Ingolstadt
Bis 2030 reichen die Vorräte noch

Gutachten zum Kiesabbau: Bislang wurden rund 6,5 Millionen Kubikmeter in der Region gefördert

30.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:36 Uhr

Südseefeeling im Donaumoos: Durch den Kiesabbau sind in der Region 10 insgesamt rund 1700 Hektar Wasserfläche entstanden. Bei der Sitzung des Planungsverbands waren sich die Mitglieder allerdings einig, dass der Bedarf an Badeweihern weitgehend gedeckt ist. Es sollen keine weiteren "Seenlandschaften" entstehen. - Foto: Rainer Haßfurther

Ingolstadt (PK) 38 Millionen Kubikmeter Kies lagern noch in den Böden und Gewässern der Region. Bis etwa 2030 dürften die Vorräte erschöpft sein. Doch der Bedarf ist nach wie vor groß. Aber die Chancen sind nicht schlecht, dass der Aushub von Stuttgart 21 in der Region zum Verfüllen verwendet werden kann.

Als Johannes Gnädinger von der Fachfirma PSU vor Kurzem die ersten Ergebnisse eines Gutachtens zum Kiesabbau vorstellte, war es still im großen Sitzungssaal des Ingolstädter Rathauses. Aufmerksam verfolgten die Landräte und an die zwei Dutzend Oberbürgermeister und Bürgermeister in der Versammlung des regionalen Planungsverbands die Zahlen und Prognosen, die das Büro seit Frühjahr erhoben hat. Teil der Untersuchung war auch ein Workshop mit Behördenvertreten und 18 Gemeinden, die meisten davon an Donau und Paar und im Donaumoos gelegen.

Danach gibt es in den möglichen Vorranggebieten (vor allem kleine Teilbereiche) noch Kiesreserven. In 15 von 18 Gemeinden wird aktuell noch Kies abgebaut, sechs verfügen noch über Vorräte in Vorrang- und Vorbehaltsflächen. Vier Kommunen haben wegen des örtlichen Bedarfs den Abbau auch außerhalb dieser Gebiete genehmigt. Fünf haben keine Flächen mehr, in zehn wird der Abbau weitergehen.

Nur ein Ort hat den Anteil der Gewerbesteuer aus dem Kiesabbau in einer Erhebung als "merklich" eingestuft, die meisten schätzen ihn als gering oder sehr gering ein. Während in zwei Gemeinden die Interessen der Land- und Forstwirtschaft gefährdet sind, sehen sieben Kommunen einen Anstieg der Erholungssuchenden.

Auch ein Teil der 33 am Kiesabbau beteiligten Firmen hat die Umfrage des Büros PSU beantwortet. Acht von 17 liefern den Kies auch überregional, was laut Gnädinger zeige, dass Kies nach wie vor ein sehr begehrter Rohstoff ist. Ein Dutzend Unternehmen müsse die Abbaulöcher in der Landschaft verfüllen, aber sieben mangelt es nach eigenem Bekunden an geeignetem Material. Ob bei den meisten Firmen das Verfüllen so problemlos verlaufe, wie es dargestellt wird, stieß jedoch auf Zweifel.

Sehr aufschlussreich sind die Zahlen, die PSU erhoben hat. Durch den Kiesabbau sind danach in der gesamten Region 1700 Hektar Wasserfläche entstanden. Gut 6,5 Millionen Kubikmeter des Materials wurden bislang gefördert. Der Bedarf in der Region liege bei etwa 2,2 Millionen Kubikmeter im Jahr, der geschätzte Vorrat bei 38 Millionen Kubikmeter. Die für den Kiesabbau noch verbleibende Fläche errechnet das Büro auf rund 500 Hektar. Bis etwa 2030 kann noch gefördert werden, dann sollen die Vorräte erschöpft sein. Doch auch danach wird es noch Bedarf an Kies geben: zwischen 2030 und 2045 ungefähr 34 Millionen Kubikmeter, so die Schätzung.

Das größte Problem beim Kiesabbau ist die spätere Nutzung der Flächen. Laut Gnädinger herrsche weitgehende Einigkeit, dass "keine weiteren Seenlandschaften" entstehen sollen. Während der Bedarf an Badeweihern weitgehend gedeckt ist, so die Erhebung unter den Gemeinden, sei die Nachfrage in der Landwirtschaft nach Flächen sehr hoch. Nicht besonders ausgeprägt sei dagegen der Bedarf der Fischer und aus ökologischer Sicht. Wie Gnädinger anhand von Fotos zeigte, gebe es in der Region gelungene (wie etwa Weichering) und weniger gelungene Beispiele der Rekultivierung.

"Der Bedarf ist ja da, aber. . ." formulierte anschließend Pfaffenhofens Landrat Martin Wolf (CSU) den am meisten gehörten Einwand beim Kiesabbau. Der Punkt sei, dass in der Region anhaltend viel gebaut werde. "Da ist ein solidarischer Umgang unter den Gemeinden nötig", forderte Wolf, der zugleich voraussagte, dass wohl der spätere Abbau nicht ganz gleichmäßig verteilt sein wird.

Neuburgs Rathauschef Bernhard Gmehling (CSU) warf die Frage nach dem Erdaushub von Stuttgart 21 als Material zum Verfüllen auf. Im Bereich des Flugplatzes Neuburg ist dieses Thema besonders drängend, da sich auf den Seen und Weihern Wasservögel ansiedeln, die eine Gefahr für den Flugbetrieb darstellen.

Laut Johannes Gnädinger sei das Fachbüro selbst auf den Erdaushub für den geplanten Bahnhof Stuttgart 21 aufmerksam geworden. Er schätzte die Menge auf ein bis zwei Millionen Kubikmeter. Die Bahn würde das Material gratis auf der Schiene liefern, den Transport vor Ort sollten jedoch die Kiesfirmen übernehmen. Die wiederum wollen Gnädinger zufolge aber die Kosten nicht ganz tragen. Derzeit liefen Gespräche, ob die Bahn sich auch daran beteiligt. Auch müsse geklärt werden, ob der Aushub überhaupt verfüllt werden kann. Hier sei das Wasserwirtschaftsamt beteiligt. Das Problem ist, dass man klären müsse, ob baden-württembergische und bayerische Vorgaben hier in Einklang zu bringen sind. Doch die Chancen stehen offenbar nicht schlecht, wie Gnädinger erklärte: "Es schaut gut aus."

Neuburg-Schrobenhausens Landrat Roland Weigert (FW) konnte und wollte sich abschließend einen Seitenhieb auf die Kiesfirmen und deren Verband nicht verkneifen. "Der Verband kriegt es nicht auf die Reihe", beklagte er. Auch die Firmen rief er auf, sich stärker zu beteiligen. Den Bürgermeistern riet er, bei allen Entscheidungen die künftige Siedlungs- und Verkehrsentwicklung zu beachten: "Wir dürfen uns nichts verbauen!"

Mit etlichen Worten des Dankes beendete der Landrat damit seinen zweijährigen Vorsitz in der Versammlung des regionalen Planungsverbands. Seit dessen Gründung wird nämlich im Zweijahrestakt ein rollierendes Verfahren angewendet. Bis 2018 ist Ingolstadts OB Christian Lösel (CSU) der Vorsitzende, während Anton Knapp (CSU), der Landrat von Eichstätt, als erster Stellvertreter und der Neuburger OB Gmehling als zweiter fungiert. Beim Thema Kiesabbau wird Weigert jedoch weiter federführend sein, da dies im Gegensatz zu Neuburg-Schrobenhausen in Ingolstadt kein Thema ist.