Ingolstadt
Ausdruck eines nationalen Gewissens

Gedenkfeier zum Volkstrauertag am Mahnmal im Luitpoldpark: Aufruf zu Frieden und Verständigung

18.11.2018 | Stand 23.09.2023, 5:00 Uhr
Im stillen Gedenken an die Opfer von Kriegen und Gewalt: OB Christian Lösel und Vertreter von Bundeswehr und Zivilgesellschaft. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Mit einem eindringlichen Appell, alles dafür zu tun, um den Frieden zu bewahren, gedachte die Stadt am gestrigen Volkstrauertag der Millionen Opfer von Krieg und Gewalt. An der Gedenkstätte im Luitpoldpark wie auch in den meisten Ingolstädter Ortsteilen wurden Kränze niedergelegt.

Wie jedes Jahr hatte die Gedenkfeier auch heuer einen würdevollen, dem Anlass gemäßen Rahmen. Fahnenabordnungen mehrerer Vereine und Verbände, eine Ehrenformation der Bundeswehr, die drei Bürgermeister, Stadträte und Ingolstädter Bürger waren der Einladung zum Volkstrauertag gefolgt.

Der evangelische Dekan Thomas Schwarz erinnerte an das Kriegsende vor 100 Jahren und an die Millionen Toten, Verwundeten und Invaliden. "Fortschritt und Technik haben sich in ungeahntem Ausmaß gegen den Menschen gewandt", sagte er. "Sie erweitern die Möglichkeiten des Menschen, aber nicht nur zum Guten." Und dann, wenige Jahrzehnte später, noch mehr Opfer im Zweiten Weltkrieg. Seitdem herrsche in Europa weitgehend Frieden, doch gebe es immer noch viele Kriege auf der Welt, erklärte Schwarz unter Hinweis auf die Konflikte in Syrien, Afghanistan oder in der Ukraine und die vielen Flüchtlinge weltweit.

"Jedes Jahr am Volkstrauertag werden es mehr Menschen, derer wir gedenken müssen", betonte Schwarz. Doch wegen des großen zeitlichen Abstands zu den Weltkriegen falle es immer schwerer, sich davon berühren zu lassen. "Aber die Menschen sind nicht anders geworden", sagte der Dekan: Verführbarkeit gebe es bis heute, und davor könne sich keiner schützen. Daher sei der Volkstrauertag umso wichtiger, bilde er doch die Formulierung des Anspruchs auf ein friedliches Miteinander ohne Krieg. Die Christen, so der Dekan, haben den Glauben und die Sehnsucht nach Frieden schon in ihrem Glauben verankert. Und für die Nicht-Christen erinnerte er an Mahatma Gandhi: "Es gibt keinen Weg zum Frieden, der Frieden ist der Weg."

Auch OB Christian Lösel erinnerte an die vielfältige Trauer und die Verantwortung für den Frieden, die jeder einzelne trage. Er zitierte den letzten Heeresbericht vom November 1918, der in wenigen, dürren Zeilen das Schweigen der Waffen verkündete. Der Erste Weltkrieg sei eine Zäsur gewesen, so der OB. "Der Tod kam als Ingenieur", sagte Lösel unter Hinweis auf die unglaublichen Materialschlachten dieser "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts", wie viele Historiker diesen 1918 endenden, vierjährigen Krieg bezeichnen: Zehn Millionen tote Soldaten, fast sieben Millionen tote Zivilisten, etwa drei Viertel der damaligen Erdbevölkerung war vom Ersten Weltkrieg betroffen. Der OB erinnerte weiter an die ersten Volkstrauertage in der Weimarer Republik mit dem Ziel der gemeinsamen Trauer als Ausdruck eines nationalen Gewissens. Doch auch nach dem Zweiten Weltkrieg mit 55 Millionen Toten gab es hunderte weitere Konflikte bis in die Gegenwart.

Angesichts dieser bestürzenden Zahlen rief der OB zu Toleranz, Humanität und einem Bekenntnis für die freiheitlich-demokratische Grundordnung auf. Versöhnung und Verständigung müssten das Ziel sein, so Lösel, der auch die zehn Partnerstädte Ingolstadts einen Beitrag zur Völkerverständigung nannte. "Tun wir alles dafür, gemeinsam den Frieden zu bewahren", schloss der OB seine Ansprache.

Neben Schwarz und Lösel lasen auch zwei Schülerinnen kurze Texte vor. Die musikalische Gestaltung lag beim Ingolstädter Blasorchester sowie bei den Schanzer Don-Kosaken. Die zentrale Gedenkfeier am Mahnmal im Luitpoldpark endete mit dem Lied vom "Guten Kameraden", 1809 von Ludwig Uhland in Tübingen gedichtet, sowie mit der Bayernhymne und dem Deutschlandlied.

Bernhard Pehl