stadtgeflüster
Bantustan Unsernherrn

08.08.2018 | Stand 02.12.2020, 15:54 Uhr
  −Foto: Johannes Hauser info@johannes-ha

(peh) Es geht doch nichts über eine richtige Tradition - mit allem, was dazu gehört: Schneidige Burschen, sittsame Deandl, die Schwarzen an der Regierung und als Krönung ein Maibaum in den Landesfarben Weiß und Blau an der Spitze.

So war's alleweil, und so sollte es auch heuer sein - dachte sich zumindest die Freiwillige Feuerwehr Unsernherrn. Denn Tradition wird groß geschrieben in der früher selbstständigen Gemeinde. Aber nicht nur die eigene, wie wir jetzt erst doch angenehm überrascht zur Kenntnis nahmen. . . Aber dafür müssen wir etwas ausholen.

Als vor Jahrzehnten das Ministerium für Eingeborenenfragen in Südafrika die Rassentrennung vorantrieb, ordnete es die Gründung von sogenannten Homelands an - angeblich selbstständigen Staaten innerhalb des Apartheidregimes, die jedoch international nie anerkannt und längst aufgelöst wurden. Eines davon was das "Bantustan Ciskei" für das Volk der Xhosa, das sich 1972 sogar eine erste eigene Flagge zulegte - in den Farben Blau und Weiß (also genau umgekehrt wie in Bayern).

Spät, aber nicht zu spät zeigt nun das Bantustan Unsernherrn seine Verbundenheit mit den Xhosa, früher etwas despektierlich mit dem Sammelbegriff "Kaffern" bezeichnet. Sogar am Maibaum manifestiert sich diese Völkerfreundschaft. Haben doch die Unsernherrner ganz oben an ihrem "Traditionsstangerl" die Flagge der früheren Ciskei gehisst! So einen Akt der Solidarität mit unterrepräsentierten Schwarzen hat es in Bayern bislang noch nie gegeben (außer als die FDP mit der CSU eine Koalition einging - das Ergebnis ist bekannt).

Inwieweit hier die Anstrengungen des scheidenden Tourismus-Managers der Stadt Früchte tragen, wissen wir leider nicht (Jürgen Amann ist Unsernherrner). Doch wie aus gewöhnlich gut informierten Kreisen zu erfahren war, soll die kulturelle Zusammenarbeit weiter vertieft werden. So sind die CSU-Mandatsträger Franz Wöhrl, Christian Siebendritt und Martin Dick schon eifrig dabei, erste Klicklaute der Xhosa-Sprache zu erlernen.

Völlig abwegig ist freilich die in diesem Zusammenhang geäußerte Vermutung, dass beim Aufstellen des Maibaums im Übermaß konsumierte Mengen utywala im Spiel gewesen sein könnten (so heißt Bier auf Xhosa). Eher neigen wir zur Theorie, dass die Unsernherrner damit auf subtile Weise zum Ausdruck bringen wollten, dass Bayern zurzeit Kopf steht. . .