Baby geschüttelt: Drei Jahre Haft

25.10.2007 | Stand 03.12.2020, 6:24 Uhr

Aichach (SZ) Weil er seine Tochter so sehr geschüttelt hat, dass das Kind bleibende Schäden zurück behält, muss ein 23-jähriger Industriemechaniker drei Jahre in Haft. Der Staatsanwalt sagte, "es war fast versuchter Mord".

Wie sehr muss eine Mutter leiden, die ein Jahr von ihrem Baby getrennt wird, weil die Ermittler nicht ausschließen können, dass sie womöglich ihr Kind misshandelt hat? Weil der wahre Täter eisern schweigt? Bis zum Prozess musste eine junge Aichacherin warten, um endlich genau zu erfahren, was ihr ehemaliger Lebensgefährte mit der gemeinsamen Tochter anrichtete, als diese gerade einmal drei Monate alt war. Im Abstand weniger Tage hatte er sie zweimal geschüttelt. Hirnblutungen, abgestorbene Gehirnareale, bleibende Schäden an Körper, Geist und Verhalten sind die Folgen für das Mädchen. Die für den Vater sind drei Jahre Haft. Er sei "mit der Gesamtsituation überfordert" gewesen, suchte der Angeklagte sein Verhalten zu erklären. Das konnten in der Verhandlung vor dem Aichacher Amtsgericht weder Staatsanwalt Thomas Konopka noch Richter Dieter Gockel nachvollziehen.

Das Baby schlief nachts durch und die Oma half täglich mit. Das Motiv dafür, dass der Industriemechaniker sein Töchterchen schüttelte, als er kurz mit ihm alleine war, sei eher darin zu suchen, dass er eifersüchtig gewesen sei. Der Täter habe, so Gockel, in seiner Jugend nicht viel Wärme erfahren und sei deshalb gefühlsarm. Schlimm genug, dass er bei seinem Baby Hirnblutungen und deshalb Schäden verursachte, deren Ausmaß bei dem mittlerweile dreijährigen Mädchen noch gar nicht abzusehen ist. Überdies sah er tatenlos zu, wie Ärzte und Ermittler verzweifelt nach der Ursache für die schweren Verletzungen forschten. Er ließ zu, dass sein Kind aus dem Krankenhaus zu einer Pflegemutter entlassen wurde, dass die leibliche Mutter es ein Jahr lang nur ab und zu in den Arm nehmen durfte, bis er endlich gestand. Extrem belastend und prägend sei das für die beiden gewesen.

Ist allgemein bekannt, dass man einen Babykopf besonders sensibel handhaben muss? Das hatte der 23-jährige Industriemechaniker bestritten. "Mir war definitiv nicht klar, wie krass die Folgen sein können. Mir tut wahnsinnig leid, was passiert ist", sagte er. Sein Verteidiger Clemens Bregelmann hatte darauf hingewiesen, dass es an "Aufklärung des Mannes" gemangelt habe. Der 23-Jährige aber werde bestimmt nicht wieder kriminell, deshalb könne man die Strafe zur Bewährung aussetzen. Staatsanwalt Konopka betonte, der Angeklagte habe die Hemmschwelle, die jeder normale Mensch habe, wenn er ein Kind anfasse, verloren. Er habe sich nicht nur einer Körperverletzung schuldig gemacht, sondern der Kleinen so roh zugesetzt, dass von Misshandlung zu sprechen sei und fast schon von versuchtem Totschlag. Bereits nach dem ersten Schütteln habe der Vater gewusst, dass er etwas Schlimmes getan habe.

Das Baby habe blaue Flecke gehabt. Oma und Mutter hätten nach deren Ursache gefragt. Er habe sich beim Kinderarzt erkundigt, der eine Schwellung des Kopfes festgestellt hatte, und gewusst, dass sein Schütteln dafür ursächlich gewesen sei. Trotzdem misshandelte er das Kind ein weiters Mal. Darum, und auch wegen der noch dramatischeren Folgen, wiege die zweite Tat noch schwerer. Er forderte drei Jahre und zehn Monate Haft nach Erwachsenenstrafrecht. Gockel milderte ab, wandte Jugendstrafrecht an, weil der Vater beim ersten Ausraster noch keine 21 Jahre gewesen war.