Beeindruckender Mix zweier Musikrichtungen

31.07.2007 | Stand 03.12.2020, 6:35 Uhr

Ingolstadt (lei) Normalerweise ist es ja so, dass Jazzmusiker über die Niederungen des Popgeschäfts eher die Nase rümpfen. Kreative Freiheit und Improvisation passe nun mal nicht zum normierten Format des radiotauglichen Drei-Minuten-Songs, sagen sie. Und haben natürlich aus ihrer Sicht ganz recht mit dieser Einschätzung. Beispiele wie das von Sting, James Brown, Steely Dan oder Van Morrison belegen allerdings auch, dass ganz vorzügliche Musik entstehen kann, wenn beide Genres sich mischen. Was aber nicht eben häufig vorkommt.

Genau dieses Problems nehmen sich die fünf Musiker von Close To Jazz an, die im Rahmen der "Ingolstädter Musikszene" in der Neuen Welt Kompositionen spielen, die den Blick über den Zaun wagen. Songs, bei deren Erschaffung Komponisten des Pop in Richtung Jazz schielten und jene des Jazz in Richtung Pop. Und so kommt es, dass Billy Cobham, Horace Silver und Chick Corea auf der einen Seite und The Police, Love Affair und Gloria Gaynor auf der anderen ein Programm ergeben, das überraschend einheitlich daherkommt, bei dem von Grenzformalitäten absolut nichts zu verspüren ist.

Dank Close To Jazz, dank der umsichtigen Neugestaltung ausufernder Arrangements hin zur kompakten und komprimierten Form, dank der um die Elemente des Jazz bereicherten ansonsten oft vorhersehbaren und einengenden Struktur des Pop. Gerhard Kiffe (Schlagzeug), Wolfgang Kittan (Bass), Steffen Mayer (Keyboards) und der überaus beeindruckende Hauptsolist Markus Bergmann am Sopransaxofon machen dieses Konzept hörbar. Die sehr geschmackvolle Songauswahl beinhaltet Balladen und flottere Stücke mit leichtem Funk-Groove, ein klein wenig Swing und Latin kommen hinzu, fertig ist eine höchst unterhaltsame und originelle Mischung. Originell auch deswegen, weil manche Vorlagen so gar nicht mehr nach dem Original klingen, was Close To Jazz auch noch als Schöpfer und Interpreten richtig guter Covers ausweist.

Nun braucht Pop notgedrungen Gesang. Für den ist Sabine Graf zuständig. Mit ihrer fast immer treffsicheren, jedoch nicht sonderlich voluminösen Stimme nimmt sie sich jeder Hürde an, steht im Zentrum der Bühne und hat auch die nicht ganz leichte Aufgabe zu bewältigen, Kontakt zum Publikum herzustellen. Zugegeben, Jazzmusiker stehen allgemein nicht in dem Ruf, große Entertainer zu sein, aber das Konzept von Close To Jazz verlangt doch auch danach. Und so hätte man gerade ihr als Frontfrau diesbezüglich noch etwas mehr Spritzigkeit und Dynamik gewünscht.

Doch das alles kann ja noch werden, Close To Jazz existieren gerade mal ein Jahr, die Musik sitzt – und bezüglich der Präsentation wird man dies sicherlich in Bälde ebenfalls sagen können.

Aber auch trotz dieser Einschränkung: Close To Jazz sorgten an diesem Abend in der Neuen Welt für überaus hörenswerte Musik und zwei Stunden angenehme Unterhaltung.