Axel Formeseyn - Mittendrin statt nur dabei

13.04.2011 | Stand 03.12.2020, 2:56 Uhr

Buchautor und HSV-Fan: Axel Formeseyn - Foto: oh

Hamburg (DK) Fußball-Kultur, Teil II: Die Lesung mit dem Ruhrpott-Literaten Ben Redelings kam vor fünf Monaten bestens an, nun haben die Macher des "19er Alu-Fußballstammtischs" einen Gast aus dem hohen Norden nach Ingolstadt gelockt. Morgen wird der Hamburger Autor Axel Formeseyn in Ingolstadt aus seinem Buch "Voll die Latte – Mein Fußball-Tagebuch" vorlesen.

Beginn der Veranstaltung in den Räumen der ehemaligen Ganghoferschen Buchhandlung an der Donaustraße ist um 21 Uhr (Einlass 19.30 Uhr). Unser Redakteur Stefan König hat sich mit dem HSV-Fan Formeseyn über sein Leben mit dem Traditionsklub und vier aufregende Jahre unterhalten.
 
Herr Formeseyn, Sie gehörten vier Jahre lang dem Aufsichtsrat des HSV an – und das als Fan. Wie haben Sie das geschafft?
 

Axel Formeseyn: Da steckte überhaupt keine konspirative Aktion dahinter. Ich konnte als Fan noch nie meine Klappe halten und hatte deshalb in der Szene meinen Ruf weg. Da der HSV von seiner Satzung her und dank des Engagements des mittlerweile 18 Jahre alten Supporters Clubs immer noch ein sehr basisorientierter Verein ist, habe ich mich als ganz normales Mitglied für den Aufsichtsrat beworben, um Vereinspolitik aktiv mitzugestalten.

Was war Ihr Programm?

Formeseyn: Die anderen Kandidaten haben solch hanebüchene Sprüche losgelassen wie: "Wenn Sie mich wählen, dann sind wir in zwei Jahren auf Augenhöhe mit den Bayern." Ich habe versucht, das Ganze nicht zu hoch zu hängen, stattdessen über Vereinskultur und Identifikation gesprochen. Kam offensichtlich besser an.

Wie fiel Ihre Bilanz nach den vier Jahren aus?

Formeseyn: Es war eine spannende Zeit, aber ich habe nicht so viel erreicht, wie ich mir vorgenommen hatte. Den jetzt ehemaligen Vorstandsboss Bernd Hofmann hätte man auch schon vor drei Jahren loswerden können, da hätte man sich einiges an Ärger ersparen können. Besonders diese internen Abhängigkeiten und Machtspiele haben mich wirklich ein wenig geschockt. Irgendwann hieß es in den Medien einmal: Ich sei betrunken im Stadion gewesen. War ja nicht unbedingt gelogen, nur: Wen interessiert das, ob Axel Formeseyn zwei Bier im Stadion trinkt? Wer nicht mit der Masse geschwommen ist, musste sich eben auch mit schmutzigen Kampagnen auseinandersetzen.

Gibt es etwas, das Sie erreicht haben und auf das Sie immer noch ein wenig stolz sind?

Formeseyn: Vor ein paar Jahren sollte die Fußballabteilung aus dem Hauptverein ausgegliedert werden. Viele Fans und Supporters haben sich dagegen ausgesprochen und zum Glück diesen Plan verhindert. So darf bei uns nun das stinknormale Mitglied weiter den Aufsichtsrat wählen und aktiv im und am Verein mitwirken. Dieses Mitbestimmungsrecht ist ein so hohes Gut, für das es sich immer zu kämpfen lohnt. Dies verleiht dem HSV – bei allen Problemen, die Basisdemokratie bei einem ambitionierten Bundesligaklub mit sich bringt – im Vergleich zu vielen anderen Vereinen auch ein Stück Authentizität.

Nach den Attacken gegen Bayern-Präsident Uli Hoeneß hat das Thema "Fans und ihre Macht" eine neue Dimension erreicht. Ist die Ultra-Gruppe mit Ihren Spruchbändern zu weit gegangen?

Formeseyn: Ich kann mir gut vorstellen, was in ihnen vorgeht. Aber um tatsächlich etwas zu erreichen, ist die Gruppe wohl einfach zu klein und hat zu wenig Rechte. Der FC Bayern ist doch meilenweit davon entfernt, ein basisdemokratischer Verein zu sein. Wenn ich schon an deren Aufsichtsrat inklusive Ede Stoiber und Co. denke! Aber dem Großteil der Bayern-Fans scheint das doch total egal zu sein, was drumherum passiert. Hauptsache, der sportliche Erfolg stimmt. So denken auch bei uns in Hamburg leider immer noch zu viele. Für mich dagegen ist Fußball mehr als nur ein 1:0 oder 1:1. Sehen Sie, ich würde mit dem HSV schon gerne mal wieder Deutscher Meister werden, statt immer nur irgendwelche Holsten Cups in der Vorbereitung abzuräumen. Doch wenn der Preis dafür der ist, dass es nur noch um Notierungen an der Börse geht, irgendwelche Wirtschaftsbosse die Geschicke meines Klubs bestimmen, Eintrittskarten 100 Euro kosten und ich zu all dem Ja und Amen sagen soll, dann ist mir der Preis einfach zu hoch.
 

Karten gibt's im Vorverkauf in der Bar Centrale (Donaustraße), im Café Tagtraum (Paradeplatz), in Sigis Bistro (Kreuzstraße) und im Gasthaus zur Schwalbe (Am Pulverl).