Ingolstadt
Ausspannen ohne Nebenkosten

Wer ein naturnahes Erholungsgebiet für die ganze Familie sucht, ist in der Mailinger Aue gut bedient

12.08.2020 | Stand 23.09.2023, 13:30 Uhr
Badespaß ohne Massenandrang: Am Biendlweiher im Stadtteilpark Mailinger Aue fühlen sich Familien wohl. −Foto: Hammer

Ingolstadt - Ruhe und Erholung in der Natur, ohne großen Trubel, mit familienfreundlichem kleinen Badestrand, wer so etwas in nächster Nähe sucht, der sollte sich mal zwischen Mailing und der Donau umschauen - um dann zu staunen, was hier neben der Müllverbrennungsanlage innerhalb von 20 Jahren entstanden ist.

Die Mailinger Aue mit dem Biendlweiher ist so etwas wie ein Geheimtipp unter den Ingolstädter Stadtteilparks.

"Den haben die Ingolstädter gar nicht so auf dem Schirm", weiß Bernadette Schell, die sich an einem dieser heißen Sommertage schon am Morgen mit den beiden Enkeln nach Mailing aufgemacht hat. Während die Schanzerin es sich auf dem feinen Kiesstrand bequem macht, toben Hannah (3) und Paul (5) schon ein paar Meter entfernt im Wasser. "Wir wollten eigentlich nur spazieren gehen, das hat sich heute so ergeben. " Die drei seien schon öfter hier gewesen, "weil's einfach nett ist" und auch später am Tag nicht so überlaufen.

Ein gebürtiger Mailinger, der jetzt mit der Familie in München wohnt, hat seinen Urlaub corona-bedingt zu den Großeltern in die alte Heimat verlegt. "Ich kenne den Weiher noch aus der Zeit, als hier das Kieswerk war", erzählt er und macht sich badefertig, "umso schöner ist es jetzt. " Seine beiden sechs- und neunjährigen Buben spielen noch auf der Decke, die Mama zeigt derweil draußen auf dem Wasser, dass sie eine geübte Stand-Up-Paddlerin ist.

"Wir wollten nach Italien", sagt sie später, als sie zurück am Kiesstrand ist, aber ihnen ging es wie so vielen anderen Urlaubern, die wegen der Pandemie vorsichtshalber umgeplant haben. "In diesem Jahr werden eben alle Großeltern ausgiebig besucht, länger als sonst. " Und dass hier auf dem Grundstück neben dem Badesee eine Müllverbrennungsanlage auf Hochtouren läuft, "davon kriegt man kaum etwas mit".

Tatsächlich ist die MVA, die ja nicht nur mit dem Restmüll der ganzen Region beliefert wird, für die Badegäste optisch kaum noch wahrnehmbar, so hoch hat sich mittlerweile die Naturkulisse rund um das Gewässer der einstigen Kiesausbeutung aufgebaut. Nur ab und zu hört man ein fernes Grollen und Rauschen, das wohl von den MVA-Ladegeräuschen kommt.

Der Westen Ingolstadts für die guten und teuren Wohnlagen, für Natur und Erholung, der Osten für die nun einmal unvermeidlichen Nebenwirkungen des industriellen Wohlstands, für Autobahn, Kraftwerk, Müllentsorgung und Kläranlage - diese ungerechte Aufgabenteilung sollte lange Bestand haben in Ingolstadt. Da glaubte wohl der langjährige OB Peter Schnell zum Ende seiner Amtszeit nicht ohne Grund, dem Ortsteil Mailing-Feldkirchen noch etwas schuldig zu sein. Heraus kam dieser Stadtteilpark Mailinger Aue.

Das Areal wurde im Mai 2000 an die Bürger übergeben. Der OB schickte damals ein etwas blumiges, aber irgendwie doch treffendes Geleitwort hinterher: "Nach einem hektischen Arbeitstag oder auch am Wochenende ist es eine Wohltat, im Grünen, umgeben von Wiesen und Bäumen, spazieren zu gehen oder mit den Kindern im Freien zu spielen. "

Der Ruheständler Wolfgang Soutschka (70) hat zwar die Zeit der hektischen Arbeitstage längst hinter sich, doch den Erholungswert der Mailinger Aue weiß er als Anwohner sehr zu schätzen. Er ist hier jeden Tag mit Hündin Momo unterwegs. Während der Badesaison darf Momo allerdings nicht ins Wasser. "Das ärgert mich schon ein bisserl", gesteht Soutschka, der das Verbot eigentlich nicht für notwendig hält. Ein anderes, staatlich angeordnetes Verbot ist offenbar noch nicht zu vielen Bürgern vorgedrungen, wie der DK am Wochenende berichtete. Wegen Corona darf derzeit nicht öffentlich gegrillt werden. Die Hinweistafeln am Mailinger Stadtteilpark wissen davon nichts, sie weisen wie gewohnt mit rot schraffierten Plänen auf die Grillzonen hin.

DK

Reimund Herbst