München
Barmer sieht betreutes Wohnen und Pflege-WGs kritisch

20.02.2020 | Stand 02.12.2020, 11:55 Uhr
Eine Pflegeheim-Bewohnerin hält an einem Haltegriff über ihrem Bett fest. −Foto: Tom Weller/dpa/Symbolbild

So mancher verspricht sich vom Leben in einer Pflege-WG oder im betreuten Wohnen mehr Lebensqualität als im Heim. Die Krankenkasse Barmer jedoch warnt nun: Die Versorgung sei oft schlechter. Sie fordert deshalb klare Regelungen - und Kontrollen.

Die Krankenkasse Barmer fordert mehr Transparenz bei betreutem Wohnen sowie bei Wohngemeinschaften (WGs) für Pflegebedürftige. „Diese neuen Wohnformen erscheinen für Bewohner finanziell attraktiv, allerdings bieten sie in der Qualität der Pflege nicht immer, was sie versprechen“, bilanzierte Landesgeschäftsführerin Claudia Wöhler am Donnerstag in München die Ergebnisse des Barmer-Pflegereport 2019. „Zum Schutz der Bewohner sollte mehr Transparenz über die Qualität hergestellt werden.“

Dem Report zufolge verursachen betreutes Wohnen und Pflege-WGs im Vergleich zu Pflegeheimen zwar höhere Kosten, weil sie ambulante Pflegeleistungen mit Elementen der stationären Pflege und der gesetzlichen Krankenversicherung kombinieren könnten. Dennoch sei die Versorgung der Pflegebedürftigen oft schlechter. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass stationäre Pflegeeinrichtungen nach festen Kriterien regelmäßig geprüft werden, während Pflege-WGs und Servicewohnungen ohne Qualitätsvorgaben, -prüfungen, Baubestimmungenen und Personal- und Fachkraftquoten ihre Leistungen anbieten und in Rechnung stellen können“, kritisierte die Barmer.

Die Folgen laut Pflegereport: Im Gegensatz zu den Bewohnern der neuen Pflegeformen sehen Heimbewohner häufiger ihren Hausarzt, liegen sich deutlich seltener wund und kommen weniger oft wegen Krankheiten, die auch ambulant behandelt werden können, in eine Klinik.

Die Leiterin des Bereichs Pflege des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in Bayern, Johanna Sell, berichtete: „Der MDK Bayern wird zunehmend auch mit Beschwerden von Angehörigen oder Pflegepersonen konfrontiert, die sich über die Versorgung in Pflege-WGs beklagen.“ Da es für diese keine vorgeschriebenen Qualitätsprüfungen gebe, fielen Pflegemängel eher zufällig im Rahmen von Pflegebegutachtungen oder auch bei der Überprüfung von ambulanten Diensten auf. „Hier muss der Gesetzgeber dringend nacharbeiten. Neben spezifischen Qualitätsvorgaben braucht es auch eine Rechtsgrundlage für Qualitätsprüfungen“, forderte Sell.

Laut Barmer ist etwa jede dritte Pflege-WG oder betreutes Wohnen in Deutschland in den letzten zehn Jahren entstanden. Aktuell existierten bundesweit bis zu 8000 betreute Wohnanlagen und 4000 Pflege-Wohngemeinschaften. Im Freistaat leben demnach derzeit rund 3000 Menschen in 403 Pflege-WGs. Allerdings gilt noch immer: Von den mehr als 419 000 bayerischen Pflegebedürftigen wurden nach den jüngsten Daten etwa drei Viertel zu Hause betreut.

Pressemitteilung

dpa