Aus Süditalien zum Münchner Mega-Flohmarkt

18.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:06 Uhr

Dicht an dicht standen am Samstag die Verkaufsstände von Bayerns größtem Flohmarkt auf der Theresienwiese. - Foto: tn

München (DK) Der Boden der Theresienwiese sieht wild aus am frühen Freitagabend. Überall wurden mit bunten Kreiden Linien gezogen, Pfeile gemalt und Namen auf den Asphalt gekrakelt. Mit Klebebändern, Absperrbändern und Steinen haben Verkäufer die Flächen markiert, auf denen später ihr Stand stehen soll. Viele haben Tische mit der Platte nach unten auf den Boden gelegt und teilweise sogar Stühle daran gekettet.

Und einige Verkäufer sitzen schon in ihrem fertig aufgebauten Stand und verhandeln mit vorbeiflanierenden Kunden. Eigentlich sollte der größte Flohmarkt Bayerns auf der Münchner Theresienwiese erst in zwölf Stunden beginnen. Aber wegen des schönen Wetters und der Angst der Verkäufer, zu kurz zu kommen, herrscht jetzt schon emsiges Treiben.

Auf dem Teil der Theresienwiese, der zum Parkplatz umfunktioniert wurde, stehen schon viele Autos, Wohnmobile und Campingbusse. Ihre Kennzeichen verraten, dass einige weit gereist sind: Sie kommen aus Italien, Ungarn, Österreich und allen Teilen Deutschlands. An der Einfahrt zum Parkplatz bilden sich jetzt schon Warteschlangen. Gaetano Angiuli beispielsweise ist mit seinem Kollegen aus Süditalien angereist. "Wir sind zwölf Stunden im Auto gesessen", sagt er. Am Samstag gehen sie auf den Münchner Flohmarkt, am Sonntag auf einen in Innsbruck, und am Montag fahren sie zurück nach Bari. "Flohmärkte sind unser Hobby", erklärt Angiuli. "Wir kaufen Sachen und verkaufen sie wieder. Und hierher zu kommen, das lohnt sich schon."

Um zehn Uhr abends sieht die Lage auf der Theresienwiese nicht viel anders aus. Immer noch sehen sich einige Kunden an den Ständen um. Die Verkäufer sitzen zusammen, oft bei Kerzenlicht, verkaufen und ratschen. Von einigen Ständen tönt laute Musik. Nun erkennt man, wer wirklich Flohmarkt-Erfahrung hat: Wer sich unter einer der großen Straßenlaternen platziert hat, hat die ganze Nacht ausreichend Licht für seinen Stand. Vereinzelte Menschen schleppen immer noch Tische durch die Gegend und suchen im Dunklen nach einem geeigneten Platz dafür. Mittlerweile ist es gar nicht mehr so leicht, eine unmarkierte Fläche zu finden.

Ein Mann aus Passau hat dieses Problem umgangen. Er hat seinen Stand schon am Donnerstag aufgebaut und verkauft seitdem. Eine Frau aus Aalen erzählt, dass sie zwar regelmäßig auf Märkten verkaufe, allerdings nur in ihrer Gegend. Für den Münchner Flohmarkt sind sie und ihr Vater extra mehr als 200 Kilometer mit zwei Autos gefahren. Denn hier bekomme man noch Geld für seine Sachen, sagt sie. In ihrer Heimat sei das anders: Da lasse sie schon mal eine Vase fallen und biete die Scherben zum Kauf an, wenn jemand sie ärgere und für die Vase mal wieder nur 50 Cent hatte zahlen wollen. Gegen fünf Uhr morgens geht es dann so richtig los. Jetzt füllen sich die Stände mit Verkäufern und Waren. Einige streiten sich um Plätze: Der eine hat eine Fläche reserviert – womit auch immer, und obwohl verboten. Der andere hat keinen geeigneten Platz gefunden und die Reservierung ignoriert. Auch viele Käufer bevölkern schon den Flohmarkt. Überall blinken die Lichter von Taschenlampen auf. Die wahren Flohmarkt-Profis erkennt man an der Stirnlampe auf dem Kopf und dem Rucksack auf dem Rücken. So haben sie die Hände frei.

Um halb sechs muss der Veranstalter des Flohmarkts, das Bayerische Rote Kreuz (BRK), den Parkplatz sperren, weil er mit 5500 Fahrzeugen voll ist. Und auch einige Verkäufer haben Pech: Erstmals in der Geschichte des Theresienwiesen-Flohmarkts haben nicht alle Platz und müssen abgewiesen werden. Dennoch bieten rund 3500 Verkäufer ihre Waren an, 700 mehr als 2009. Um die Mittagszeit ist es so voll, dass in den Gängen zwischen den Ständen teilweise kein Durchkommen mehr ist. Die Polizei wird am Ende des Tages die Besucheranzahl auf 40 000 schätzen.

Gegen 14 Uhr werden die Besucher weniger. Einige Verkäufer beginnen, ihre Stände abzubauen. Aber obwohl der Flohmarkt um vier Uhr beendet sein sollte, ist die Theresienwiese drei Stunden später noch nicht annähernd leer. Zwar verkauft mittlerweile kaum jemand mehr etwas. Aber viele sind noch mit dem Abbau beschäftigt. Überall auf dem Platz liegen vereinzelte Häufchen mit zurückgelassenem Müll und nicht verkauften Waren. Großes Interesse gilt den Müllcontainern auf der Theresienwiese. Darum herum liegen Gegenstände und Abfall in rauen Mengen. Am Rande der Theresienwiese warten Entsorgungsfahrzeuge auf ihren Einsatz. "Das dauert heute bis nach Mitternacht, bis wir hier fertig sind", seufzt ein Mann vom BRK.