Ingolstadt (DK) Die Grundschule Gotthold Ephraim Lessing und die Audi Hungaria Schule in der ungarischen Partnerstadt Györ pflegen seit Längerem eine Partnerschaft. Jetzt haben sie auch offiziell Freundschaft geschlossen. Bei einer feierlichen Versammlung der Lessing-Kinder am Montag unterzeichneten Schulleiterin Klara Zug (Györ) und Rektor Michael Enzinger (Ingolstadt) eine Partnerschaftsvereinbarung. Sie sieht regen Briefkontakt und gegenseitige Besuche vor.
Das Catering-Team der Mittelschule an der Lessingstraße hat an alles gedacht: Das große Buffet, das die Zehntklässler für die Zeremonie der Grundschule aufwendig angerichtet haben, zieren sogar Serviettenstapel in den ungarischen Nationalfarben. Zwischen den Tellern und Tabletts mit den Speisen liegen Luftschlangen in Rot-Weiß-Grün und Schwarz-Rot-Gold, innig verschlungen. Die gesamte Turnhalle ist mit den Farben der beiden Länder dekoriert, aus denen die Schüler kommen, die Freundschaft geschlossen haben und sie begeistert pflegen: Deutsche und Ungarn. Die Kinder lassen diese Farben leitmotivisch verschmelzen: in ein einziges Schwarzgrünweißrotgold.
Es geht noch viel bunter zu. Weitere Nationalflaggen, von den Schülern gemalt, hängen an den Wänden: Kroatien, Türkei, Griechenland, Russland, Polen und mehr. Hier gehen Kinder zur Schule, die Wurzeln in über 30 Ländern haben; aber das ist in Ingolstadt nichts Besonderes.
Die Schulen der Stadt pflegen Freundschaften in aller Welt. Eine Grundschule war bisher allerdings noch nicht darunter. Hier sind die Lessing-Kinder Pioniere. Sie feiern die Unterzeichnung der Partnerschaftsvereinbarung mit der Audi-Schule in Györ wie ein Fest der Internationalität. Die Klasse 3d schmettert zur Begrüßung der Gäste das passende Schullied: „Aufeinander zugehen!“ Die Schüler des LessiClubs erklären euphorisch: „Wir möchten, dass sich diese beiden Länder mit unserer Partnerschaft etwas näher kommen. Denn wir sind eine bunte Gemeinschaft!“ Jubel in der Halle. „Partnerschaft heißt, dass wir zusammengehören. Schön, dass wir voneinander lernen, weil jeder anders ist.“ Wieder Jubel.
Kulturreferent Gabriel Engert ist, wie er in seiner Begrüßung betont, „ganz begeistert“ von der Freude und der Disziplin der Kinder. Schulamtsdirektor Edmund Rieger liegt die Lessing-Grundschule „besonders am Herzen“, denn er war hier Schüler und Rektor. Er ist vor Kurzem nach 30 Jahren wieder nach Ungarn gereist und hat zu seiner Freude gesehen, „wie sehr sich das Land weiterentwickelt hat“. Rieger ermuntert die Schüler: „Lernt’s die Leut’ in Ungarn kennen! Es ist ganz wichtig, dass man die Augen auch mal woanders hinwandern lässt.“
Im Juni waren bereits Grundschüler aus der Partnerstadt mit ihren Lehrerinnen in Ingolstadt zu Gast. In der Audi Hungaria Schule Györ wird Deutsch gelehrt. Schulleiterin Klara Zug und ihre mitgereisten Kolleginnen beherrschen diese Sprache perfekt. „Ich habe mich in Ingolstadt gleich zuhause gefühlt!“, sagt die Rektorin. „Ich freue mich sehr über unsere Partnerschaft und darauf, wenn Ihr uns besucht!“ Die Vereinbarung, die sie mit Lessing-Schulleiter Michael Enzinger unterzeichnet, sieht „zur Förderung des interkulturellen Verständnisses“ regen Briefkontakt der Schüler, gegenseitige Besuche sowie Hospitationen von Lehrkräften in Ingolstadt und Györ vor.
Petra Schuster, Lehrerin an der Lessingstraße, hat den Kontakt hergestellt. „Ich hatte die Möglichkeit, mit meiner Familie für vier Jahre nach Györ zu gehen und dort an der Audi-Schule zu unterrichten. Herr Enzinger hat zum Abschied gesagt: ,Bringen Sie uns was mit!“ Da sei ihr die Idee mit der Schulpartnerschaft gekommen. „Aus dieser Idee ist ein Projekt geworden“, erzählt Petra Schuster. Dass die Kolleginnen in Györ sich immer sehr lieb um sie gekümmert haben, hat sie bei der Anbahnung der Freundschaft beflügelt. Und so brachte sie ihrem Rektor und dem ganzen Kollegium („Ich bin gern an der Lessing-Schule!“) in der Tat etwas Schönes mit.
Vor der geplanten Fahrt der Ingolstädter Schüler nach Ungarn im nächsten Jahr hätten einige Eltern gewisse Bedenken, erzählt sie später: Ihre Kinder, tagelang Hunderte von Kilometern weit weg von daheim. Aber die Lehrerin kann beruhigen: „Wir alle wohnen gemeinsam in einer Jugendherberge.“
Nach 35 Minuten endet die Schulversammlung mit einem Lied zum Thema: „Wir sind anders als Ihr. Ihr seid anders als wir. Na und! Das macht das Leben bunt.“ In diesem Fall ist es ein Schwarzgrünweißrotgold.
Christian Silvester