Ingolstadt
Baustelle mit Geschichte

Der Turm Baur wird ab dem Jahr 2021 saniert - unter anderem soll die Musikschule mehr Platz bekommen

23.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:55 Uhr
Fangnetze an den Simsen verhindern, dass lose Gesimsteile in den Innenhof des Turms Baur fallen. Das Provisorium muss bis 2021 halten. Dann wird der historische Festungsbau innen und außen grundlegend saniert. −Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Der Turm Baur ist eine Festung des Ingolstädter Kulturlebens. Das Gebäude aus dem 19. Jahrhundert, in dem die Musikschule untergebracht ist und Open-Air-Veranstaltungen stattfinden, ist allerdings sanierungsbedürftig. Da das Baureferat aber ausgelastet ist, wird es wohl erst 2021 so weit sein.

Spaziergänger werden seit einiger Zeit auf Abstand vom Turm Baur gehalten. Rund um den Festungsbau am Brückenkopf ist ein Stabgitterzaun aufgebaut. Zuletzt sind immer wieder kleine Teile des Gesimses abgebrochen, erklärt der städtische Baureferent Alexander Ring. Der Zaun soll verhindern, dass Passanten getroffen werden. Über den Eingängen zum Turm sind die überhängenden Fassadenteile eigens mit einem Gitternetz gesichert. Auch im Innenhof ist eine Sicherung angebracht.

Das historische Gemäuer gehört eigentlich dem Freistaat Bayern. Die Stadt hat den Turm allerdings für Jahrzehnte gepachtet und dort unter anderem ihre Sing- und Musikschule untergebracht. Ingolstadt ist deswegen auch für den Unterhalt des historischen Bauwerks zuständig. In den nächsten Jahren sind einige größere Baumaßnahmen geplant, erklärt Ring. 3,9 Millionen Euro sind dafür bereits in der erweiterten Haushaltsplanung veranschlagt. Los geht es im Jahr 2021. "Vorher schaffen wir es nicht", erklärt Ring. In ganz Ingolstadt sei der Bauunterhalt derzeit massiv unter Druck, das Personal werde zwar nach Möglichkeit aufgestockt, dennoch komme man mit den Aufgaben kaum hinterher.

Dazu kommt, dass mehrere Sanierungsmaßnahmen im Turm zu einem Gesamtkonzept zusammengefasst werden sollen. "Nur dann gibt es die Aussicht auf Fördermittel", erklärt der Baureferent. Das sei nicht möglich, wenn die Renovierung quasi im Tagesgeschäft in kleineren Einzelschritten vollzogen wird. In den Jahren 2013 und 2014 ist ein Stück im Süden des Turms bereits testweise instand gesetzt worden. Mit diesen Erfahrungen lassen sich Dauer und Kosten der Gesamtmaßnahme abschätzen, erklärt Sebastian Gäck, der städtische Sachgebietsleiter für den Bauunterhalt. Binnen zweier Jahre sollte der Ausbau innen und außen erledigt sein, schätzt er.

Freilich werde an dem historischen Gebäude auch außerhalb der großen geplanten Sanierung ständig gearbeitet. So hat der Turm Baur schon vor einigen Jahren ein neues Kupferdach bekommen, das instand gehalten werden muss. Rostige Stellen werden regelmäßig ausgebessert, wo Bäumchen aus den Kaminaufsätzen sprießen, werden sie entfernt, und eine der beiden Rampen im Hof des Turms ist bereits vor einigen Jahren so saniert worden, dass kein Wasser mehr eindringen kann. Die zweite wurde provisorisch mit einer wasserdichten Bitumenschicht versehen. Im Zuge der großen Sanierung ab dem Jahr 2021 soll auch sie wieder vollständig hergerichtet werden.

Außerdem wird die Sing- und Musikschule mehr Platz bekommen. Denkbar ist, in den Gewölben im Osttrakt des Turms zwei Räume herzurichten, die zuletzt als Werkstätten genutzt wurden und jetzt leerstehen. Dazu muss unter anderem der beschädigte Estrich erneuert werden.

Bis zur Sanierung wird der Turm so weit instand gehalten, dass er weiter problemlos für die Sing- und Musikschule und für Veranstaltungen genutzt werden kann. Die beliebten Open-Air-Inszenierungen des Stadttheaters und die Kinoabende unter freiem Himmel sind bis zur Sanierung nicht in Gefahr, betont Ring. "Das ist alles gesichert."

Ob die Veranstaltungen auch stattfinden können, wenn der Hof des Turms 2021 saniert wird, ist noch nicht klar. Es wäre günstiger und praktikabler, den Sommer konzentriert für die Restaurierung zu nutzen und für das Kino-Open-Air und die Freilichtinszenierungen eventuell einen Ausweichort zu finden, erklärt Gäck. Aber natürlich würde es auch eine Lösung geben, die die Sanierung und die Nutzung parallel ermöglicht. "Das ist eine politische Entscheidung", so der Sachgebietsleiter.

DER TURM BAUR

Der Turm Baur diente im Konzept der Landesfestung Ingolstadt als südwestlicher Flankenturm des Reduits Tilly. Im Nordosten steht der fast baugleiche Turm Triva, in dem heute das Bayerische Polizeimuseum untergebracht ist. Errichtet wurden beide zwischen den Jahren 1828 und 1841. Die Fassaden stammen von Leo von Klenze. Benannt ist der westliche Turm nach dem bayerischen Generalquartiermeister Carl von Baur. Allerdings trägt das Bauwerk diesen Namen erst seit 1911, zuvor war ein anderer Festungsbau nach Baur benannt. Die Trümmer dieses ehemaligen Turms Baur liegen heute unter dem Scherbelberg. Die Erinnerung an den Offizier aus den Napoleonischen Kriegen sollte aber erhalten bleiben, weswegen der Bau am Brückenkopf mit der Werk-Nummer 118 auf Entscheid des Kriegsministeriums zum neuen Turm Baur wurde, wie beim Förderverein Bayerische Landesfestung nachzulesen ist.

Der ovale Festungsbau hat ein Ausmaß von 50 auf fast 80 Meter. Vier Meter dicke Mauern sollten einem Beschuss standhalten. Für den Verteidigungsfall war vorgesehen, aus den 58 Geschützkasematten auf zwei Stockwerken einen anrückenden Feind unter Feuer zu nehmen und den Brückenkopf - und damit den Übergang über die Donau - und das Reduit Tilly zu schützen. Wie alle Bauten der Ingolstädter Festungsanlage aus dem 19. Jahrhundert musste der Turm Baur seine militärische Funktionstüchtigkeit aber nie unter Beweis stellen. | jhh