Geisenfeld
Bei so manchem Einsatz deeskalierend

Weibliche Polizeibeamte machen in der Geisenfelder Inspektion derzeit fast ein Viertel des Personals aus

28.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:35 Uhr

Foto: Magdalena Zurek

Geisenfeld (GZ) Nicht nur im Fernsehen machen sich immer öfter Frauen auf die Jagd nach Verbrechern. Weibliche Polizeibeamte sind auch in der Realität kein Einzelfall mehr. In der Inspektion Geisenfeld machen sie ein Viertel der "Mannschaft" aus.

Obwohl an ihrem Gürtel, wie bei den Kollegen, eine Waffe und Munition hängen, hat die Arbeit der weiblichen Polizeibeamten wenig mit "rauchenden Colts" zu tun. In Geisenfeld wird eher mit der Laserpistole auf Temposünder "geschossen" - wie jüngst im Rahmen des Blitzer-Marathons. Verkehrsunfälle, Diebstähle, Sachbeschädigungen oder Körperverletzungen sind da öfter an der Tagesordnung.

Die ersten Polizistinnen wurden bei der bayerischen Polizei erst 1990 in Dienst genommen. Erster Polizeihauptkommissar Klement Kreitmeier erinnert sich noch gut an eine Zeit, als nur Männer im Einsatzteam aktiv waren. "Da war der Umgangston noch rauer und man hörte öfter mal derbe Witze", meint der PI-Leiter mit einem Schmunzeln in Erinnerung an die erste Amtshandlung als junger Dienstgruppenleiter: "Ich hab den Kalender mit spärlich bekleideten Damen von der Wand im damaligen Wachraum entfernt." Als mehr und mehr Damen ihren Dienst antraten, da sei man "vorsichtiger in seinen Äußerungen geworden". Inzwischen begegne man sich "auf Augenhöhe" und pflege einen "lockeren, entspannten Umgangston".

Kreitmeier sieht die zunehmende Zahl weiblicher Einsatzkräfte positiv, wirken diese doch bei vielen Einsätzen deeskalierend. "Wir spielen dann verteilt auf die Geschlechter good cop - bad cop", meint er lachend unter Anspielung auf das Klischee gängiger Krimisendungen. Dass so mancher aggressive Täter "einen Gang zurückschaltet, wenn er einer Frau gegenübersteht", erlebt auch Claudia Glück immer wieder. Die 41-Jährige hat drei Jahre, nachdem die erste Frau in Bayern Streife ging, ihre Arbeit begonnen. Seit September 1999 ist sie in Geisenfeld tätig. Die Polizeihauptmeisterin, die in der Ermittlungsgruppe und als guter Geist im Geschäftszimmer agiert, wurde stets "höflich und zuvorkommend behandelt" - von Bürgern wie von Kollegen. Nur am Telefon, "da hat sich anfangs so mancher Anrufer verschaukelt gefühlt, wenn ich mich als Frau im Namen der Polizeidienststelle gemeldet habe", sagt sie.

Seit über 20 Jahren ist Cornelia Kaap im Dienst. Die Polizeihauptmeisterin trägt mittlerweile als stellvertretende Dienstgruppenleiterin Führungsverantwortung für den gesamten Schutzbereich der PI Geisenfeld. Dass sie Polizistin geworden ist, führt die gebürtige Prenzlauerin auf "sehr positive Erfahrungen" zurück. Entgegen dem gängigen Bild habe sie als ehemaliges Mitglied im Sportkader der DDR die Kripobeamten, die zur Betreuung der Mannschaft abgestellt waren, "als sympathische, hilfsbereite Menschen erlebt". Und genau so möchte sie den Umgang mit den Bürgern pflegen und ihnen signalisieren: "Wir kümmern uns." Die 40-Jährige hat schon viele Dienststellen von Dachau über München bis Hannover erlebt. In der Stadt gehe es öfter mal "heiß her". Es gebe mehr Rangeleien, dafür sei aber die Polizeidichte höher und man habe dementsprechend "schneller Verstärkung", erzählt sie.

