Ingolstadt
Außergewöhnliche Passion

Musikalischer Kreuzweg mit dem Ingolstädter Motettenchor

31.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:27 Uhr
Stimmgewaltiger Auftritt: Der Ingolstädter Motettenchor unter der Leitung von Eva-Maria Atzerodt in der Antonskirche. −Foto: Weinretter

Ingolstadt (DK) Passion war das Thema des Abends in jeder Hinsicht: Der Ingolstädter Motettenchor präsentierte in der Antonskirche ein beeindruckend ausgewähltes Programm, das als musikalische Passion gestaltet war. Chorleiterin Eva-Maria Atzerodt hatte das Programm für den Konzertabend mit viel Geschick gewählt. Sie kombinierte einzelne Stücke von vor allem modernen Komponisten so, dass sie den Leidensweg Jesu nachzeichneten, und platzierte am Ende des Abends ein Requiem - ein dramaturgisch perfekt gelungener Spannungsbogen.

Den Beginn der Passion Christi machte der Chor mit "Tristis est anima mea" des Barockkomponisten Johann Kuhnau: Ein melancholischer Einstieg, der den Leidensweg Jesu ankündigt. Mit Francis Poulencs "Timor et tremor" präsentierten die Sängerinnen und Sänger einen flehentlichen Zwischenruf um Erbarmen, der viele Facetten zeigte: Von einem starken, kraftvoll rufenden Beginn, wechselte der Chor mit Leichtigkeit in warme Harmonien, die sich im Verlauf der modernen Psalmvertonung wieder verkanteten und sich als sperriges Bitten in die Ohren der Zuhörer bohrten.

Mit dem Responsorium "Libera me" aus der kirchlichen Begräbnisfeier setze das Ingolstädter Vokalensemble den Wunsch um Erlösung vor dem ewigen Tod fort. Bei der Vertonung des ungarischen Komponisten Lajos Bárdos zeigte der Chor exaktes rhythmisches Gespür, klare Absprachen des Textes und beeindruckende Stimmgewalt. Anschließend nahmen sich die Sängerinnen und Sänger der verzweifelten Frage Jesu an: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" Die musikalische Umsetzung eines dieser sieben letzten Worte Jesu aus der Feder des Ungarn György Deák Bárdos setze der Chor aufbäumend, aber auch warm und flehend um.

Musikalischer Höhepunkt des Abends war aber sicherlich das "Stabat mater" des Norwegers Knut Nystedt. Beim Leiden der Mutter Jesu beim Kreuz ihres Sohnes begleitete die Cellistin Andrea Riemer den Motettenchor. Die mächtigen Verzweiflungsrufe des Ensembles wechselten sich mit leise klagenden, sich schier endlos wiederholenden Passagen im Cello ab. Dabei ergaben sich immer wieder Dissonanzen zwischen Chor und Cello, die die Leidensgeschichte noch unangenehmer hörbar machten. Die virtuosen, fast konzertanten Cellopassagen, die Andrea Riemer beeindruckend ausdrucksstark meisterte, zeigten die Aufgewühltheit über die eindringliche Klage des Motettenchors.

Den dramaturgischen Schlusspunkt des Konzertes setzte Maurice Duruflés "Requiem op. 9". Begleitet von Evi Weichenrieder an der Orgel beendete der Ingolstädter Motettenchor damit die Passion Christi. Die oft einstimmig in der Art eines gregorianischen Chorals vorgetragenen Chorpassagen standen im Kontrast zur fast selbstständigen Orgelbegleitung. Insgesamt gestalteten die Sängerinnen das Requiem schlicht und introvertiert, sodass die stimmgewaltigen Höhepunkte zum Beispiel im "Domine Jesu Christe" oder im "Sanctus" umso stärker kontrastierend und beeindruckend wirkten.

Bei den Solopassagen im "Kyrie" und "Libera me"-Ruf wurde der Motettenchor von Profi-Bariton Diogo Mendes unterstützt. Die innige Bitte um die ewige Ruhe des "Pie Jesu" übernahm die Sopranistin Agnes Preis und gab mit Andrea Riemer am Cello ein anrührendes Duett. Mit dem Hymnus "In paradisum" beendete das Ensemble das Requiem und den doch etwas langen Konzertabend mit dem Wunsch der Erlösung feierlich.

Regina Greck