Beerdigung auf Pfarrfriedhof lässt Volksseele kochen

04.04.2008 | Stand 03.12.2020, 6:01 Uhr

Der Schweitenkirchener Pfarrfriedhof war über 27 Jahre lang für Begräbnisse geschlossen. Jetzt darf er auf Anordnung des Erzbischöflichen Ordinariats München wieder belegt werden. - Foto: Ermert

Schweitenkirchen (PK) Die Volksseele kocht. Vor 27 Jahren hat Pfarrer Anton Bichler den Pfarrfriedhof in Schweitenkirchen für geschlossen erklärt – offensichtlich willkürlich und ohne offiziellen Beschluss. Ab sofort sind Begräbnisse dort wieder erlaubt – die Pfarrgemeinde fühlt sich verschaukelt.

"Wir werden hier völlig überrannt von dieser unseligen Sache", äußert sich Bürgermeister Albert Vogler. Seit dem ersten Tag nach Ende seines Osterurlaubs stehen die Bürger reihenweise in seinem Büro. Alle haben die selben Fragen: Wie ist das nun mit dem Pfarrfriedhof und dem gemeindlichen Friedhof? Wer darf wo bestattet werden? Ist eine Umbettung möglich? Wer trägt die Kosten

Vogler selbst hatte mit der Schließung des Pfarrfriedhofs im Jahr 1980, die den Bau des gemeindlichen Friedhofs erst nach sich zog, nichts zu tun. Er kann nur bei Altbürgermeister Max Elfinger nachfragen. "Um Licht in die Sache zu bringen, brauchen wir Zeitzeugen und müssen das Archiv durchforsten", bleibt ihm keine andere Wahl. Noch schlimmer hat es aber Markus Stabel erwischt. Der neue Schweitenkirchener Pfarrer ist erst seit einem halben Jahr im Amt und steckt nun mittendrin in dieser Affaire, für die er selbst am allerwenigsten kann.

Den Stein ins Rollen hat ein Schreiben des Erzbischöflichen Offizials Dr. Lorenz Wolf gebracht. Darin steht klar: "Solange die Schließung des Friedhofs von der Kirchenverwaltung nicht formell beschlossen . . . ist, gilt die Friedhofsordnung von 1967. Bestattungseinschränkungen bestehen in keiner Weise." Dick unterstrichen folgt: "Im Rahmen der Zweckbestimmung . . . besteht sogar ein Anspruch auf Bestattung im Kirchenfriedhof, wenn eine Grabstätte zur Verfügung steht." Eine alt eingesessene Schweitenkirchener Familie hat auf ihre Nachfrage beim Ordinariat diese Antwort erhalten – und über die Osterfeiertage für eine Bestattung auf dem Pfarrfriedhof gesorgt. Es war die erste seit dem 22. August 1980.

Das Thema berührt die Schweitenkirchener an der empfindlichsten Stelle: "Ich kann den Ärger völlig verstehen. Hier ist Unrecht geschehen. Jetzt müssen wir Licht in die Sache bringen", hat Albert Vogler fest vor, Aufklärung zu betreiben. Die Gemeinde habe sich damals auf die Aussage von Pfarrer Bichler verlassen und sei mit der Errichtung des Gemeindefriedhofs schlichtweg ihrer Verpflichtung nachgekommen. "Die Frage ist schon berechtigt, ob er damals formell alles richtig gemacht hat", so Vogler.

Das hat Bichler offensichtlich nicht. Sonst würde im Schreiben des Ordinariats folgende Passage kaum auftauchen: "Der mögliche Vorwurf . . . trifft nicht sie, sondern ihre Vorgänger, die – aus welchen Gründen auch immer – die geltende Friedhofsordnung nicht zur Anwendung gebracht haben." Darauf beruft sich auch Markus Stabel. Er kann den Unmut in seiner Kirchengemeinde vollkommen nachvollziehen. "Es herrscht Unruhe im Dorf – aber dafür kann ich persönlich gar nichts", sagt er. Er hätte das heikle Thema womöglich noch einige Monate unter den Teppich kehren können. Doch irgendwann wäre es ans Licht gekommen. "Dann lieber gleich, reinen Tisch und offene Karten", spricht Stabel von Versäumnissen seiner Vorgänger (Anton Bichler, Engelbert Wagner, Dr. Alexander Hoffmann, die vermutlich alle von den Tatsachen gewusst haben.

Dem möglichen Wunsch von Bürgern nach Begräbnissen im Pfarrfriedhof wird er jedenfalls nachkommen. "Es gibt damit kein Problem, der Friedhof ist so gut wie leer – und damit voll benutzbar", berichtet er. Persönliche Vorwürfe erreichen auch Altbürgermeister Max Elfinger. "Ich habe mich damals auf die Aussage von Pfarrer Bichler verlassen. Es wäre ehrenrührig gewesen, an seinem Wort zu zweifeln", erklärt er. So kümmerte sich Elfinger um den Bau des neuen Friedhofs und des Leichenhauses, veranlasste die Verlegung von 20 Gräbern als Voraussetzung für die Errichtung des Pfarrheims. Heute kann Max Elfinger die Klagen verstehen. "Viele Familien besitzen zwei Grabstätten – eine oben, eine unten. Sie müssen bezahlt und gepflegt werden".

Zu einer großen Aussprache wird es nun am Montag, 21. April, ab 20 Uhr kommen, wenn im Pfarrheim eine Pfarrversammlung stattfindet. Dabei sollen alle Beteiligten zu Wort kommen und die Angelegenheit komplett aufgeklärt werden.