Biotop für Freiräume

08.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:07 Uhr

Zum Bericht "Ingolstadt wird immer ärmer" (DK vom 29. März):

Seit bald zehn Jahren habe ich mir im ehemaligen Körnermagazin, das abgerissen werden soll, als Künstlerin eine Heimat geschaffen. Ich habe mit diesen Räumen meine Liebe gefunden, und mir blutet das Herz bei dem Gedanken, es machtlos den Planierraupen preisgeben zu müssen.

Das Treiben in diesem heruntergekommenen Gebäude ließ es viele Besucher mit dem natürlich viel größeren Kunstpark Ost in München vergleichen mit seinem bunten Nebeneinander an Künstlerateliers, Gewerbetreibenden, Flohmärkten, Proberäumen, Nachtleben und mehr.

Eva Buchner (†), Charly Gruber, Ortwin Klipp, Stefan Zinn, Ritchie Herbert, Marija Lazarevic, das Künstlerkollektiv xhoch4 und zuletzt der Biennalekünstler René Chacón hatten eine Zeit lang hier ihre Ateliers aufgeschlagen, die zu Kunstblicke-Zeiten gut besucht waren; Bands, unter ihnen auch Slut, waren hier zu Hause und anderweitig Kreative.

Seit vier Jahren leiste ich mir den kaum beheizbaren Experimentierraum "Tropischer Garten", um an einem realen Ort meine Gedanken über die soziokulturelle Projektidee "City Globe 24/7" weiterzuspinnen. Natürlich gehen darin Winter für Winter meine empfindlichen Pflanzen ein, aber ich kann es nicht lassen.

Für mich ist dieses Gebäude ein Biotop für menschliche Freiräume mitten in der Stadt. Darin könnte so viel Spannendes, Neues, Vergessenes wachsen, wenn man es mit vereinten Kräften hegen und pflegen würde. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt, und so hoffe ich einfach weiterhin, dass dieses Gebäude – und mit ihm meine künstlerische Heimat – erhalten bleibt. Sehr gerne würde ich mitwirken, hierfür ein tragfähiges Konzept auszuarbeiten.

Beatrix ChaBé Müller

Ingolstadt