Ingolstadt
Besessen

Beim Audi.torium erzählte der Exorzismus-Experte Marcus Wegner vom Boom der Teufelsaustreibungen in Deutschland

20.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:28 Uhr

Faszinierend und gleichzeitig erschreckend war das, was der Journalist Marcus Wegener gestern in der Reihe Audi.torium über Teufelsaustreibungen erzählte. - Foto: Schmatloch

Ingolstadt (DK) Der Teufel geht mit der Zeit. Im Gegensatz zum finsteren Mittelalter sind deswegen nicht mehr nur Menschen oder Tiere von ihm besessen, sondern sogar Autos, wie der Journalist Marcus Wegner am Dienstagabend bei der Veranstaltung "Auf Teufel komm raus" in der Reihe Audi.torium zu erzählen wusste.

Das A51 an der Audi-Piazza platzte aus allen Nähten, als Teufels-Experte Wegner überaus eloquent von seinen Erfahrungen mit dem alltäglichen Exorzismus berichtete. Über 100 solcher Exorzismen hat er schon miterlebt. Und was er seinem faszinierten Publikum gestern Abend präsentierte, ließ manchem Zuhörer buchstäblich die Haare zu Berge stehen.

Dass in der Tat ein Priester aus dem Schwäbischen seinen Renault exorziert hat, weil er ihn vom Teufel besessen glaubte, war dabei nur ein amüsanter Ausflug ins Reich absurder Phänomene und sicher nicht der Grund, warum ausgerechnet Audi sich dem Thema Exorzismus gewidmet hat. Auch wenn man durchaus glauben könnte, dass der Teufel seine Hände im Spiel hatte bei der aktuellen Diesel-Affäre, so dürfte es doch in diesem Fall mit einer geschmeidigen Teufelsaustreibung nicht getan sein.

Erschreckend ist nicht nur, wie Wegner berichtete, dass es alleine in Deutschland Tag für Tag zu mindestens einer katholischen Teufelsaustreibung und drei bis fünf bei Wunderheilern und in den evangelischen Freikirchen kommt, sondern zudem die Brutalität derartiger Exorzimen, die in Bayern weit häufiger sind als im Rest der Republik.

"Alleine in Ingolstadt könnte ich vier bis fünf Namen von Exorzisten nennen", sagte er dem Publikum. "Hätte ich etwas Gescheites gelernt, dann bräuchte ich mich nicht mit dem Teufel beschäftigen", meinte der Fernsehjournalist und Buchautor, der in Absprache mit Audi bewusst darauf verzichtet hat, mit Videoeinspielungen seine Ausführungen zu untermauern. "Das würde vielen Angst machen", so Wegner, "denn die Realität der Teufelsaustreibungen ist weitaus brutaler als im Kino." In Deutschland erlebt seinen Erfahrungen nach der Exorzismus derzeit einen wahren Boom. Kein Wunder, wenn man der Forsa-Umfrage glaubt, der zufolge jeder vierte Deutsche an die Existenz des Teufels glaubt.

Und so erzählte Wegner von vielen Exorzismen, die er als Journalist miterlebt hat, von einer Frau, die 69 Austreibungen über sich ergehen ließ, bevor sie schließlich starb, von einem Fall in einem Wirtschaftsgebäude in Ingolstadt zum Beispiel, bei dem der Exorzist mit einem Marmeladenglas voller Weihwasser aufgetaucht sei, eine junge Frau damit übergossen habe, ihr in den Schritt getreten und sie geschlagen habe, bis sich die Farbe ihres Gesichtes und die Gesichtszüge veränderten und sie "geheilt" war.

"Da fließt schon mal Blut", sagte Wegner. Und berichtete natürlich auch von den verschiedenen Formen des Exorzismus, vom eher "humanen" der katholischen Kirche bis zu den brutalen Auswüchsen bei den evangelischen Freikirchen. Nicht nur Blut fließt bei solchen Teufelsaustreibungen. Immer wieder gibt es auch Todesopfer. Und ganz billig ist so eine Teufelsaustreibung auch nicht. Bis zu 4700 Euro können da neben dem Blut schon mal fließen, wenn der Besessene sich gerne auch noch eine Urkunde an die Wand hängen möchte, die ihm bestätigt, dass sein Teufel ausgetrieben wurde.

Bei der katholischen Kirche immerhin ist so ein Exorzismus kostenlos und wird von der Kirchensteuer abgedeckt. Und das bei rund 23 000 Teufelsaustreibungen während des Pontifikates von Johannes Paul II. alleine im Vatikan und immerhin 2700 bei Papst Benedikt.

Interessant auch, dass 90 Prozent aller Besessenen Frauen sind und die sexuelle Komponente bei diesen Ritualen schon eine maßgebliche Rolle spielt. Was so weit gehen kann wie in einem Fall, bei dem der Teufelsaustreiber in Ermangelung von Weihwasser sein eigenes Sperma als "Weihwasser" benutzte. Und die Besessene - nebenbei bemerkt - neun Monate später einen kleinen Luzifer zur Welt brachte.

Ein schier unglaubliches Phänomen, dass die Geschundenen sich meist hinterher beim Exorzisten dafür bedanken, dass er den Teufel in ihnen geschlagen und misshandelt habe. "Besessene sind besessen von ihrer Besessenheit", brachte Marcus Wegner es auf den Punkt.

Er selbst war noch nie zu hundert Prozent überzeugt, einer wirklichen Teufelsaustreibung beizuwohnen. Alle "übernatürlichen" Phänomene, die er dabei miterlebt hat - von übermenschlichen Kräften, anatomisch kaum erklärbaren Verrenkungen der Gliedmaßen, spontanen Blutungen, sich in Sekunden verfärbenden Zähnen bis hin zu Besessenen, die gleichzeitig mit fünf verschiedenen Stimmen gesprochen hätten - seien irgendwie erklärbar. Nur in einem Fall weiß selbst der erfahrene Exorzismusexperte nicht weiter. Als ein vom Teufel besessener Rechtsanwalt während einer Austreibung die extra aus Frankreich eingeflogenen Exorzisten sozusagen links liegen ließ, sich mit Wegner selbst beschäftigte und ihm Dinge sagte aus seinem Leben, "die nur ich wissen kann". Dafür hat der "Teufelskerl" bis heute keine Erklärung.