Pfaffenhofen
Billiger wird's nimmer

Wie das Amtsgericht einen Raser vor sich selber schützte seinen Führerschein ist er trotzdem für zwei Monate los

16.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:29 Uhr

Pfaffenhofen (ahh) 1800 Euro Geldstrafe und zwei Monate Fahrverbot - gegen diesen vergleichsweise milden Strafbefehl des Pfaffenhofener Amtsgerichts legte Karl S. (61) Einspruch ein. Und das, obwohl er durch Raserei auf der A 9 zwei Fahrzeuge rammte und sich dabei sein Auto überschlug.

Ist er jetzt keck-dreist? Will er pokern? Oder denkt er einfach nur etwas schlicht? Staatsanwalt Ingo Desing und Richterin Katharina Meyer geben sich relativ fassungslos. "Was wollen Sie denn mit Ihrem Einspruch erreichen", will Meyer wissen. Der Straftatbestand stehe ja fest, und über den würde auch nicht verhandelt. Natürlich, sagt der Delinquent, "das tut mir auch sehr leid, das war dumm und wird nicht mehr passieren".

Passiert war am 15. September mittags auf der Autobahn A 9 Richtung Berlin bei Wolnzach dies: Karl S. fuhr auf dem linken Fahrstreifen dicht auf seinen Vordermann auf, hupte und blinkte. Der konnte aber nicht nach rechts auf die Mittelspur ziehen, weil dort ebenfalls Autos fuhren. Also zog der 61-Jährige auf die Mittelspur, überholte rechts und wollte sich vor das Fahrzeug setzen, das jetzt vor seinem Vordermann fuhr. Zu knapp: Karl S. rammte das Fahrzeug, knallte links gegen die Leitplanke, eine niedrige Stahlschutzwand, überschlug sich und prallte gegen ein Auto auf der Gegenfahrbahn. Glück im Unglück: Das Ehepaar in diesem Fahrzeug erlitt nur Prellungen und Schürfwunden. Auch der Schaden an den beiden Autos blieb mit zusammen 7000 Euro überschaubar.

Was er gemacht habe, redet Katharina Meyer ihm ins Gewissen, das hätte sehr viel schlimmere Folgen haben können. Aber was will er jetzt, der Karl S.? "Ich bin im Außendienst und brauche meinen Führerschein." Die Richterin fragt verdutzt nach: Er sei doch von Dezember bis jetzt arbeitsunfähig geschrieben worden, warum er denn in dieser Zeit nicht den Führerschein abgegeben habe? Ja, blöd, da habe er gar nicht dran gedacht, "ich war ein wenig doof". Aber wohl nicht nur in diesem Punkt. Üblicherweise, klärte ihn der Staatsanwalt auf, werden solche rücksichtslosen Delikte nicht bloß mit Fahrverbot belegt, sondern mit dem Entzug der Fahrerlaubnis. "Dann können Sie den Führerschein neu machen", präzisiert die Richterin. "Wenn neu verhandelt wird, wird's mit ziemlicher Sicherheit für Sie schlechter ausgehen." Und wenn jetzt über seinen Einspruch entschieden werde, dann gelte das Fahrverbot ab sofort. Auch, wenn er den Einspruch zurückziehe. Wie er denn hergekommen sei? "Mit dem Auto", sagt der Außendienstler aus dem Raum Rosenheim. Pech, das könne er dann hier stehen lassen.

Karl S. grübelt. Der Staatsanwalt baut ihm eine Brücke: Wenn er nur gegen die Geldstrafe Einspruch einlege, dann bliebe der Führerscheinentzug unberührt. Aber möglicherweise werde die Geldstrafe dann höher ausfallen.

Hmm. Okay. Verspekuliert. Karl S. willigt ein. Er erhebt sich: "Ich sag' jetzt nicht Auf Wiedersehen, sondern Tschüss!"