Nicht
Belgien und die Bandenwerbung

16.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:39 Uhr

Nicht erst 2016 in Frankreich, sondern schon 44 Jahre zuvor hatte Belgien eine Fußball-Nationalmannschaft, die die Qualität aufwies, Europameister zu werden. Das Team um Kapitän Paul van Himst hatte in der Qualifikation Italien ausgeschaltet, besaß in der Endrunde, die 1972 noch mit nur vier Teams ausgetragen wurde, Heimrecht und trat im Halbfinale gegen Deutschland auf dem gefürchtet schlechten Rasen in der veralteten Arena von Antwerpen an.

Dort sollte das Team von Bundestrainer Helmut Schön, gespickt mit Edeltechnikern wie Franz Beckenbauer und Günter Netzer, nicht zum Zuge kommen. "Belgien stellt uns eine Falle", titelte damals die monatlich erscheinende "Sport Illustrierte" und spielte damit auf das Geläuf im Bosuil-Stadion an. Doch die Deutschen ließen sich nicht beirren, Gerd Müller, der am Ende Torschützenkönig des Mini-Turniers wurde, traf zweimal zum 2:1-Sieg und war auch vier Tage später im Brüsseler Heysel-Stadion beim 3:0-Finalerfolg über die Sowjetunion zweimal zur Stelle.

Die Belgier indes gewannen das Spiel um Platz drei mit 2:1 gegen Ungarn, hatten jedoch für einen bei einer EM ungewöhnlichen Rekord gesorgt. Denn das Land der Flamen und Wallonen wurde zum einzigen Gastgeber einer Europa- oder Weltmeisterschaft, dessen Halbfinale nicht im eigenen Fernsehen übertragen wurde. Wegen der Bandenwerbung zeigte das belgische TV die Partie gegen Deutschland nicht, allerdings empfingen die Menschen die Partie über Kanäle der Nachbarländer wie Deutschland oder die Niederlande.

Ein weiteres Kuriosum: Weil das zweite Halbfinale, das die Sowjets gegen Ungarn durch einen Treffer von Anatoli Konkow 1:0 gewannen, zeitgleich ausgetragen wurde, kamen nur 1700 Besucher ins Brüssler Stade Emile Verse.

‹ŒAlexander Fischer