Ingolstadt
Baustelle auf der Schanz: Gefährliches Nadelöhr

25.09.2020 | Stand 23.09.2023, 14:21 Uhr
In der Früh geht es derzeit eng zu an der Straße Auf der Schanz. Grund ist die Baustelle auf der Nordseite. Radler, Fußgänger, Busse und Baustellenfahrzeuge sind hier vermehrt unterwegs, Autos halten im Grünstreifen an, um Schüler aussteigen zu lassen. Links befindet sich die Grund- und Mittelschule. Der nördliche Fuß- und Radweg ist hier komplett gesperrt. −Foto: Brandl

Ingolstadt - An der Straße Auf der Schanz prallen derzeit unmittelbar zwei völlig unterschiedliche Welten aufeinander. Auf der einen Seite läuft in der Grund- und Mittelschule nach dem Corona-Lockdown seit drei Wochen endlich der Unterricht wieder, gleich gegenüber ist seit August schweres Baugerät im Einsatz. Hier entsteht nach dem Abriss der ehemaligen Emmi-Böck-Schule innerhalb der nächsten zwei Jahre ein Neubau für die Fachober- und Berufsoberschule (FOS/BOS).

 

Auf Höhe des ohnehin eng gesteckten Baufelds ist der nördliche Fuß- und Radweg komplett gesperrt worden, ebenso - aus Sicherheitsgründen, wie es von der Stadt heißt - die nahegelegene Querungshilfe sowie die Fahrradvorrangroute durch das Glacis, die an der Baustelle vorbei weiter Richtung Altstadt führt (wir berichteten). Die Folge ist gewissermaßen ein Nadelöhr, durch das sich täglich zahlreiche Menschen und Fahrzeugen zwängen. Die Sperren, hieß es zuletzt, sollen bis Abschluss der Bauarbeiten bestehen bleiben.

Bis zum Ende der Urlaubszeit und dem Schuljahresbeginn ist Passanten sowie Eltern von Schülern der Grundschule Auf der Schanz die aktuelle Lage offenbar nicht recht bewusst gewesen. Jetzt aber, nachdem sie ihr ganzes Ausmaß erkannt haben, schlagen einige von ihnen Alarm. Auch in der Lokalredaktion des DONAUKURIER hat sich eine besorgte Familie gemeldet. "Der gesperrte Weg stellt eine massive Gefährdung für die Schüler dar", findet das Ehepaar, dessen Name der Redaktion bekannt ist. Die Frau, die in der Innenstadt arbeitet, sei selbst auf der Strecke unterwegs, wie sie berichtet. Sie habe beobachtet, dass der südlich gelegene Radweg nun in beide Richtungen befahren werde, was bei dichtem morgendlichen Verkehrsaufkommen besondere Aufmerksamkeit erfordere. Die Familie ärgert es vor allen Dingen, dass auf dem gesperrten Fuß- und Radweg Baucontainer abgestellt sind. "Die könnten doch auch woanders stehen", findet sie und nennt als Beispiel den Grüngürtel hinter dem Baufeld. Die Familie habe sich auch an die zuständigen Behörden gewendet. Dort habe man ihnen erklärt, dass es für eine Versetzung der Container keine Veranlassung gebe. "Uns hat das fassungslos gemacht", sagt die Familie am Telefon.

Wie es morgens vor Schulbeginn und mittags nach Unterrichtsende vor Ort zugeht, davon machte sich kürzlich der DK ein Bild, das sich in dieser Momentaufnahme am ehesten als geordnetes Chaos beschreiben lässt. Tatsächlich ist der befahrbare Radweg morgens um halb acht in beide Richtungen gut frequentiert. Etliche Schüler biegen allerdings, von Osten her kommend, ab in die Passage zwischen Grund- und Mittelschule und Wasserwirtschaftsamt. Anfahrende Schulbusse entlassen ihre Fahrgäste an der Haltestelle westlich der Baustelle, wo sich eine nicht gesperrte Querungshilfe befindet. Hinzu kommen Eltern, die mit dem Pkw anhalten, um ihre Kinder aussteigen zu lassen und danach in dem ohnehin unübersichtlichen Bereich wenden, um wieder abzufahren. Irgendwie wuselt sich zu dieser frühen Stunde jeder durch, um an sein Ziel zu gelangen. An diesem Morgen klappt das offenbar ohne große Komplikationen.

Mittags entzerrt sich die Lage. Nicht alle Schüler sind gleichzeitig unterwegs. Nach Unterrichtsende warten zwei kleine Kinder unweit der gesperrten Querungshilfe am Straßenrand minutenlang auf eine geeignete Lücke im Straßenverkehr. Der ältere Junge muss das jüngere Mädchen dabei immer wieder vor dem Überqueren der Fahrbahn zurückhalten. Es bleibt auch kein Auto stehen. Erst als die Gruppe größer ist, wagt sie sich gemeinsam über die Straße. Auffällig ist die forsche Geschwindigkeit, mit der ein Kipplader mittags und trotz Tempo-30-Zone Auf der Schanz unterwegs ist. Er muss an der Baustelleneinfahrt ein aufwändiges Wendemanöver hinlegen, um rückwärts in das Baufeld zu gelangen. Zu diesem Zeitpunkt sind die meisten Schüler aber bereits in alle Himmelsrichtungen verschwunden.

Was außerdem auffällt: Die blaue Zebrastreifen-Verkehrsbeschilderung an der gesperrten Querungshilfe ist mit Folie verhangen worden. Diese ist inzwischen teilweise zerfetzt, so dass zwei der Symbole wieder halbwegs sichtbar sind. Ob hier höhere Gewalt im Spiel war, es sich um einen Zufall handelt oder so bewusst ein Zeichen gesetzt werden sollte, um gegen die Sperrung zu protestieren, darüber lässt sich an dieser Stelle nur spekulieren. Eine Mutter, die mittags mit dem Wagen ihr Kind abholt, äußert auf Nachfrage ihr Unverständnis über die Situation. Für große Aufregung bleibt aber keine Zeit. Schnell eilt sie mit dem Kind zum Auto und ist verschwunden.

Stadt reagiert auf Kritik

Stadtsprecher Michael Klarner teilt auf Nachfrage mit, OB Christian Scharpf (SPD) habe in dieser Woche die Verwaltung gebeten, einen Lösungsvorschlag zu erarbeiten, wie die Situation für Fußgänger und Radfahrer Auf der Schanz verbessert werden könne, vor allem mit Blick auf die mehrjährige Dauer der Baustelle. „Auch die Frage einer Querungshilfe wird hierbei geprüft. Entsprechende Überlegungen wurden begonnen, ein Ergebnis liegt aber noch nicht vor“, heißt es in der Stellungnahme. Scharpf sei bei seinem Termin „OB vor Ort“ am vergangenen Samstag von Bürgern auf die Lage angesprochen worden. 
Auch im zuständigen Bezirksausschuss (BZA) Mitte steht das Thema im Oktober auf der Tagesordnung, wie es kürzlich auf der konstituierenden Sitzung hieß. Offenbar haben sich auch bei dem Stadtteilgremium besorgte Bürger gemeldet. Sascha Lachner, stellvertretender Vorsitzender des BZA, zeigte am Rande der jüngsten Sitzung Verständnis für die Beschwerden, sei dies doch die dritte Baustelle in kurzer Folge hintereinander, die den Fußgängern und Fahrradfahrern im Bereich der Schule Auf der Schanz zugemutet würde, sagte er. 

 

Michael Brandl