Eichstätt
Bieneninfos gingen in die Welt

In Eichstätt wurde im 19. Jahrhundert eine Zeitung für die Zeidler verlegt – Europaweit verteilt

12.04.2013 | Stand 03.12.2020, 0:16 Uhr

Die Klosterimkerin von Sankt Walburg, Schwester Pacifica im Jahr 1984. Im 19. Jahrhundert gab es eine eigene Bienenzeitung. Foto/Repro: je

Eichstätt (EK) Beim Stichwort „Bienen“ fallen vielen Zeitgenossen empfindliche Stiche, aber auch Honig und Wachs ein. Von unschätzbarem Wert jedoch ist die Bestäubungstätigkeit der Insekten an den Obst- und Beerenblüten. Ohne sie fiele die Ernte an Äpfeln, Birnen oder Zwetschgen mager aus.

Momentan erleben die Imkervereine im Landkreis eine Blüte. Der Imker-Kreisverband Eichstätt (früher Bezirksbienenzucht- und Obstbauverein) errichtete am Ortsrand von Rebdorf in ansprechender Holzbauweise ein „Schulhaus“ mit Lehrbienenstand. Darin werden für Bienenhalter und Leute, die es werden wollen, Kurse angeboten. Die Praxisfächer können an Bienenstöcken in unmittelbarer Nähe absolviert werden. Die Einweihung ist für Sonntag, 28. Juli, vorgesehen.

ANNO DAZUMAL

Vorsitzender der Imker der Stadt Eichstätt und Umgebung sowie Kreisvorsitzender ist Josef Hagemann aus Obereichstätt. Örtliche Vereine bestehen in Beilngries, Mendorf, Kinding, Kaldorf, Nassenfels, Wellheim, Pollenfeld, Denkendorf und eben Eichstätt und Umgebung. In mittelalterlicher Zeit traten die Imker im Hochstift Eichstätt als eigene Gilde auf; seinerzeit wurden sogar Bienenlehen vergeben. Die Imker hatten große Bedeutung als Wachs- und Honiglieferanten.

Höchst interessiert sind die Imker an der Geschichte ihres Vereins. „Nach der mündlichen Überlieferung entstand der Zeidlerverein vor 1845“, sagt Josef Hagemann. In jenem Jahr passierte tatsächlich etwas Erstaunliches: In Eichstätt erschien die erste Nummer der „Bienen-Zeitung“. Sie wurde von dem königlichen Bezirksarzt Karl Barth, dem eine Schilderung von Land und Leuten in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu verdanken ist, zusammen mit dem Lehrer am Schullehrer-Seminar, Andreas Schmid, herausgegeben.

Im zweimal wöchentlich erscheinenden „Intelligenzblatt“ hieß es dazu am 14. Januar 1845: „Der Hochgestellte und Hochgebildete, der Reiche wie der Arme kann sich mit Bienenzucht befassen… Kein anderer Zweig der Landwirtschaft dürfte größeres Vergnügen und mehr Nutzen gewähren.“ Wegen ihrer fundierten Beiträge fand die Zeitung, gedruckt bei Karl Brönner in Eichstätt, Verbreitung in mehreren Ländern Europas.

Gründer des heutigen Bienenzuchtvereins war 1894 Amtssekretär Georg Rohrer. Der Verein besaß in der Ostenstraße einen großen Garten, der während der nationalsozialistischen Diktatur einfach weggenommen wurde. Wirtschaftliche und politische Turbulenzen schadeten dem Verband: Die Zahl der Mitglieder sank von 364 im Jahr 1918 auf 75 im Jahr 1933. Fünf Jahre später wurden die Imker in den NS-Reichsnährstand eingegliedert, ihr Vermögen auf den Landesverband übertragen. Im Januar 1945 wurde den Imkern eine „Sofortabgabe von Bienenwachs“ befohlen. 1948 bekam der Verein einen neuen Namen: „Ortsfachgruppe Imker Eichstätt“. 1957 waren die meisten Imker in Enkering ansässig; sie betreuten 228 Bienenstöcke. Es folgten die Imker von Buchenhüll, Oberemmendorf, Oberzell und Schönfeld. Interessant ist ein Blick auf die Bienenzüchter noch früherer Zeit. Im Jahr 1794 veröffentlichte das „Intelligenzblatt“ folgenden Rat: „Nach einem Bienenstich soll man sofort eine Fliege fangen und diese auf die Stichstelle drücken; da unterbleibt das Anschwellen.“ Verschiedene Forstämter versteigerten im Jahr 1811, und in anderen Jahren, das Recht wilde Bienenschwärme im Wald einfangen zu dürfen. Als Vorläufer der Volksfeste wurden ab 1812 die landwirtschaftlichen Bezirksfeste gefeiert. Für erfolgreiche Bauern und auch für Bienenzüchter wurden Denkmünzen und Preise vergeben. 1816 ging ein „Goldener Preis“ an den Bienenhalter Johann Russer, Halbbauer von Heiligenkreuz bei Seuversholz.

Die Viehzählung im Bezirk (Landkreis) Eichstätt 1892 ergab neben 18 986 Rindern und 12 243 Sauen auch 1380 Bienenstöcke. In der Stadt Eichstätt bestanden 1907 134 Bienenvölker. 1939 wurden kreisweit 3087 Bienenvölker gezählt, 1950 waren es 3433.

Laut Heimatzeitung von 1896 richtete man bei Kaufmann Gauckler am Domplatz eine vereinseigene Honig-Verkaufsstelle ein. Einen Kurs „Obstbaumpflege“ leitete der Pfünzer Gutsbesitzer, Limes- und Römerforscher Friedrich Winkelmann. Das Arbeitshaus Rebdorf half den Imkern durch Abstellen von Arbeitskräften bei der Anlage von Obstgärten am Neuen Weg. Förderer der Imkerei waren der Bezirksamtmann (Landrat) Heinrich Müller (1898 bis 1912), Bürgermeister Eduard Mager (1897 bis 1918) und Domkapitular Prinz Philipp von Arenberg. Bei der Baumpflege war Gärtnermeister Xaver Magdalener ein unentbehrlicher Ratgeber.

Ein umtriebiger Kreisvorsitzender war Andreas Reinbold aus Konstein. Er errichtet 1994 in Eichstätt nahe des THW-Geländes an der Altmühl einen Lehrbienenstand. Heute gehört die Wanderimkerei Hollinger in Nassenfels zu den großen Bienenhaltern. Deren „Immen“ sammeln Nektar auch am Hohen Peißenberg, wohin sie im Frühjahr gebracht werden. Traditionell stehen in den Klostergärten Bienenhäuser und Bienenkörbe. Unvergessen ist die leidenschaftliche Klosterimkerin von Sankt Walburg, die am 3. Mai 2010 verstorbene Schwester Pacifica. Dass mit Schwester Dominica bereits wieder eine Nonne im Lehrsaal saß, freut Hagemann ganz besonders.