Reichertshofen
Aus Scherben Schönes schaffen

<DK-XY_trifft>DIE INNERE MITTE FINDEN: </DK-XY_trifft> Für Caroline Jung ist Mosaikkunst ein Sinnbild für kreativen Umgang mit Krisen

05.01.2021 | Stand 10.01.2021, 3:33 Uhr |
In der Kunst wie im Leben aus Scherben Schönes machen: Das ist die Devise von Caroline Jung. − Foto: Zurek

Reichertshofen - Das Coronavirus hat unsere scheinbar heile Welt zu Bruch gehen lassen. "Aber wenn etwas kaputt geht, dann wird es durchs Jammern nicht wieder heil", sagt Caroline Jung. Für die Mosaikkünstlerin ist ihr Handwerk nachgerade eine Metapher dafür, wie man Krisen bewältigen kann: Indem man das, was in Trümmern liegt, beherzt sortiert und kreativ zu einem neuen Ganzen zusammenfügt. Das gelte auch im übertragenen Sinn, wenn die Seele an etwas zerbricht.

Das, was durch diesen Prozess der Neuschöpfung entstehe, sei oft schöner und besser als der vermeintlich heile Zustand zuvor - davon ist die Reichertshofenerin überzeugt. Wie sie einem so am heimischen Küchentisch gegenübersitzt, die Augen über der Maske nur so vor Lebensfreude blitzend, glaubt man ihr gerne, dass sie "selbst der Coronakrise etwas Positives abgewinnen kann".

Als der Lockdown kam, war Jung gerade von einer Tunesienreise zurück. Statt sich darüber zu beklagen, was nun alles nicht ging, genoss sie die Zeit als wunderbare Entschleunigung, wie sie erzählt. Endlich habe sie die Muße gehabt neue Wege zu gehen - sprich sich etwa von Ingrid Kreidenweis aus Geisenfeld in die Geheimnisse der Keramik einweihen zu lassen und mit einer Künstlerin aus Dachau zusammen zu arbeiten, um sich gegenseitig aufzuwerten und in einem Kunstwerk zu ergänzen.

"Auch meinen Tag des offenen Mosaikateliers habe ich in diesem Jahr stattfinden lassen, nur um einige Monate nach hinten verschoben", sagt sie. Und gewinnt der Krise auch da etwas Positives ab: "Weil es so wenig konkurrierende Veranstaltungen gab, konnte ich heuer viel mehr Künstler dafür gewinnen." Außerdem seien die Leute regelrecht "ausgehungert", was Ideen für den Schmuck des eigenen Heims, aber auch die kreative Beschäftigung angeht. "Die Eltern sind mehr denn je dankbar für jede Anregung, die eine Abwechslung zum bloßen Bildermalen darstellt", so ihre Erfahrung. Ihre Tipps sind also gefragt und sogar die Schulen kommen, wie sie erzählt, "verstärkt auf mich zu".

"Die Zeit verlangt halt spontane Entscheidungen" meint die zweifache Mutter. Sie habe sich zum Beispiel entschlossen, ihr Haus mit Mosaik-Blättern aus aller Welt zu dekorieren. Kaum in einem sozialen Netzwerk kundgetan, seien hinreißende Exemplare von allen Kontinenten bei ihr eingetroffen. Die werden nun sorgsam gesammelt und sortiert, um später gut sichtbar an einer Außenwand angebracht zu werden - "als weiteres Beispiel für das Schöne, das aus Scherben entstehen kann". Und als buntes Bekenntnis zur Völkerverständigung. Denn die ist ihr, die sie Jahre ihrer Kindheit in Ägypten verbracht hat, ein wichtiges Anliegen. Nicht nur in Zeiten einer Pandemie, "die weltweit Solidarität erfordert".

Erst unlängst hat sie gemeinsam mit anderen Künstlern im italienischen Mondolfo am Projekt "Tanz der roten Schuhe" teilgenommen, das Gewalt gegen Frauen an den Pranger gestellt. "Statt sich ständig um die eigene Befindlichkeit zu drehen, hilft oft ein Blick auf das echte Leid anderer - das relativiert die eigenen Sorgen und hilft das Positive im eigenen Leben zu sehen", sagt sie. Ein Grundsatz, den sie auch in Coronazeiten beherzigt.

PK

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