Ingolstadt
Bio, Fair Trade, Tiefkühltruhe

Die Stadt schreibt die Mittagsverpflegung in Schulen und Kindertagesstätten aus – Einstimmiger Beschluss

12.02.2015 | Stand 02.12.2020, 21:39 Uhr

Ingolstadt (DK) Die Stadt wird die Mittagsverpflegung für Kindergärten und Schulen ausschreiben. Die Entscheidung der Stadträte aus Schul- und Sozialausschuss fiel gestern einstimmig. Vorangegangen war eine mehr als einstündige Diskussion – am Ende zeigten sich alle mit dem Ausschreibungstext zufrieden.

Für drei Jahre werden nun an städtischen Kindertagesstätten und Schulen Anbieter gesucht, die ab September warme Mahlzeiten liefern. Es geht um mehr als 400 000 Essen pro Jahr. Jeweils vier bis fünf Einrichtungen werden zu zehn Sprengeln zusammengefasst, für die europaweit Essenslieferanten gesucht werden. Sie sollen entweder „Cook & Freeze“ (gekocht, tiefgekühlt und aufgewärmt), „Cook & Chill“ (abgekühlt und wieder aufgewärmt) oder frisch gekochte Mahlzeiten liefern, alles ergänzt durch rohes Gemüse, Obst und Salate. Ähnlich wie bisher auch.

Auch bisherige Partner der Stadt wie die Bürgerhilfe, die Canisius-Stiftung oder die Cantina International können sich dafür bewerben. Ausgesucht werden die Lieferanten auch von den Einrichtungen – unter Berücksichtigung etlicher Kriterien. Zu 60 Prozent soll die Qualität ausschlaggebend sein, zu 40 Prozent der Preis. 50 Prozent des gelieferten Essens sollen aus biologischer Herstellung stammen, ein weiteres Kriterium ist die Herkunft aus fairem Handel. Gestrichen wurde dagegen der Passus „aus artgerechter Haltung“.

„Wir erwarten ein Angebot in frischer Qualität, abwechslungsreiche, frische und gesunde Kost“, sagte Schulreferent Gabriel Engert gestern in der Sitzung. Die Anlieferung des Essens sei auch nur ein Aspekt der Ausschreibung. Eine Arbeitsgruppe aus Schul- und Umweltreferat soll ein Konzept erarbeiten, das festlegt, welche Getränke es gibt, wie die Mahlzeiten um Rohkost ergänzt werden können und wie sie den Kindern überbracht werden sollen. Außerdem sieht die Ausschreibung die regelmäßige Schulung der städtischen Mitarbeiter, die den Kindern die Speisen überreichen, in Hygiene, Speiseplangestaltung und krippengerechter Ernährung vor.

Finanzbürgermeister Albert Wittmann (CSU) nutzte die Sitzung für eine politische Breitseite: Die SPD hatte Ende Januar zum Start ihrer Kampagne „IN isst gut“ an alle Einrichtungen Infoblätter geschickt, in denen sie vor den Folgen warnte, wenn europaweit „Cook & Freeze“ ausgeschrieben würde: Es gäbe dann „minderwertiges, eintöniges und vorgefertigtes Essen, Abhängigkeit von einzelnen Anbietern bei Qualität und Preis. Unsere Kinder würden zu reinen Konsumenten gemacht.“ Wittmann sagte: „Das ist harter Tobak, ein Frontalangriff auf die Verwaltung.“ Er sagte, er habe sich auch gewundert, dass sich Karoline Schwärzli-Bühler, Leiterin der Cantina International, an der Aktion beteiligt habe. Denn unlängst sei ja zu lesen gewesen, dass es in ihrer Einrichtung Probleme gebe, weil die Kapazitätsgrenze deutlich überschritten worden sei. „Wenn sich so jemand ablichten lässt mit der Aussage ,minderwertiges Essen’, muss man nichts mehr sagen“, erklärte Wittmann.

SPD-Fraktionsvorsitzender Achim Werner sagte, über den Begriff wolle er nicht mehr reden. Stattdessen lobte er die Verwaltung: „Sie tun ihr Bestes.“ Im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf habe sich einiges getan. Er bitte nur darum, die Laufzeit von drei Jahren noch einmal zu überdenken. Das sei zu lang.

Das sei kaum möglich, erklärte Gabriel Engert. Die Anbieter müssten schließlich die Technik bereitstellen, diese Kosten müssten sich erst einmal amortisieren. Außerdem sei eine Ausschreibung äußerst kosten- und zeitaufwendig.

Gerd Werding (FW) forderte, „artgerecht“ zumindest als Kann-Bestimmung im Text zu lassen. „Wenn ich schaue, wo Hähnchen oder Pute herkommen...“ Umweltreferent Rupert Ebner entgegnete, als Experte auf dem Gebiet wisse er eines: „Wir finden keinen Common Sense zu artgerechter Tierhaltung.“ Deswegen sei der Passus zum Bio-Anteil viel besser, um das zu gewährleisten. „Das ist die ideale Lösung.“

Georg Niedermeier (Bürgergemeinschaft) gab zu bedenken, man müsse auch an die Eltern denken: „Als Vater dreier Kinder weiß ich, wie sehr das auf den Geldbeutel gehen kann.“ Simone Vosswinkel (ÖDP) stimmte darin mit ein. Man rede nur über Bio, Regionalität und Fair Trade. „Bitte fangt doch endlich mal an, an die normalen Menschen zu denken. Was in der Ausschreibung fehlt, ist der Preis.“ Es lebten nicht nur Audi-Mitarbeiter in der Stadt. Dem widersprach Engert: „Der Preis ist doch zu 40 Prozent gewichtet.“ Und was für einen Anbieter es am Ende in der jeweiligen Einrichtung gebe, darüber werde ja auch dort entschieden.

Durch die ganze Diskussion – unter anderem auch die SPD-Kampagne – sei ein öffentliches Bewusstsein für Ernährung geschaffen worden, sagte Barbara Leininger (Grüne). Und sie spüre auch ein überparteiliches Interesse daran, „dass das Essen in den Kindergärten und Schulen einen Sprung macht“. „Wir hoffen aber, dass das auch auf die Elternhäuser eine Wirkung hat.“