Pfaffenhofen
Autsch, das ging ins Auge

Sieben Verletzte, als ein 59-Jähriger beim Manchinger Faschingsumzug eine Bierflasche mit einer Pfefferspraydose öffnen will - Verfahren eingestellt

14.08.2018 | Stand 25.10.2023, 10:31 Uhr

Pfaffenhofen (PK) Sitzt da auf der Anklagebank ein sadistischer Faschingsmuffel, der anderen den Spaß an der Freude vermiesen wollte?

Liest man die Polizeimeldung vom 11. Februar, drängt sich der Eindruck auf: Während des Manchinger Umzugs am 11. Februar "soll ein 59-jähriger Ingolstädter um kurz vor 15.30 Uhr ein Pfefferspray in die Zuschauer gesprüht haben". Die Ingolstädter Staatsanwaltschaft wirft ihm gefährliche Körperverletzung vor. Das sei gar keine Absicht gewesen, sagt dagegen Horst F. (alle Namen geändert).

Die ganze Sache sei ihm sehr zu Herzen gegangen, sie tue ihm sehr leid, und er habe ein schlechtes Gewissen. Der Ingenieur war an jenem Sonntag mit seiner Freundin nach Manching gefahren, um Spaß zu haben. Das regnerisch-trübe Wetter hatte er mit Alkohol aufgehellt. Wie viel er denn getrunken habe, fragt ihn Amtsrichter Michael Herbert. "So zwei, drei Bier", sagt der Angeklagte. Die Lücken zwischen diesen "zwei, drei Bier" muss Horst F. allerdings mit Hochprozentigem aufgefüllt haben, denn anders sind die gut zwei Promille nicht zu erklären, die die Polizei bei der Blutprobe ermittelt hatte.
Wie auch immer: Gegen halb vier bekam Horst F. erneut Durst. Den wollte er mit einer Flasche Bier stillen. Manche Menschen haben für den Kronkorken einen Flaschenöffner am Schlüsselbund, der Ingenieur versuchte es mit einer Pfefferspraydose, die er in der Jackentasche dabei hatte. Eigentlich, sagt der Angeklagte, sei das seine Jogging-Jacke. Und da habe er immer das Pfefferspray dabei, weil er beim Laufen mal von einem Hund angefallen worden sei. Warum er jetzt ausgerechnet diese Jacke für den Umzug übergestreift hatte, weiß er auch nicht mehr. Schon öfter habe er mit der Spraydose erfolgreich eine Flasche geöffnet, aber diesmal ging der Versuch im wahrsten Sinn des Wortes ins Auge: Das ausströmende Reizgas verletzte nicht nur ihn, sondern noch sieben weitere umstehende Personen. Drei mussten im Ingolstädter Klinikum behandelt werden. Sie sind bei der Verhandlung als Zeugen geladen.
Die 17-jährige Anna erinnert sich deutlich an den Angeklagten. Er habe neben ihr gestanden. Dabei habe sie die Spraydose in seiner Jackentasche bemerkt. Das bestätigt auch die zwölfjährige Marie. Sie weiß noch, dass der Ingenieur ihr geholfen hatte, die Süßigkeiten am Faschingsumzug einzusammeln. Und sie erinnert sich, dass Horst F. vor ein paar Wochen plötzlich vor ihrer Haustür gestanden sei, sich entschuldigt und ihr quasi als Trostpflaster 100 Euro angeboten habe. Aber das hätten ihre Eltern abgelehnt. So billig soll Horst F. nicht davonkommen. Sie wollen ein Schmerzensgeld.
Amtsrichter Herbert lässt den Angeklagten billig davon kommen. Ohnehin handle es sich hier nicht um eine gefährliche, sondern um eine fahrlässige Körperverletzung. Er stellt das Verfahren gegen eine Geldauflage von 900 Euro zugunsten einer gemeinnützigen Organisation ein. "Das war eine Riesendummheit", sagt der Angeklagte reumütig, "aber ich kann die Zeit nicht zurückdrehen. " Und im übrigen sei er ja am meisten geschädigt worden. Denn als ihn die Polizei festnahm, habe er sich erst nach zwei Stunden die Augen auswaschen können.

Albert Herchenbach