Köln
Beamte leben gefährlich

Jugendamts-Mitarbeiterin als Mordopfer im Kölner "Tatort"

20.03.2020 | Stand 23.09.2023, 11:19 Uhr
Die Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, rechts) und Freddy Schenk (Dietmar Bär, links) wollen die junge, alleinerziehende Mutter Tülay Firat befragen, die in dieser Siedlung lebt. −Foto: Menke, WDR

Köln - Was haben denn alle bloß gegen Beamte?

 

Die tun doch nichts! Dieser alte Kalauer mag manch leibhaftigen Ärmelschoner in deutschen Amtsstuben treffend beschreiben, auf Monika Fellner trifft er gewiss nicht zu. Sie ist das Mordopfer im neuen Kölner "Tatort" - weil sie sehr wohl etwas tat, sogar zu viel des Guten.

Arbeitsplatz der gewissenhaften Bürokratin war das Jugendamt, präziser gesagt: die Unterhaltsvorschusskasse. Sprachlich ein Kleinod der deutschen Beamten-Terminologie, im Alltag ein Ort, an dem Konflikte schnell mal eskalieren können. Die Mitarbeiter sind unter anderem dafür zuständig, vorgestrecktes Geld von säumigen Unterhaltszahlern einzutreiben und es dem bedürftigen Elternteil zuzuteilen. Recht machen können sie es beiden Gruppen dabei nur selten, wüste Beschimpfungen sind an der Tagesordnung.

Die erschlagene Frau Fellner (gespielt von Melanie Straub) nahm ihren Job besonders ernst, sogar nach Feierabend spürte sie ihrer Klientel nach, was ihr den Zorn diverser Familienväter einbrachte. Aber auch im Kollegenkreis machte sie sich mit ihrer rigiden Art nicht gerade beliebt. Und so ist sie mal wieder groß, die Riege der Verdächtigen, denen Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) auf die Pelle rücken müssen. Unterstützt - man könnte auch sagen: unterwandert - werden ihre Ermittlungen wieder vom unglaublich bräsigen Norbert Jütte (Roland Riebeling), dessen Rolle als arbeitsscheuer Assistent im Kölner "Tatort"-Team immer breiteren Raum einnimmt.


Das sorgt gelegentlich für flapsig-humorige Auflockerung der ansonsten ziemlich bierernsten Thematik: Hartz IV, Sorgerecht, traumatisierte Scheidungskinder, überforderte Eltern, die sich permanent anbrüllen. Familie als Hölle auf Erden. Um Not und Elend effektvoll rüberzubringen, setzt Regisseurin Nina Wolfrum immer wieder ein ebenso simples wie schier unfehlbares Stilmittel ein: tieftraurige, große Kinderaugen. Den wohlprogrammierten Tragik-Effekt dürfte sie bei etlichen Zuschauern erreichen.


Viel plakative Sozialkritik und wenig Thrill bietet dieser Fall mit dem Titel"Niemals ohne mich". Mal banal, mal durchaus berührend, kriminalistisch eher bieder - aber das kennen wir ja schon aus vielen anderen "Tatort"-Folgen der vergangenen Wochen. Nichtsdestotrotz lohnt sich das Durchhalten bis zum bitteren Ende: Denn seinen Paukenschlag liefert dieser Film in der allerletzten Sekunde.

DK


Der "Tatort: Niemals ohne mich" läuft am Sonntag, 20.15 Uhr, ARD.

Roland Holzapfel