Stammzellenspende
Bastian Hummel hat seinen genetischen Zwilling gerettet

"Es kann schließlich jeden treffen"

13.11.2021 | Stand 23.09.2023, 21:47 Uhr
  −Foto: Bastian Hummel

Mühlbach - Bastian Hummel aus Mühlbach ist Stammzellenspender. Der junge Mann hat damit einen wichtigen Beitrag geleistet für das Weiterleben eines anderen Menschen. Er wird diesen zwar nie kennenlernen. Dennoch ist er froh, dass er helfen konnte - "Ich würde es jederzeit wieder tun", sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung.

 

Angefangen hatte alles mit einer Typisierungsaktion im Dezember 2007 in Berching. "Ein paar Freunde aus Mühlbach, mein Bruder und ich haben uns dort typisieren lassen", blickt Hummel zurück. Schließlich könne man im Leben selbst auch einmal in die Situation gelangen, dass man einen Stammzellenspender braucht.

Er habe danach nicht mehr weiter groß darüber nachgedacht. Weil er an einer Vergleichsstudie der DKMS teilnimmt, erhält er seit fünf Jahren alle sechs Monate einen Fragebogen. Bei Beantwortung der Fragen werde er immer an das Thema Stammzellenspende erinnert. "Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich einmal als Spender in Frage komme. Wie er von der DKMS erfahren habe, würden auch nur 1,5 Prozent aller potenziellen Stammzellenspender, die sich typisieren ließen, jemals benachrichtigt. Die meisten Patienten, etwa 30 Prozent, die eine Stammzellenspende erhalten, finden einen Spender in der Familie.

Ende August erfuhr Hummel von der DKMS, dass er einen genetischen Zwilling habe mit Blutkrebs und er ihm das Leben retten könne. "Jeder Spender hat seinen ganz persönlichen Betreuer, den Case Manager. Der berät einen top und führt ein ausführliches Informationsgespräch", so Hummel. Zu diesem Zeitpunkt könnte man noch von dem Vorhaben zurücktreten. Nach dem Gespräch fuhr Hummel zu einer Voruntersuchung in eine Klinik nach Franken mit EKG, Ultraschalluntersuchung, Aids-Test und Blutentnahme. Der Arzt des Patienten gibt dann vor, ob Knochenmark oder Stammzellen entnommen werden. In etwa 80 Prozent der Fälle werden die Stammzellen aus der Blutbahn entnommen, so auch bei Bastian Hummel. Über fünf Tage hinweg wurde ihm ein hormonähnlicher Stoff injiziert. Dieser sorgt für eine vermehrte Produktion von Stammzellen und dafür, dass diese ins fließende Blut ausgeschwemmt werden. "Man fühlt sich, als habe man eine leichte Grippe, aber man kann locker in die Arbeit gehen", blickt Hummel zurück. Weitere Nebenwirkungen seien nicht eingetreten. Als er zur Stammzellenspende in die Klinik fuhr, sei er schon ein bisschen aufgeregt gewesen. Als er jedoch die Krebskranken dort sah, gab ihm dies Mut und Kraft. Er wurde an mehrere Kanülen angeschlossen, die Stammzellen wurden herausgefiltert, dann floss das gefilterte Blut zurück in den Körper.

 

Dieser Vorgang wiederholte sich mehrmals und nach rund dreieinhalb Stunden war alles vorbei. "Es tut überhaupt nicht weh. Während der Spende habe ich mit meiner Zimmernachbarin den Eberhofer-Krimi auf DVD angesehen und wir wurden gut unterhalten", erinnert er sich. Schließlich wurde ihm noch vorsichtshalber Blutplasma abgenommen, damit das Blut des Patienten später notfalls verdünnt werden könne, danach konnte Hummel die Klinik schon wieder verlassen. Einen Tag später habe er sich prophylaktisch frei genommen, hätte aber durchaus arbeiten können, er sei nur etwas müde gewesen. Drei, vier Tage später erfuhr Bastian Hummel schließlich, dass seine Spende nach Frankreich an einen männlichen Erwachsenen ging. Vier Wochen später folgte eine Nachkontrolle. Den Mann, dem er womöglich das Leben gerettet hat, wird er wohl nie kennen lernen. Zwei Jahre lang müsse er nun noch "seinem" Patienten zu weiteren Stammzellen Abnahmezwecken zur Verfügung stehen. Er sei quasi für diesen genetischen Zwilling reserviert. Zwölf Monate nach seiner Spende erhält die DKMS eine Rückmeldung aus Frankreich mit dem Hinweis auf den Gesundheitszustand des Franzosen. Hummel dürfe ihm dann anonym und in englischer Sprache einen Brief über die DKMS zukommen lassen.

Der Mühlbacher ist froh und glücklich, dass er helfen konnte, möchte aber keinesfalls als Held dastehen, die Aktion sei für ihn selbstverständlich. Viele Betroffene seien sehr verzweifelt, weil die Wahrscheinlichkeit, einen passenden Spender zu finden, unendlich gering sei. Nur 1,5 Prozent der typisierten Personen werden überhaupt als Stammzellenspender angeschrieben.

Deswegen sei es absolut wichtig, dass sich so viele Menschen wie möglich typisieren lassen, findet er. "Wenn ich selbst in so einer Situation wäre, wäre ich auch froh, wenn mir geholfen würde." Hummel hofft jetzt, dass es seinem Zwilling gut geht. Jedenfalls denkt er seit der Spende vermehrt über Krebs nach und darüber, dass es jeden und noch dazu in jedem Alter treffen könne.

DK

 

Katrin Hradetzky