Katja Münzberg ist noch relativ neu im Team und als Polizeimeisterin auf Probe verbeamtet. Für die Abensbergerin wäre ein reiner Bürojob nicht infrage gekommen. Allerdings sei die Arbeit in der PI "mit mehr Schreibarbeit verbunden als gedacht", gesteht sie. Von Vorteil seien allerdings die flexiblen Arbeitszeitmodelle im sechs- bis zwölfstündigem Schichtdienst, findet die 23-Jährige.

Zu den "Neulingen" zählt auch Yvonne Weber. Die Polizeimeisterin aus Karlskron identifiziert sich voll mit ihrem Job. "Das bin einfach ich", sagt die 23-Jährige.

Eva Renner aus Wolnzach ist seit März im Geisenfelder Team. Sie sollte eigentlich das Autohaus ihrer Eltern übernehmen und hat erst BWL studiert. Schnell merkte die 25-Jährige jedoch: "Das ist nichts für mich." Ihre Familie sei anfangs skeptisch gewesen, jetzt aber "recht stolz auf mich".

Von den männlichen Kollegen fühlen sich die Damen durchweg "voll akzeptiert", wie Münzberg beteuert. Differenzierter fallen die Reaktionen indes bei den Delinquenten aus. Manchmal werde man als Frau "von männlichen Mitbürgern mit Migrationshintergrund einfach ignoriert", meint Weber eher belustigt als verärgert.

Renner hat Ähnliches erlebt. "Um eine Eskalation der Situation zu vermeiden, übergibt man dann halt an einen Kollegen", sagt sie. Auch von deutschen Delinquenten gebe es manchmal "nicht zitierfähige herablassende Bemerkungen", aber da müsse man einfach drüberstehen. Doch es gibt auch Situationen, in denen weibliche Beamte eher einen Zugang zu den Beteiligten finden. "Bei Sexualdelikten oder Fällen von häuslicher Gewalt haben Kinder oder Frauen dann weniger Scheu", erklärt etwa Eva Renner. Dass manche Eltern bei Erziehungsproblemen nach dem Motto "Wenn du nicht brav bist, kommt die Polizei und holt dich" eine Drohkulisse aufbauen, hält sie für "unverantwortlich". Gerade erst habe sie es erlebt, dass ein Dreijähriger in Panik vor ihr davon gestürmt sei.

Alle Frauen im Dienst haben die gleiche Ausbildung durchlaufen, wie ihre männlichen Kollegen. Gefragt, welche Voraussetzungen man für den Job mitbringen muss, setzen sie ähnliche Schwerpunkte. "Sportlich sein, einstecken und bei Bedarf auch mal austeilen können", so Münzberg. Und Renner ergänzt: "Man darf nicht empfindlich sein, braucht ein gesundes Selbstbewusstsein und psychologisches Geschick."

Neun von 37 sind Frauen

Die Polizeiinspektion Geisenfeld, die im Landkreisnorden für die Gemeinden Vohburg, Münchsmünster, Wolnzach, Reichertshofen, Baar-Ebenhausen, Geisenfeld und Ernsgaden zuständig ist, beschäftigt derzeit 37 Polizeibeamte, von denen neun weiblich sind. Im Schichtdienst der Dienstgruppe arbeiten sechs Damen im Alter von Anfang 20 bis 40 Jahren, in der Ermittlungsgruppe sind es drei Frauen im Alter zwischen 33 und 41 Jahren.

Letztere haben eine Zusatzausbildung absolviert und sind „mit komplizierteren und zeitaufwendigen Fällen betraut“, so Dienststellenleiter Klement Kreitmeier. Hinzu kommen drei sogenannte Polizeibeschäftigte in Teilzeit, die sowohl die Jugendverkehrsschule als auch die Beamten der Dienstgruppe bei der Anzeigenbearbeitung unterstützen.