Hilpoltstein
Beschwingte Stimmung im neuen Kulturstadl

Jazzcombo "DEr-CH-AT-Komplex" mit dem Hilpoltsteiner Florian Hoesl gibt ein Konzert der Extraklasse

14.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:38 Uhr
Die Jazzcombo "DEr-CH-AT-Komplex" liefert im Kulturstadl in Hilpoltstein ein Konzert der Extraklasse ab. −Foto: Tschapka

Hilpoltstein (HK) Mit einem Jazzkonzert der Extraklasse ist der jüngst fertig gestellte Kulturstadl des Gasthauses "Gutmann Zur Post" eingeweiht worden. Es wurde ordentlich voll an diesem Abend. Nicht nur in den Reihen der Zuschauer, sondern auch auf der Bühne - denn dort drängten sich die 14 Musikerinnen und Musiker der Formation "DEr-CH-AT-Komplex".

"Eine mega riesige Combo aus drei Ländern", sagte die Leiterin des Hilpoltsteiner Amts für Kultur und Tourismus, Kathrin Blomeier, erfreut. In der Tat kommen die allesamt diplomierten Musiker aus Deutschland, Österreich und der Schweiz - und einer stammt aus Hilpoltstein: Florian Hoesl. Vor etwa zehn Jahren war er "in die Fremde" gezogen und feiert mittlerweile Erfolge als gefragter Jazz-Schlagzeuger.

In seiner Heimatregion war er unter anderem mit seiner damaligen Formation Jazz Department unterwegs, mit der er den Jugendkulturpreis des Landkreises Roth bekommen hatte. Hin und wieder schaut er in seiner Heimatstadt vorbei und erfreut zum Beispiel das Publikum des Kreuzwirtskellers mit seinem Schlagzeugspiel. Aber solch eine vielköpfige Combo hatte er noch nie mitgebracht.

Seit zwei Jahren gibt es ""DEn-CH-AT-Komplex", der durch ein Austauschprojekt der Jazzabteilungen der Hochschule Luzern und der Linzer Anton Bruckner-Privatuniversität entstand, und dessen Name sich auf die Herkunft der Musiker bezieht. Die Leiterin des Ensembles, Claudia Döffinger, vereint gleich alles in einer Person: In Deutschland geboren, in der Schweiz studiert, und schließlich in Österreich gelandet. Als Homebase der Combo gilt Wien, wo vor wenigen Tagen auch die Tour begann, auf der die Musiker ihre erste CD der Öffentlichkeit vorstellten. In Hilpoltstein gaben sie nun Konzert Nummer drei, "und wenn wir wieder einmal eine CD aufnehmen, gebe ich alles dafür, dass wir auch diese wieder in Hilpoltstein präsentieren", betonte Hoesl, der sich in seiner kurzen Ansprache bei allen bedankte, die zur Realisierung dieses Konzerts beigetragen hatten. "Auch bei meiner Mutter, die wie verrückt Plakate aufgehängt hat und jeden dazu verdonnert hat, vorbeizukommen."

Offenbar nicht ohne Erfolg, denn schon gut eine Woche vor dem Konzert gab es keine Karten mehr, so groß war das Interesse. Und die Zuhörer wurden nicht enttäuscht. Mit Jazz ist das ja so eine Sache: Entweder er zieht einen in den Bann, oder man versteht nur Bahnhof. Bei "DEr-CH-AT-Komplex" ist ersteres der Fall, denn obwohl man die Eigenkompositionen der Musiker getrost als extrem anspruchsvoll bezeichnen kann, konnte sich dem fast schon rauschhaft anmutenden Klangteppich, der dort auf der Bühne gewebt wurde, niemand entziehen.

Von wunderbar harmonisch bis richtig schräg, samt gebrochenen Rhythmen, überraschenden Tempiwechseln und immer wieder minutenlangen Stimm- oder Instrumentalimprovisationen von E-Gitarre bis Saxofon war alles dabei.

Obwohl dem Zuhörer viel abverlangt wurde, verging die Zeit wie im Fluge. Es herrschte eine heitere bis beschwingte Stimmung im Kulturstadl, was damit zusammenhängen mag, dass die Musiker, allesamt um die 30, mit jugendlicher Dynamik, Spiellust, Kompetenz und nicht zuletzt einer gehörigen Portion Selbstironie ans Werk gingen.

Bei der Vorstellung der Werke durch die Komponisten gab es immer auch viel zu lachen. Wenn zum Beispiel die Leiterin erklärte, dass ihr Stück dank eines intensiven Weltschmerzes nach ihrer letzten gescheiterten Beziehung entstanden sei und dass sie hoffe, dass ihr Leben "so weitergeht", damit sie noch möglichst viele so emotionale Werke verfassen könne, hatte sie ebenso die Lacher auf ihrer Seite wie ihre Mitmusiker, die ihre Stücke ebenfalls überaus launig und originell ankündigten.

An Florian Hoesl war es, das letzte Stück des Abends anzukündigen: "Tankerunglück zu drei Teilen" ist mit fast einer halben Stunde fast schon epochal zu nennen, aber ein echter Lauschgenuss. Den Musikern gelang es dabei sogar, ihr Publikum regelrecht auf einen Tanker zu versetzen, denn sie erzeugten die Geräusche von knarrenden Schiffstauen, Möwengeschrei und das tiefe Tröten von Signalhörnern. Die Zugabe ganz am Schluss wurde mit einem gehörigen Schuss Blues angereichert und danach kannte der Applaus des Publikums kein Halten mehr. "Wir bleiben jetzt noch ein bisschen hier, und dann gehen wir alle ins TC, oder so?", fragte Florian Hoesl ganz zum Schluss in die Runde - ein echter Hilpoltsteiner halt.

Tobias Tschapka