Greding
Berg der Leiden ist auch Berg der Trainer

In Greding setzen die Verantwortlichen des Stimmungsnests vor allem auf den sportlichen Aspekt des Triathlons

07.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:34 Uhr

Aufmunternde Ansprache am Berg der Leiden: Nirgendwo auf der 90 Kilometer langen Radrunde ist die Kontaktaufnahme zu den Sportlern so leicht möglich wie am Gredinger Kalvarienberg. Das wissen viele Betreuer der Triathleten zu nutzen. - Foto: Luff

Greding (HK) Solarer Berg oder Kalvarienberg, das ist hier die Frage. Beide sind Erhebungen, die die Triathleten beim Challenge Roth zweimal erklimmen müssen. Doch für die Zuschauer am Straßenrand macht es einen enormen Unterschied, ob sie nach Hilpoltstein oder nach Greding gehen.

Party oder Sport? Man könnte die Frage auch auf diese Begriffe reduzieren. Der Solarer Berg in Hilpoltstein genießt in der Szene Weltruhm, die Menschenmassen dort sind im Fernsehen zu sehen, wenn es darum geht zu zeigen, wie der Triathlonsport boomt. Dicht an dicht drängen die Menschen, feiern zu der lauten Musik, die aus den Boxen dröhnt. In Greding sieht die Szenerie deutlich anders aus, wenngleich auch hier Musik unterhält. "Wir können so eine Party nicht machen", sagt Max Dorner, der langjährige Moderator des südlichsten Stimmungsnests an der Radstrecke. Er bekräftigt zugleich: "Wir wollen es auch gar nicht."

Der hauptsächlich organisierende Turn- und Sportverein kann die große Party nicht feiern, weil sich schlicht nicht so viele Menschen an den Südzipfel verlieren, wie es in Hilpoltstein der Fall ist. Er will es nicht, weil er lieber auf den sportlichen Aspekt der Veranstaltung setzt. So wie die zahlreichen Trainer, Betreuer und Familienangehörige der Athleten - "die werden bei uns immer mehr", hat Werner Pellmann beobachtet, selbst oftmaliger Einzelstarter und heute Vorsitzender der Triathlonsparte im TSV. Aus gutem Grund: "Bei uns fahren die Triathleten relativ langsam, wir haben den härtesten Berg, die größte Steigung." Die Zuschauer könnten nach ihrem Favoriten Ausschau halten und mitunter sogar Kontakt aufnehmen. Er werde in seiner Funktion als Moderator oft angesprochen und gefragt, wann ein bestimmter Sportler eintreffe, erzählt Dorner.

Mit ein wenig Glück gibt es sogar die Antwort. "Wir markieren unsere eigenen Favoriten", sagt Samantha Thimm, die Tourismuschefin der Stadt. Das sind vor allem Starter aus dem Landkreis Roth oder diejenigen aus aller Welt, die während der Tage um den Triathlon in Greding nächtigen - die "Drei-Tages-Gredinger" nennt Dorner sie. Lässt es in dem Trubel am Renntag die Zeit zu, wird auf Anfrage eben ein weiterer Name im Computer als Favorit markiert - und die Ehefrau erfährt 20 Sekunden, bevor ihr Mann auf dem Rad eintrifft, dass der Gatte jetzt tatsächlich kommt.

Diejenigen, die weder Trainer noch Familienangehörige sind, wissen am Kalvarienberg zu schätzen, dass sie mehr vom Wettbewerb mitbekommen als andernorts an der Radstrecke. Denn meist kommen die Zuschauer den Sportlern nicht so nah oder die rasen einfach viel zu schnell vorbei. "Bei uns sieht man, wo der Sportler herkommt", sagt Pellmann. Der lange, steile Anstieg macht's möglich, es ist genug Zeit, Namen, Startnummer und Herkunftsland auf dem Rücken zu betrachten.

Wer es noch ein wenig einfacher mag, ist bei Max Dorner an der richtigen Adresse. Heuer feiert er ein kleines Jubiläum: Zum 20. Mal greift er zum Mikrofon und moderiert das Geschehen, sagt die Topathleten an, erzählt über den einen oder anderen Landkreisstarter eine Anekdote oder feuert Otto Normaltriathlet aus aller Welt nicht nur mit Namen lautstark an, sondern gibt ihm auch noch einen Spruch in dessen Landessprache mit auf den Weg. Dorner weiß, wovon er redet, wenn er von der "Champions League in unserer Sportart" spricht, die man im Kreis Roth vor der Haustür habe: Drei Mal in den vergangenen 20 Jahren hat er nicht nur moderiert, sondern war auch zuvor als Schwimmer in der Staffel an den Start gegangen. "Einmal habe ich es vielleicht noch vor", sagt er. Dabei hat er allein mit der Moderation schon alle Hände voll zu tun; in letzter Minute hat sein Sohn Matthias noch zugesagt, ihn dabei zu unterstützen. "Es geht unmöglich allein", sagt Dorner heute - dabei hat er 1997 als Einziger das Mikrofon zur Hand genommen.

"Damals ging es noch mit Kassetten", erzählt er, wenn ihm danach war, hat er eben schnell mal "Keep on running" in den Rekorder geschoben. Heute "hat Max seine eigene Setlist", sagt Samantha Thimm, "der DJ ist instruiert." Dorner sucht sich aus, wem er etwa "You win again" widmet. Allerdings feilt er noch am Programm. "Will Grigg's on fire" will er noch besorgen, das Kultlied über den nordirischen Stürmer. Es sei ein toller Song, sagt Dorner, "aus dem man rhetorisch etwas machen kann". Vielleicht für den Gredinger Heiko Greiner, der sich dem Wettkampf der Feuerwehrleute stellt, die Firefighter-WM wird im Rahmen des Rother Langdistanzrennens ausgetragen.

Heiko Greiner kann sich sicher sein, dass der Jubel besonders laut wird, wenn er durch seine Heimatstadt fährt, immerhin sind mehr als 100 Helfer allein aus den Reihen des TSV Greding am Kalvarienberg, um Sportler wie Zuschauer zu versorgen. Auch die jungen Cheerleader des Faschingsvereins Gredonia werden fröhlich mit ihrem Pompons wedeln. Allerdings fehlen in diesem Jahr die Sambarhythmen der Chinelos aus Hausen - die haben einen anderen Termin. Ansonsten trifft man hier Bewährtes. "Wir sind mit dem Konzept zufrieden", sagt Werner Pellmann. Sehr zufrieden wären er und seine Mitstreiter, wenn vor allem die Triathlonfans aus dem Süden - aus Beilngries und Ingolstadt, aus Pfaffenhofen und München - erkennen, dass Greding durch die nahe Autobahn der ideale Einstieg ist in den sportlichsten Tag des Jahres.