Roth
Bissiges Kabarett mit Dreigesang

Die Wellküren und Andreas Rebers teilen sich eine Bühne im Rother Stadtgarten

27.06.2021 | Stand 23.09.2023, 19:25 Uhr

Roth - Mehrfach war der Termin wegen Corona abgesagt worden, doch nun war es soweit.

Rund 200 Besucher erleben eine Bergpredigt, garniert mit Musik-Kabarett der besonderen Art, im luftigen Stadtgarten Roth: Bei herrlichem Sommerwetter präsentieren der Dieter-Hildebrand-Preisträger und Kabarettist Andreas Rebers sowie die drei Schwestern Burgi, Bärbi und Moni der Biermösl-Blosn ein scharfzüngiges kabarettistisches Feuerwerk, in dessen Mittelpunkt nicht nur die Corona-Pandemie stand.

Reverend Rebers ist ein emsiger Arbeiter im Pointenberg des Herrn. Sprachgewaltig und radikal teilt er aus und legt seine Finger in die Wunden unserer Zeit. Beispiel: das jämmerliche Versagen der katholischen Kirche beim sexuellen Missbrauch. "Wir wollen einfach die Kirche im Dorf anzünden, denn die Kirche war beim ersten Lockdown weg", grollt er, "wenn ich den Kardinal Woelki sehe, dann rieche ich Mottenkugeln. "

Beispiel: das Verhältnis Mann und Frau. "So lesen wir es in der heiligen Schrift", erhebt der Bergprediger die Stimme: "Was nützt das Dach über dem Kopf, wenn ein unzufriedenes Weib darunter haust? " Das Scharren des Weibes habe der Welt schon seit Adam und Eva nur Unfrieden gebracht, doziert der hochgewachsene Niedersachse im Tegernseer Janker von der Bühne herab. Diese unerquickliche Geschichte lässt sich in seinen Augen endlos weitererzählen, zum Beispiel mit Frau Hammer, die die ganze Welt retten will. Frau Hammer ist die Nachbarin unseres Reverend, eine geschiedene Sichel (Anspielung auf Sichel und Hammer), eine rabiate Veganerin, mit der unser Reverend ein Seminar über Vertrauen macht. Was er mit ihr erlebte, ist so schreiend komisch erzählt, dass die Zuhörer aus dem Lachen nicht mehr herauskommen. Wie oft Frau Hammer als Baby vom Wickeltisch gefallen ist, kann der Bergprediger leider nicht sagen.

Was das Corona-Virus angeht, hat der Reverend auch eine deutsche Mutation entdeckt. "Nach England schafft die es aber nicht", prophezeit Rebers, "denn die haben Boris und Boris". Und überhaupt sei das Virus ein Brandbeschleuniger, vor allem, wenn die Kassiererin im Supermarkt Schliersee ihn anbrüllt: "Maske auf! "

Am 20. April dieses Jahres sei Laschet "gegen den Willen seines eigenen Volkes" zum Kanzlerkandidaten erklärt worden, Markus Söder und Hubsi Aiwanger machten sich auf den Weg ins Weltall und Alfred Sauter habe dem Markus großzügig einige Masken zur Verfügung gestellt. Ja, und während des Lockdowns hat der Reverend seinen eigenen Kindern die Lego-Bausteine weggenommen, damit er selbst spielen kann. Und der Toni Hofreiter habe ihn als "blöde Sau" beschimpft.

Manchmal wirkt er fanatisch alttestamentarisch, unser Reverend. Er hat Botschaften für alle Freizeitchristen, Teilmuslime und Gelegenheitsjuden, besucht ahnungslos ein Wein-Seminar, wo man aber nicht den edlen Tropfen genießt, sondern weinen muss. "Vergeben sei euch meine Schuld, denn nur ein schlechtes Gewissen ist ein gutes Gewissen! ", lautet die frohe Botschaft des Bergpredigers. Dann liest er aus dem Buch Genesis in der Original-Besetzung mit Phil Collins. Solche Kalauer gehören natürlich auch zum Programm, der seine Zuhörer mit absurden Thesen belustigte - und manchmal auch verschreckt.

Die "Wellküren" bereichern den Gottesdienst des Reverend, um Buße zu tun und um ihrem zänkischen Treiben zu entsagen. Seit 35 Jahren machen die drei Volksmusik-Kabarett. Sie sind immer aktuell, das beweisen sie auch bei ihrem Auftritt im Rother Stadtgarten. Gitarre, Nonnentrompete und Akkordeon gehören zu ihrer musikalischen Grundausstattung, sarkastische Lieder zeigen den Wahnsinn, der uns umgibt. Mit ihrer Schwesternmusik verstärken sie den Bergprediger, der sich mit großer Eindringlichkeit dem Irrsinn unserer Tage entgegenstemmt. Das Ganze wird zu einem volksmusikalischen Hochamt, das sich gewaschen hat.

Rotzfrech ziehen die "Wellküren" vom Leder. Wer mit acht Brüdern aufgewachsen ist, der kann auch einem bekennenden und grollenden Oberhaupt der "schlesischen Religionsgemeinschaft" und "Blockwart Gottes" Paroli bieten. Sei es mit dem Online-Einkaufen in Pandemiezeiten, mit ätzenden Markus-Söder-Satiren, mit "Wald-Baden" ("ist man da nackert? "), Home-Office, gemeinsamen Spaziergängen beim Lockdown und anschließenden Trennungen, mit Hüftoperationen, die in die Hose gehen, mit Greta Thunberg und mit der Ausgangssperre, die zur Erkenntnis führt: "Drum bleim mer alle dahoam". Als Zugabe zeigt Reverend Rebers, dass er ein Virtuose auf der Quetsch´n ist. Er spielt den Sound-Track eines schlesischen Erotikfilms, der da heißt: "Wer unten liegt, der muss kochen. " Auch die Wellküren haben noch ein ganz besonderes Lied im Gepäck, als sie dreistimmig das Lieblingslied ihrer Eltern singen und die Moni befreit seufzt: "Gott sei Dank hommer heit koa Fuaßballspiel! "

HK

Robert Unterburger