Geisenfeld
Bäume sind Leben

Serie über stattliche Exemplare und kleine Wälder startet mit Geisenfelder Naturdenkmälern

25.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:27 Uhr
sdr −Foto: Zurek, Magdalena, Geisenfeld

Geisenfeld (GZ) Von Mythen umrankt, als „Luftfilter“ unabdingbar oder einfach nur schön anzuschauen: Bäume sind untrennbar mit dem Leben des Menschen verbunden. Den stattlichsten Exemplaren im Landkreis ist eine neue Serie gewidmet, die in Geisenfeld ihren Anfang nimmt.

Zunächst richtet sich der Blick dabei auf jene Schönheiten, die als Naturdenkmal bereits unter Schutz stehen – in Geisenfeld sind dies die Linde bei der Sankt-Vitus-Kirche in Geisenfeldwinden und eine Gruppe von Eichen und Ulmen in Ernsgaden sowie je ein kleines Wäldchen am Hochstadel und im Bereich der Sankt-Ulrich-Kirche in Ainau. Darüber hinaus werden auch die Jahrhunderte alten Huteeichen im Naturschutzgebiet Nöttinger Viehweide ihre ganz eigene Geschichte erzählen.

Der Schutzstatus der aktuell 51 Naturdenkmäler im Landkreis (32 Einzelbäume, zehn Baumgruppen aus zwei bis sechs Bäumen und neun Wäldchen) begründet sich mit deren Seltenheit, Eigenart oder Optik sowie mit seinem Wert für Wissenschaft und Heimatkunde. Er umfasst ein Verbot von Veränderungen (außer zur Pflege) oder Baumaßnahmen, jedwede chemische oder mechanische Beeinflussung, die Entnahme von Pflanzen oder ihren Teilen und die Vermeidung von Störungen.

Im Prinzip kann jeder einen Antrag auf Schutz für bestimmte Bäume stellen. Darüber entschieden wird nach Maßgabe der vorgegebenen Kriterien an der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes. Allein im Jahr 2016 wurde auf Wunsch von Gemeinden, Bürgern oder privaten Eignern acht neue Denkmäler ausgewiesen.

Rein botanisch betrachtet wird der Baum definiert als „ausdauernd verholzte Samenpflanze“, die eine „dominierende Sprossachse aufweist“. Klingt nicht besonders spannend. Ein Blick in Literatur und Geschichte zeigt jedoch, dass die Faszination für Bäume so alt ist, wie die Menschheit selbst. Buddha wurde der Legende nach unter einem Baum geboren, der römische Philosoph Seneca war überzeugt, ein schöner Hain sei gar in der Lage „den Glauben an eine Gottheit wach zu rufen“. Viele Indianerstämme wiesen jedem ihrer Angehörigen seinen eigenen Baum als Kraftquelle zu, an den er sich zum Meditieren und zum Sterben zurückzog. Den Germanen waren ihre Wälder heilig. Und im Christentum spielt der „Baum der Erkenntnis“ bei der Vertreibung aus dem Paradies eine wesentliche Rolle. Erich Kästner war gar überzeugt: „Mit Bäumen kann man wie mit Büchern reden“. Vor allem die Esche spielt in den Schöpfungsgeschichten verschiedener Kulturen eine Rolle. In der nordischen Mythologie werden Ask und Embla als erste Menschen genannt – erschaffen, wie ihr Name sagt, aus dem Holz von Esche und Ulme. Der griechische Dichter Hesiod beschreibt im siebten Jahrhundert, wie Zeus aus einer Esche das dritte, „eherne“ Menschengeschlecht schuf.

Die Kirsche hingegen gilt zum Beispiel in Japan das Symbol der Reinheit. In manchen Kulturen glaubt man, wer das erste Badewasser eines neugeborenen Mädels unter einen Kirschbaum gieße, der sorge für dessen künftige Schönheit. Und in der christlichen Tradition ist es schöner Brauch, am Barbaratag, also am 4. Dezember, den Zweig eines Kirschbaumes in eine Vase zu stecken. Blüht er zu Weihnachten, wird es ein segensreiches Jahr.

Die Weide ihrerseits ist eng verbunden mit einem englischen Liebeszauber, der besagt: Wer einen Schuh so in ihr Geäst wirft, dass dieser sich verfängt, wird innerhalb eines Jahres heiraten. Der Aberglaube gibt dem Probanden hierfür immerhin neun Versuche. Am Rhein war man früher überzeugt, in den rauschenden Ästen spukten die Seelen ertrunkener Schiffer.

Eichen sind vor allem als kultische Bäume bekannt. Griechische Priesterinnen vernahmen im Rauschen ihrer Blätter das Geflüster der Götter. Die Kelten hielten sie für heilig und sahen jede einzelne Eichel als von Feen beseelt. Die Eiche (keltisch „dair“) gab dem „Druiden“ seinen Namen, der einmal im Jahr mit goldener Sichel die Misteln aus ihrer Krone erntete. Ganz wie jener Miraculix, der laut Comic-Klassiker daraus seinen Zaubertrank braut. Und anders als es das Wort vermuten lasst, wird der „Lorbeerkranz“ der Turner meist aus Eichenlaub geflochten.

Die Linde ist der Lieblingsbaum der Liebenden, ritzt sich doch ein Herz mit Initialen allzu leicht in ihr weiches Holz. Doch auch Künstler wissen ihr Wesen zu schätzen – man denke an Tilman Riemenschneiders „Maria im Rosenkranz“. Franz Schubert besang die Linde und für viele Dörfer war sie der Schatten spendende Mittelpunkt für Treffen aller Art. Zu guter Letzt bleibt noch die Wirkung eines leckeren Lindenblütentees zu erwähnen.

BÄUME IN ZAHLEN

Der Landkreis Pfaffenhofen ist etwa zu 25 Prozent mit Wald bedeckt (18 000 Hektar). Zum Vergleich: Der bayernweite Durchschnitt liegt bei 37 Prozent. Weltweit sind rund 30 Prozent der Festlandmasse bewaldet.

Pro Hektar binden Waldbäume dabei bis zu 20 000 Tonnen organischen Materials. Sie sind damit der größte Biomasse-Speicher der Kontinente – und so von allergrößter Bedeutung für eine ausgewogene Kohlendioxid-Bilanz.

Zudem dienen sie lebend und im Sterben vielen Arten als Lebensraum – von Vögeln, Kleinsäugern und Insekten bis hin zu Moosen, Flechten und auch Pilzen.

Der älteste Baum der Welt findet sich im Nationalpark Fulufjället im schwedischen Dalarna. Es handelt sich um eine 9550 Jahre alte Fichte, der man den Kosenamen „Old Tjikko“ gegeben hat. | zur