"Bibliotheken haben sich als Wohlfühlorte etabliert"

23.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:09 Uhr

Die Stadtbücherei Hilden in Nordrhein-Westfalen ist Bibliothek des Jahres 2016. Leiterin Claudia Büchel bezieht die Kunden stark ein.

Frau Büchel, der Bibliotheksverband hat die Stadtbücherei Hilden zur Bibliothek des Jahres 2016 gekürt. Wie haben Sie diesen Titel errungen?

Claudia Büchel: Ich denke, es hängt mit unserer überzeugenden Arbeit zusammen. Grundsätzlich tun wir dieselben Dinge wie andere, aber wir versuchen, sie ein wenig anders zu machen. In der Summe war es das Überzeugende.

 

Nennen Sie bitte ein Beispiel.

Büchel: Wir versuchen, die Kundeninteressen sehr stark zu berücksichtigen und die Kunden miteinzubeziehen. Das heißt, wir befragen Kunden, wenn wir etwas Neues einführen wollen, wir haben Feedback-Zettel, und die Kunden können Wünsche äußern, was den Bestandsaufbau betrifft. Der Kunde steht bei uns tatsächlich im Mittelpunkt.

 

Wie viele Menschen leben in Hilden, wie viele besitzen einen Büchereiausweis?

Büchel: Es sind ungefähr 56 000 Einwohner hier in Hilden, einen Bibliotheksausweis haben ungefähr 6000. Wir sind immer bemüht, das zu erhöhen.


Seit 2008 gibt es eine Stelle für interkulturelle Bibliotheksarbeit. Was ist die Aufgabe?

Büchel: Zunächst geht es da um Vernetzung, weil wir festgestellt haben, dass im interkulturellen Bereich ganz viel über Mund-zu-Mund-Propaganda läuft. Die Kollegin hat zusammen mit unseren Kooperationspartnern auch sehr viele Angebote hier im Haus aufgebaut. Wir haben im vergangenen Jahr beispielsweise einen Bereich für Leichte Sprache eingeführt mit Literatur, die sowohl für Flüchtlinge als auch für Menschen mit Beeinträchtigungen relevant ist.

 

Zu den Veranstaltungen der Bücherei zählen Gaming-Aktivitäten. Gelingt es so, Leute anzulocken, die keine Lust verspüren, ein Buch zu lesen?

Büchel: Eine Bibliothek ist grundsätzlich ein Ort, der die ganzen Strömungen, die gerade relevant sind, aufgreifen sollte. Dazu gehört auch Gaming. Dadurch besuchen uns tatsächlich auch Leute, die sonst nicht kommen.

 

Bei der Bildung darf nicht gespart werden, versprechen Politiker immer. Dann setzen sie doch den Rotstift an. Müssen Sie auch um Mittel kämpfen?

Büchel: Die Finanzsituation der Stadt Hilfen hat sich in den letzten Jahren verschlechtert. Wir haben in diesem Jahr Einsparungen in Höhe von etwa fünf Prozent, im nächsten Jahr werden weitere Kürzungen vorgenommen. Deshalb werden im kommenden Jahr noch einmal unsere Entgelte erhöht. Das hat die Verwaltungsspitze gerade entschieden.

 

Stellen Sie sich vor, Sie schreiben einen Zukunftsroman. Wie sieht es in der Stadtbücherei Hilden im Jahr 2050 aus?

Büchel: Ich glaube, dass es Bibliotheken in einer bestimmten Form noch geben wird, aber nicht mehr als Haus mit den vielen Büchern drin. Bibliotheken haben sich als Wohlfühlorte neben dem eigenen Zuhause etabliert. Sie sind Treffpunkt, und ich denke, das wird 2050 auch so sein.

 

Zum Schluss eine Bitte: Empfehlen Sie uns ein Buch!

Büchel: Ich bin schon ganz gespannt auf "Im Wald", das neue Buch von Nele Neuhaus.

 

Das Gespräch führte Suzanne Schattenhofer.

Foto: Stadt Hilden