Hilpoltstein
Best-of-Cocktail im Minutentakt

Es geht also noch: Gereifte Beach Boys zaubern das besondere California-Feeling auf die Abenberger Burg

01.07.2019 | Stand 02.12.2020, 13:37 Uhr
So richtig "Boy" ist Mike Love nicht mehr, was aber nicht heißt, dass er und seine Männer kein begeisterndes Konzert hinlegen. −Foto: Hertlein

Abenberg (mht) "Fun, Fun Fun", nichts als Spaß - mit diesem Ohrwurm und Klassiker haben die Beach Boys am Sonntagabend ihr fränkisches Gastspiel im Rahmen der aktuellen Tour "Now and Then - One Night All Hits" beeendet. Die California-Surf-Band wird mit Riesenapplaus in die Abenberger Dunkelheit entlassen.

Zwei Tage Feuertanz-Fest mit Mittelalter-Spektakel zuvor, das Sahnehäubchen liefern nun am Sonntag auf der Burg Mike Love (einzig verbliebenes Ur-Mitglied) und Co. ab. Die Sonnyboys aus Kalifornien sind auf einer ausgedehnten USA-, Kanada- und Europa-Tour unterwegs. Zuletzt London (Royal Albert Hall), Paris (L'Olympia), am Samstag Frankfurt (Jahrhunderthalle) und jetzt - etwas kleiner - Abenberg (Burg).

Das Wetter mit weit über 30 Grad spielt der Band Beach Boys in die Karten. Wenngleich man auf eine Supersurfwelle natürlich vergeblich wartet. Aber die Gemeinde hat immerhin einen Lösch-Badeweiher zu bieten.

Auf der Bühne lungern zwei Surfbretter eher lustlos an beiden Bühnenseiten herum, die sechs Deko-Pflanzen auf der Bühne finden keine Beachtung, im Gegensatz zu einer riesigen LED-Wand. Dort werden permanent Band-Geschichte, Anekdoten und jede Menge California-Feeling von einst transportiert. Strand, Autoschlitten, Girls, das zählt.

Mike Love erinnert oft an seinen verstorbenen Cousin Carl Wilson, kehrt in sich, wenn es um den verstorbenen Beatle George Harrison und den gemeinsamen Indien-Meditations-Trip zu Maharisha Mahesh Yogi geht. Harrison widmet er das Beatles-Stück "Here Comes The Sun". Davon ist auf und rund um die Burg reichlich vorhanden: "Wir machen eine Pause und kommen beim Sonnenuntergang zurück", scherzt Love. Zwischendrin flirtet er mit Finger- und Augensprache mit den zumeist auch in die Jahre gekommenen Fans oder er legt auf der Bühne ein kleines Tänzchen hin. Alles cool und gleichzeitig entspannt.

Mike Love holt sich im Verlauf des Abends Sohn Christian auf die Bühne, er spielt Gitarre und unterstüzt Vater Mike sowie Bruce Johnston mit seinem Gesang. Johnston kam 1965 zu den Beach Boys, als Tour-Ersatz für Brian Wilson, der sich lieber im Studio aufhält. Apropos Johnston. Er wurde als Komponist mit einem Grammy ausgezeichnet, was Mike Love entsprechend würdigt.

Haben die Beach Boys früher optisch attraktive Go-Go-Girls zu ihren Surf-Welthits auf der Bühne antanzen lassen, so übernimmt heute die fünfjährige Charlotte diesen Part galant, unaufgeregt und mit Hingabe. Papa Scott Totten spielt daneben Gitarre und fungiert als Beach-Boys-Musikdirektor.

Das musikalische Spektrum gleicht einem Best-of-Cocktail im Minutentakt und es fehlt an nichts: Es geht los mit "Do it again", es folgen "California Sun", "Cotton Fields" von Lead Belly und zum Abschluss des ersten Teils "I Get Around". Das Publikum groovt sich langsam in den Abend.

Mehr Power und Pep gibt es nach der Pause. Auf der Bühne und beim Publikum. Mit "California Dreamin'" von den Mamas & Papas startet eine stimmungsvolle Entertainment-Welle. "Sloopy John B", "Disney Girls", das unverwüstliche, zeitlose "Kokomo", "Wouldn't It Be Nice", "Help Me Rhonda", "Barbara Ann" und "Rockaway Beach". Happy End dann gegen 22 Uhr für Mike Love (78), Bruce Bruce Johnston und Co.

Neben den Beatles und Rollings Stones sind die Beach Boys in den 60er-Jahren eine der richtungsweisenden Gruppe gewesen und verbreiten auch nach 50 Jahren immer noch das Surf-Easy-Living-Gefühl. Übersetzt, dokumentiert im Welthit "Good Vibrations". Wie jetzt in Abenberg zu hören und zu spüren. Klar, dass die Stimmen von Love und Johnston nicht mehr wie einst klingen. Das tut aber nicht den geringsten Abbruch. Die Strandjungen, oder was davon übrig ist, zaubern das besondere Lebensgefühl Californiens auf die Burg. Ein wahres Legenden-Erlebnis.