Wolnzach
Banger Blick nach Übersee

Protektionismus und stetig wachsende Anbaufläche in den USA wirken sich auch auf die Hallertau aus

14.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:30 Uhr
Ein Hopfenbauer bei der Ernte −Foto: Privat

Wolnzach/Abensberg (WZ) Die Hopfenernte ist in vollem Gange – und rund um Wolnzacher liegen der würzige Hopfenduft und das Ratten und Knattern der Pflückmaschinen in der Luft. Der Hopfenwirtschaftsverband wirft in seinen aktuellen Berichten aber auch einen Blick über den Tellerrand der Hallertau hinaus.

Demnach wird weltweit auf 59 200 Hektar Hopfen angebaut. Weltweit wird heuer eine Ernte von rund 111 400 Tonnen erwartet. Sie liegt damit in etwa im Bereich des Vorjahres, aber deutlich über den 87 000 Tonnen aus der Missernte 2015. Das Wirtschaftsvolumen der Branche weltweit schätzen Experten auf 600 Millionen bis 1,2 Milliarden Euro ein. Exakter geht es nicht, weil es sich um einen sehr volatilen Markt handelt, der in hohem Maße von der Produktionsmenge und den Preisen abhängt. Bei einer durchschnittlichen Welternte wie in diesem Jahr darf man wohl einen Betrag nahe an einer Milliarde Euro annehmen. Das Wirtschaftsvolumen des Grünen Goldes in Deutschland bewegt sich nach der jüngst vorgestellten Aufstellung zwischen 220 und 450 Millionen Euro, das der Hallertau zwischen 180 und 390 Millionen Euro.

Die Nachfrage nach dem Bierrohstoff ist nach wie vor hoch. Das spiegelt sich in der Entwicklung der Flächen wider, die in praktisch allen Anbaugebieten wachsen. Seit 2014 steigt die Anbaufläche international kontinuierlich an. Zuletzt war sie 1998 größer, damals freilich mit Sorten, die nicht den Ertrag von heute abwerfen. Über 70 Prozent der Weltanbaufläche für Hopfen befinden sich in den USA und in Deutschland.

Mit 23 096 Hektar haben die US-Farmer die deutschen Bauern inzwischen überflügelt und stellen damit 39 Prozent der gesamten Weltfläche. Die US-Fläche wurde innerhalb eines Jahres um 3059 Hektar erweitert. Die 19 543 Hektar in Deutschland, ein Plus um 1526 Hektar, bedeuten rund ein Drittel. In der Hallertau sind es aktuell 16 300 Hektar, wo um die 800 Hektar eingelegt wurden. Die neue Fläche entspricht also etwa 1120 Fußballfeldern.

Weitere bedeutende Hopfenproduzenten sind Länder wie Tschechien mit 4945 Hektar (acht Prozent der Weltfläche, Flächenzuwachs 170 Hektar), Polen mit 1615 Hektar (drei Prozent, 140 Hektar) und Slowenien mit 1539 Hektar (drei Prozent, 55 Hektar). Die übrigen Länder haben zusammen 8462 Hektar Hopfenflächen (14 Prozent, 224 Hektar), so die Zahlen des Hopfenwirtschaftsverbands.

Fläche heißt auch Ernte. Mit einer Erntemenge von 45 095 Tonnen, die dieses Jahr in Übersee erwartet wird, haben demnach die US-Farmer die deutschen Pflanzer mit 39 224 Tonnen deutlich überflügelt. Der US-Produktionsanteil liegt damit bei 40 Prozent, der deutsche bei 35 Prozent. Dahinter folgen mit einigem Abstand Tschechien mit 6200 Tonnen (sechs Prozent), Polen mit 3050 Tonnen (drei Prozent), Slowenien mit 2500 Tonnen (zwei Prozent) und die übrigen Länder mit 15 376 Tonnen (14 Prozent).

Reichen die 111 400 Tonnen, die in diesem Jahr erwartet werden, aus, um die Nachfrage zu decken? Der Weltbierausstoß stagniert seit drei Jahren konstant bei knapp 2000 Millionen Hektoliter, heißt es. Das sei ein relativ hohes Niveau. Entscheidend für die Frage nach der Versorgung mit Hopfen ist der Alphawert, also der Inhaltsstoff, der den Brauwert maßgeblich bestimmt. Und hier steigen die Werte seit drei Jahren ebenfalls kontinuierlich an.

Die in den USA vor etlichen Jahren bereits gestartete Craft-Beer-Bewegung, die Biere mit relativ hohen Hopfengaben produziert, lässt den Alphabedarf weltweit ansteigen. Nicht zuletzt deshalb weist die Alphabilanz für das Braujahr 2017 zum fünften Mal in Folge ein Minus aus. Fehlten 2015 rund 1152 Tonnen, waren es nach der Katastrophenernte in der Hallertau vergangenes Jahr 3087 Tonnen. In diesem Jahr rechnen Experten mit einem Defizit von 469 Tonnen Alpha.

Die Hopfenbauern weltweit setzen ihre Hoffnungen nach wie vor auf die Craftindustrie, die im Vorjahr einen Ausstoß von 43,6 Millionen Hektoliter aufwies, was einem Marktanteil von marginalen 2,2 Prozent entspricht. 28,8 Millionen Hektoliter Craftbeer flossen allein durch die Kehlen der US-amerikanischen Bierliebhaber, das sind 13 Prozent des Gesamtausstoßes. Wenn auch ein wenig verlangsamt, hält der Trend nach wie vor an. In Deutschland hingegen scheint die Welle beim Verbraucher noch nicht angekommen zu sein. Eine Million Hektoliter entspricht einem Anteil von gerade einmal 1,1 Prozent am Gesamtausstoß.

Deutscher Hopfen ist ein bedeutendes Exportgut. Der größte Handelspartner sind die USA, weshalb die gesamte Branche hierzulande den von US-Präsident Donald Trump angekündigten protektionistischen Kurs sehr genau beobachtet. Für 29,9 Millionen Euro exportierte Deutschland im Vorjahr Hopfen in die USA, rechnet der Hopfenwirtschaftsverband vor. Im Gegenzug wurden US-Hopfen im Wert von 18,2 Millionen Euro importiert.

Als zweitwichtigster Handelspartner in der Branche gilt Russland, wohin Hopfen für 27,6 Millionen Euro geliefert wurden. Die Handelsbeschränkungen gegen Putins Russland spielen dabei keine Rolle. Weitere bedeutende Exportpartner sind Japan mit einem Handelsvolumen von 18,5 Millionen Euro, Großbritannien mit 17 Millionen Euro und China mit 13,1 Millionen Euro.