Berlin
Bahn will Kunden zurückholen

Mehr Verbindungen, dichterer Takt: Fernverkehr wird ausgebaut

18.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:31 Uhr

Berlin/München (DK) Revolution oder verspäteter Versuch, dem Kundenschwund Einhalt zu gebieten? Mit neuen Verbindungen, mehr Service und einem dichteren Takt versucht die Bahn, gegenüber der Fernbus-Konkurrenz Boden gutzumachen.

Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg sprach gestern in Berlin von der „größten Angebots- und Kundenoffensive in der Geschichte der Bahn“. Das Unternehmen will bis 2030 das Fernverkehrsangebot um 25 Prozent ausbauen und investiert zwölf Milliarden Euro in neue Züge und die Generalüberholung der Flotte. Dadurch will die Bahn 50 Millionen zusätzliche Reisende pro Jahr gewinnen.

Bahnchef Rüdiger Grube hatte bereits eingeräumt, dass das Unternehmen im vergangenen Jahr 120 Millionen Euro Umsatzerlöse durch die Fernbusse verloren hat. Heute will er seine Bilanz vorlegen. Insgesamt soll der Umsatz der Fernverkehrssparte 2014 um 1,3 Prozent auf vier Milliarden Euro gesunken, der Vorsteuergewinn um ein Drittel auf 212 Millionen Euro geschrumpft sein.

Doch nun heißt es Klotzen statt Kleckern, Qualität statt Preiskampf: Auf den Hauptverkehrsstrecken sollen die ICE-Züge künftig zweimal pro Stunde fahren. Da in den nächsten Jahren zahlreiche Neubaustrecken fertig werden, verkürzt sich vielerorts die Fahrzeit. Parallel errichtet die Bahn unter dem Namen „IC-Neu“ ein zweites Fernverkehrsnetz in der Fläche. Nahezu alle Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern werden im Zweistunden-Takt angebunden, fünf Millionen Einwohner erhalten direkten Zugang zum Fernverkehr. Unter anderem fährt die Bahn in Zukunft Fürth, Heilbronn und Siegen im Fernverkehr an. Auch Städte wie Esslingen, Iserlohn und Landshut erhalten Anschluss. Daneben etabliert die Bahn neue Direktverbindungen. Außerdem will die Bahn im Nahverkehr zahlreiche Haltepunkte – unbestätigten Berichten zufolge sind es 350 neue Stationen – zusätzlich anfahren.

Grube und seine Vorstandskollegen mussten schmerzhaft erfahren, dass die anfangs belächelten Fernbusse eine ernst zu nehmende Konkurrenz sind. Zumindest beim Gratis-Internetzugang zieht die Bahn nun nach: Im ICE gibt es ab Juni 2016 auch in der zweiten Klasse Internet umsonst. In den IC-Zügen soll Bordtechnik für Nutzung von Internet über Mobilfunk verfügbar sein.

Im neuen IC gibt es ab dem kommenden Jahr Sparpreise ab 19 Euro, die günstigen Tickets müssen zudem nicht mehr drei Tage im Voraus gebucht werden. Die Platzreservierung ist künftig im Preis inbegriffen. Neu ist zudem die Einführung einer Kurzzeit-Bahncard von drei Monaten. Fahrgastverbände und Politiker reagierten positiv auf die Ankündigung. „Auf so etwas haben wir sehr lange gewartet“, sagte der bahnpolitische Sprecher von Bündnis90/Die Grünen, Matthias Gastel, im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. „Das Konzept ist hervorragend und eine sehr große Verbesserung des Fernverkehrs“, betonte die verkehrspolitische Sprecherin der SPD, Kirsten Lühmann.

Auch in Bayern plant der Konzern zwei Fahrten pro Stunde auf der Hauptachse München-Nürnberg und schnellere Verbindungen. Ab 2018 werden die Verbindungen nach Berlin deutlich schneller: Von München um 125 Minuten, von Nürnberg um 115 Minuten. Nach Leipzig kommen die Münchner dann in 100 Minuten weniger, die Nürnberger in 115 Minuten weniger als bislang. 2022 soll München ein weiteres Mal näher an andere Städte heranrücken: Die Fahrt nach Frankfurt wird um zehn Minuten kürzer, die Strecken nach Stuttgart, Köln und Paris um eine halbe Stunde. Eine bessere Anbindung erhalten München, Nürnberg, Würzburg, Regensburg und Erlangen. Von Nürnberg aus wird es eine Direktverbindung nach Zürich geben.