Auto-Zulieferer schließen: 270 Jobs weg

02.09.2009 | Stand 03.12.2020, 4:41 Uhr

Leere herrschte bereits gestern vor den Toren des Autohimmel-Herstellers Autoform in Elsendorf. Das Werk wird spätestens im kommenden Jahr geschlossen. - Foto: oh

Kelheim (rat/DK) In der Auto-Zulieferindustrie im Kreis Kelheim gehen etwa 270 Arbeitsplätze verloren. Denn die Werke des Sitze-Herstellers Faurecia in Bad Abbach und des Autohimmel-Produzenten Autoform in Elsendorf werden stillgelegt. Das erklärten gestern die Betriebsräte beider Firmen.

Beim französischen Autositze-Hersteller Faurecia in Bad Abbach sind von der Werksschließung rund 155 Mitarbeiter betroffen. Das teilte gestern ein Mitglied des Betriebsrates, das nicht namentlich genannt werden wollte, auf Anfrage des DONAUKURIER mit. Die niederbayerische Produktionsstätte gehört zum Peugeot-Konzern. Die an der Bundesstraße 16 gelegene Firma hatte die Produktion im Jahr 1986 aufgenommen. Nach Auskunft des Betriebsrates waren dort zu Spitzenzeiten rund 650 Mitarbeiter plus 30 Leiharbeiter beschäftigt gewesen.

In Bad Abbach sind Sitze für den 3er und den 5er BMW produziert worden. Nach Angaben des Betriebsrates begann der Niedergang des Werkes bereits im Jahr 1999. Damals habe Bad Abbach den Auftrag für den 3er BMW verloren. Ab diesem Zeitpunkt sei der Mitarbeiterstamm kontinuierlich verringert worden. Zuletzt habe man mit 155 Angestellten täglich 320 Sitz-Garnituren – also Fahrer- und Beifahrersitz sowie die Rückbank – für den 5er BMW produziert.

Laut Betriebsrat hat sich Faurecia in Bad Abbach auch um die Herstellung der Sitze für den 6er und den 3er BMW bemüht, habe die Aufträge aber nicht erhalten. Nun laufe auch der Auftrag für den 5er BMW aus, da dieses in die Jahre gekommene Modell nicht mehr gebaut werde. Für den Nachfolgetyp stelle BMW die Sitze selbst her, bedauerte der Arbeitnehmer-Vertreter. Deshalb werde das Werk in Bad Abbach gegen Jahresende komplett abgewickelt. Dies habe die Geschäftsführung am Montag verkündet.

Der zum spanischen Konzern Grupo Antolin gehörende Automobilzulieferer Autoform in Elsendorf wird dagegen wohl erst Mitte nächsten Jahres schließen. Davon setzte die Konzernspitze die Belegschaft gestern Mittag im Rahmen einer Betriebsversammlung in Kenntnis. Betroffen sind 120 Arbeitnehmer, die Dachhimmel vorwiegend für BMW fertigen. Ausschlaggebend für die Entscheidung des Mutterkonzerns sind mangelnde Folgeaufträge aufgrund der anhaltenden Krise auf dem Automobilmarkt und eine geringe Auslastung des Werkes. Einen Anschlussauftrag für den Dachhimmel des neuen 5er BMW im nächsten Jahr vergaben die Spanier nach Tschechien.

"Für uns kam die Entscheidung nicht unerwartet, aber wir sind dennoch maßlos enttäuscht", kommentierte die Betriebsratsvorsitzende Margit Frenzl-Merkl die Stimmungslage unter ihren 120 Kollegen.

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"Wir sind maßlos

enttäuscht."

Margit Frenzl-Merkl,

Betriebsratsvorsitzende

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Seit Wochen kämpft die Belegschaft um den Erhalt der Arbeitsplätze. Höhepunkt der Aktionen war eine gemeinsame Großdemonstration in Abensberg im Juli zusammen mit den Kollegen von Faurecia.

Der Autoform-Betriebsrat und die IG Metall waren im Kampf um ihre Arbeitsplätze sogar vor das Arbeitsgericht Regensburg gezogen. Sie klagten dort auf Einhaltung des im Jahr 2006 geschlossenen Haustarifvertrags. Dieser hatte ihnen den nächsten Folgeauftrag der Grupo Antolin zugesagt – der nun jedoch nach Tschechien geht. Die Klage vor dem Arbeitsgericht Regensburg scheiterte an Formalien, worauf Betriebsrat und Gewerkschaft Berufung beim Landesarbeitsgericht in München eingelegt hatten. Ein Urteil dort steht noch aus.

Im Namen der Grupo Antolin machte der neue Geschäftsführer vor Ort, Klaus Festerling, dem Betriebsrat das Angebot, zügig in Verhandlungen für einen Sozialplan einzutreten. Sollte hier eine Einigung erzielt werden, könnten die Lichter in dem Elsendorfer Werk sogar noch in diesem Jahr ausgehen.

Der Kelheimer Landrat Hubert Faltermeier (Freie Wähler) zeigte sich enttäuscht über die Nachricht der Schließungen der beiden Autozulieferer-Werke. Sein Bedauern gelte in erster Linie den 270 betroffenen Arbeitnehmern sowie ihren Familien, teilte er mit.

Bis zuletzt hatte sich Faltermeier zusammen mit den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden und Landespolitikern aus mehreren Parteien für einen Erhalt der beiden Werke und der damit verbundenen Arbeitsplätze in der Region eingesetzt. Zu einer Konferenz der Autozulieferbetriebe hatte der Landrat im Frühjahr Vertreter der Autozulieferer, der Gewerkschaften und Betriebsräte sowie Bürgermeister eingeladen, um die drohenden Schließungen abzuwenden.

In einem gemeinsamen Schreiben an den bayerischen Staatsminister für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, Martin Zeil (FDP), informierte der Landrat über die Besorgnis erregende Situation der ansässigen Autozulieferer-Betriebe und bat um Unterstützung für den Erhalt der beiden Werke.

"Um so herber ist nun die Enttäuschung über die jetzige Entscheidung, dass trotz aller Bemühungen der Politik und erhebliche Vorleistung der Belegschaft die Schließung nicht abgewendet werden konnte", erklärte Faltermeier. Die Entscheidung von BMW sei für ihn schwer nachvollziehbar: "Ich sehe die Entwicklung mit Sorge und appelliere an BMW, dezentrale Autozulieferer nachhaltig zu unterstützen. BMW erwartet, dass ihre Fahrzeuge auch im ländlichen Raum Absatz finden", erklärte der Landrat gestern am Nachmittag in einer Pressemitteilung.