Bewährungsstrafe für "Kamel, das Gras wegfrisst"

05.02.2008 | Stand 03.12.2020, 6:09 Uhr

Hilpoltstein (cyb) Keine netten Worte fand eine 58-Jährige für eine Polizeibeamtin, die sie im April vergangenen Jahres während des Nachtdienstes bei der Polizeiinspektion Hilpoltstein angerufen hat. Deshalb muss sie sich am Montag vor dem Amtsgericht Schwabach verantworten und wird wegen Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung und zu einer Geldstrafe verurteilt.

"Ich hab mir an der Tankstelle mein Fläschchen geholt und dann angerufen", erzählt die Gredingerin. Nein, sie hat nicht gleich angerufen, sie hat den Weißwein erst wirken lassen. Die Frau ist durch beleidigende Anrufe der Polizei schon hinlänglich bekannt, deshalb hat die diensthabende Beamtin "gleich die Kladde in die Hand genommen, weil ich wusste, was kommt". Sie wurde nicht enttäuscht: "Abkömmling einer Nazi-Schlampe" und "Dummkuh" notierte sie, bis ihr nach einer eingehenden Diskussion von "politisch wirrem Zeug" der Geduldsfaden riss und sie aufgelegt hat.

Bei der Befragung der Angeklagten hat es Richterin Birgit Eckenberger schwer. Dass sie "stolz ist, nicht mit einem Deutschen, sondern mit einem Amerikaner ein Kind zu haben", erfahren die Zuhörer, mit wem sie alles "eine persönliche Feindschaft" pflegt und dass sie "das Kamel ist, das immer das Gras wegfrisst, das die alten Nazis über die Judenverfolgung wachsen lassen wollen".

Auch dass sie sich einmal bei dem derzeit suspendierten Gredinger Bürgermeister beschweren wollte, dieser sie aber vor die Tür gesetzt hat, erzählt die Dame. Dann schnellt ihr Finger triumphierend nach oben, als sie auf die Verfehlungen des Bürgermeisters im Amt zu sprechen kommt: "Er hat seine Schuld am Todestag meiner Mutter eingestanden."

Staatsanwalt Dirk Kubina möchte sich offenbar langatmige und wenig aufschlussreiche Erläuterungen ersparen: Er schüttelt vehement den Kopf, als ihn die Richterin zu Fragen anspornen will. Jürgen Knoll, Gutachter der Landgerichtsärztlichen Dienststelle, bescheinigt der 58-Jährigen "eine Persönlichkeitsstörung, die zusammen mit Alkohol ihre Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt". Eine stationäre Behandlung fordert er nicht, da das Verhalten "wohl Teil ihrer Persönlichkeit ist". Trotzdem wäre eine Therapie nach seiner Einschätzung hilfreich.

"Was spricht zu Ihren Gunsten" fragt der Staatsanwalt und beantwortet seine Frage gleich mit einem deutlichen "Nichts!". Laut Kubina ist "kein Silberstreif am Horizont zu sehen" und er hält eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung für dringend erforderlich.

Eckenberger gibt der Gredingerin doch noch eine Chance: Zwar verurteilt sie die Angeklagte zu eine Freiheitsstrafe von zwei Monaten, allerdings setzt sie die Strafe drei Jahre zur Bewährung aus. Eine Geldstrafe von 500 Euro soll die Frau außerdem besänftigen. Dem Wunsch der Richterin, die Angeklagte nicht mehr vor Gericht sehen zu müssen, quittiert diese mit einem knappen "Da können Sie Gift drauf nehmen".