafe wegen zu vielen Spielern auf dem Eis hatte sich Thomas Oppenheimer bereits sein zweites Foul im Angriffsdrittel geleistet – mussten sie plötzlich mehr als eine Minute in doppelter Unterzahl verteidigen. Diesmal hielten sie dem Druck allerdings stand, weil Pielmeier stark gegen Combs rettete (23.). Mehr noch: Mit einem tollen Steilpass schickte der ERC-Goalie kurz darauf den durchgestarteten Elsner auf die Reise, der Pinguins-Torhüter Jerry Kuhn zum 2:2 überwand (25.). Als 100 Sekunden später Taticek mit einem Fernschuss die erstmalige Gästeführung besorgte (26.), schienen das Spiel zugunsten des ERC zu kippen. Doch innerhalb von nur 26 Sekunden lag Ingolstadt wieder mit 3:4 hinten: Jordan Owens und Ross Mauermann (34.) versetzten das Publikum mit ihrem Doppelschlag in Ekstase.
 
Noch einmal gelang Buck in Überzahl der Ausgleich zum 4:4 (41.), doch der hielt nicht einmal eine Minute lang. Combs erzielte das 5:4 – natürlich in Überzahl, Boyce saß wegen Spielverzögerung draußen (42.). Jason Basts 6:4 (47.) konterte Elsner zum 6:5 (48.) - zu mehr reichte es nicht mehr.
 
Nach der zweiten Saison in Folge, die frühzeitig mit dem Aus in den Pre-Play-offs endet, stehen die Panther nun vor tiefen personellen Einschnitten. Ein Verbleib des umstrittenen Sportdirektors Jiri Ehrenberger scheint kaum denkbar, Vertragsauflösungen dürften erneut diskutiert werden, und auch Trainer Samuelsson wird sich unangenehme Fragen gefallen lassen müssen. Der Sommer beim ERC wird turbulent, so viel ist sicher.

 

Bremerhaven: Kuhn – Maschmeyer, Moore; Lampl, Bergman; Tiffels, Pentikäinen; Zucker – Welsh, Bordson, Combs; Owens, Quirk, Hooton; George, Bast, Mauermann; Dejdar, Hoeffel, Körner.
Ingolstadt: Ti. Pielmeier – Friesen, McNeill; Köppchen, Salcido; Kohl, Schopper – Bulmer, Boyce, Jacques; Oppenheimer, Buchwieser, Elsner; Greilinger, Buck, Taticek; Pohl, Irmen, Laliberte; Svensson. - Schiedsrichter: Schukies/Bauer. - Tore: 1:0 Hoeffel (6.), 1:1 Laliberte (13.), 2:1 Combs (20.), 2:2 Elsner (25.), 2:3 Taticek (26.), 3:3 Owens (34.), 4:3 Mauermann (34.), 4:4 Buck (41.), 5:4 Combs (42.), 6:4 Bast (47.), 6:5 Elsner (48.). - Strafminuten: 18/22 + 10 Jacques. - Zuschauer: 4639.

 

Stimmen zum Spiel

 

Tommy Samuelsson: "Wenn man auswärts fünf Tore schießt, muss man gewinnen. Die Cleverness hat gefehlt. Mein Kopf ist leer, wir haben für eine längere Spielphase geplant. Wir müssen das in den nächsten Tagen analysieren und eine neue Richtung vorgeben."

John Laliberte: "Enttäuschung trifft es am besten. Die Saison war sehr unkonstant, wir hatten gute und zu viele schlechte Spiele."

Patrick Köppchen: "Wir haben in Unterzahl die Tore zu einfach hergegeben. Bei Fünf gegen Fünf waren wir die bessere Mannschaft, aber davon können wir uns jetzt auch nichts kaufen. Die Enttäuschung ist schon sehr groß."