Neuburg
"Bis jetzt bin ich sehr zufrieden"

Viktoria Kramer feierte ihren 98. Geburtstag – und ist eine Frau, die es gelernt hat, auf den Beinen zu sein

07.03.2013 | Stand 03.12.2020, 0:25 Uhr

Viktoria Kramer - Foto: lm

Neuburg (lm) Zweimal ist sie dem Tod schon ganz knapp von der Schippe gesprungen. Aber sie gehört noch zu der Generation, der wenig geschenkt wurde, die – so scheint es manchmal – Dinge auch einfach besser wegsteckt.

Auf jeden Fall ziemlich fit hat Viktoria Kramer jetzt im Seniorenheim der Arbeiterwohlfahrt ihren 98. Geburtstag gefeiert.

Und noch täglich sieht man die gertenschlanke Frau mit dem schön geflochtenen, weißen Haar am Rollator gemeinsam mit Tochter Fanny ihre Runde am Schwalbanger drehen. Auf den Beinen sein hat Viktoria Kramer gelernt, daheim, früher, als die älteste von neun Geschwistern, die auf die jüngeren aufpassen musste, später als Bäuerin auf einem 120 Tagwerk großen Hof und mit 60 Stück Vieh im Stall.

Gut, das war noch die Zeit, als so ein Hof seine Dienstboten hatte. Aber langweilig wurde es der Bäuerin gewiss nicht. Zu den eigenen vier Kindern kam noch ein Pflegekind. Die dreijährige Tochter von der Schwester des Vaters war Vollwaise geworden. Gar keine Frage, dass das Kind sofort in der neuen Familie aufgenommen wurde.

Ein schwerer Schlag war es, als das eigene dritte Kind mit vier Jahren halbseitig gelähmt wurde. Das geschah nach einer Schluckimpfung. Ob die auch die Ursache dafür war, wurde nie geklärt. 1976 starb Sohn Hans, nachdem ihn die Mutter zwanzig Jahre lang zu Hause gepflegt und versorgt hatte. Schon drei Jahre zuvor war Viktoria Kramer Witwe geworden.

Und dann waren auf dem Hof in Wiesenbach immer auch Pflegekinder aus Berlin, die über ein Hilfswerk hierher kamen – und das offensichtlich sehr gern. Die einmal geknüpften Kontakte hielten oft ein Leben lang, eins der Pflege-„Kinder“ besuchte Viktoria Kramer von Berlin aus zum Geburtstag bis zum 95. Seitdem geht es der Frau selbst nicht mehr ganz so gut.

Durchaus ein strenge, stets gottesfürchtige, aber auch sehr herzliche Mutter war Viktoria Kramer, die selbst in einen Bauernhof in Echsheim hineingeboren worden war. Ihr Vater hatte lange Jahre in dem Ort auch das Amt des Bürgermeisters inne. 1947 heiratete sie dann in den großen Hof in Wiesenbach ein. Bis ins 93. Lebensjahr hinein führte Viktoria Kramer ihren eigenen Haushalt, jetzt vertraut sie sich doch lieber der Unterstützung eines Heimes an.

Ihre drei Enkel und alsbald auch drei Urenkel sind heute ihre größte Freude. Die Omama kann es schon kaum mehr erwarten, bis im Mai der jüngste Spross auf die Welt kommt. Ein langes Leben – auch ein schönes Leben? „Bis jetzt bin ich sehr zufrieden.“