stadtgeflüster
Baulärm war gestern

19.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:12 Uhr

(rl) Diese Ruhe!

! ! Herrlich! ! ! O. k. Man muss schon höllisch aufpassen, dass man auf einem der Übergänge vom alten zum neuen (Zwischen)Pflaster nicht ins Stolpern gerät, oder, dass man auf dem Weg zur Jägergasse oder zu dem einen oder anderen Laden auf der provisorischen Fußgängerbrücke nicht zu Fall kommt, aber ansonsten ist es dieser Tage in der Fußgängerzone geradezu idyllisch ruhig - also, den Umständen entsprechend nach idyllisch ruhig.

Letzte Woche war das noch anders. Da verstand man in der Ludwigstraße, auf Höhe des Juweliergeschäfts Christ, sein eigenes Wort nicht mehr. Geschweige denn, das anderer. Der Saugbagger vor dem Laden entpuppte sich als wahre Höllenmaschine. Ein paar Meter weiter, vor einem Optikergeschäft, atmeten wir teergeschwängerte Luft. Was soll's, dachten wir uns. Will man 2023 eine richtig schicke Fußgängerzone, muss man da durch, Basta! Zumindest haben uns die Stadtoberen das so eingeschärft.

Dann erreicht uns Montagmorgen der verzweifelte Hilferuf eines Zahnarztes, der angesichts des anhaltenden Lärms vor seiner Praxis offenbar selbst Zahnschmerzen bekam. Der Mann, ein Freund klarer Worte, analysiert die Lage messerscharf: "Wenn die Arbeiten irgendwann fertig sind, ist niemand mehr da, der die Fußgängerzone betriff. " Seine Worte - in einem DK-Artikel festgehalten - bohren sich bei den Stadtoberen ins Mark. Denn schon am nächsten Tag, dem Tag, an dem der Artikel erscheint, ist es deutlich leiser. Dabei sollte der Saugbagger, wie uns bei der Recherche gesagt worden war, eigentlich noch bis Ende Juli seine lärmintensive Arbeit verrichten.

Als wir dieser Tage offenen Auges durch die Ludwigstraße gehen, ist weit und breit kein Saugbagger zu sehen. Und auch nicht zu hören. Wir fragen uns: Ist das Ding etwa kaputt gegangen? Oder sollte gar der geplagte Zahnarzt, für unkonventionelle Machenschaften durchaus bekannt, dem Lärmmonster in einer Nacht-und-Nebel-Aktion den Zahn gezogen haben? Wohl kaum. Viel eher können wir uns da schon ein Machtwort unseres Oberbürgermeisters vorstellen, der, den DK-Artikel in der Hand, dem städtischen Tiefbauamt einen Besuch abstattete. Schließlich hat der Mann schon ohne Beschwerden von Bürgern und Geschäftsleuten über Baulärm in der Fußgängerzone genug an der Backe.

Wie wär's an dieser Stelle mit künstlicher (und schalldichter) Intelligenz? Ein von einer schalldichten Glocke umgebener Roboterbagger, der sich ähnlich dynamisch und leise wie der Mähroboter auf heimischem Rasen, stoisch durch den Untergrund gräbt. Die Abschirmung drumherum könnte gleich als Werbebanner genutzt werden - und dem Besucher der Fußgängerzone anzeigen, wo und unter Anwendung welcher Codeworte (Stichwort "tolle Baustelle") man gerade ein Schnäppchen machen kann. Futurolistische Fußgängerzonensanierung 2.0. Baulärm war gestern.