Dietfurt
Aus Mühlbach ins Weltall

Astronautinnen trainieren in der Mühlbachquellhöhle für die Internationale Raumstation

14.05.2021 | Stand 20.05.2021, 3:34 Uhr
Die Mühlbachquellhöhle mit ihren riesigen Ausmaßen dient zwei Astronautinnen als Trainingsareal. −Foto: Karstgruppe Mühlbach/Klaus Groß

Mühlbach - Um "Raumfahrt unter Tage" geht es auf einer der Informationstafeln in der Dauerausstellung "Stein.Wasser.Höhle" in Mühlbach, die sich der Erforschung der dortigen Mühlbachquellhöhle widmet. Eigentlich geht es dabei um das Höhlentauchen und die Befahrung von Höhlen allgemein. Schon kommende Woche wird die Höhle allerdings Besuch von zwei "richtigen" Raumfahrerinnen bekommen, wie die Stadt Dietfurt mitgeteilt hat.

"Höhlenforschung und astronautische Raumfahrt sind sich manchmal verblüffend ähnlich", heißt es in der Pressemitteilung. Man denke etwa an die Isolation in einem Biwak, an minimale Privatsphäre, den fehlenden Tag-Nacht-Rhythmus oder die kriechende Fortbewegungsart in der Enge. All diese Herausforderungen müssen sowohl in einer Höhle wie auch in der Internationalen Raumstation (ISS) bewältigt werden. "Und wer weiß? Vielleicht gibt es ja schon bald sogar eine Höhlenbefahrung auf einem anderen Himmelskörper, sei es nun der Mond oder der Mars, auf dem man nach so genannten ?Biosignaturen', also zu Stein gewordenen Hinterlassenschaften von einst vorhandenen Lebensformen sucht", heißt es weiter. Erfahrungen aus der Höhlenforschung können da durchaus nützlich sein. Dass es sich dabei nicht um reine Science Fiction handelt, beweisen Trainingsprogramme der ESA und der NASA, die unter anderem auch Simulationen in Höhlen zum Inhalt haben.

Jedem sind Bilder von Astronauten in der Internationalen Raumstation ISS und schon von früher in den Space Shuttles geläufig, doch dürfte den meisten gar nicht bewusst sein, dass es bisher noch keine einzige Deutsche darunter gab - obwohl schon jede Menge männlicher Kollegen "oben" in der Umlaufbahn waren. 2016 ergriff die Raumfahrtingenieurin Claudia Kessler die Initiative und gründete die Stiftung Erste deutsche Astronautin gemeinnützige GmbH (www.dieastronautin.de). Sie fand: "Es wird Zeit für die erste deutsche Frau im All." Unter 400 Bewerberinnen haben sich im Rahmen der Initiative seither zwei Frauen durch gnadenlose Auswahlverfahren durchgeboxt, nämlich die beiden Astronautinnen-Trainees Insa Thiele-Eich und Suzanna Randall. Hauptberuflich ist Randall Astrophysikerin und Thiele-Eich Meteorologin. Sie sind also beide Wissenschafts-Astronautinnen, das heißt, sie sollen in naher Zukunft zur ISS fliegen für wissenschaftliche Untersuchungen zu verschiedenen Themen, unter anderem zur Reaktion des weiblichen Körpers auf Schwerelosigkeit.

Die beiden Astronautinnen sind damit durchaus auch Vorbilder, um Frauen und Mädchen für technische Berufe und ein naturwissenschaftliches Studium zu begeistern. Die Stiftung Erste deutsche Astronautin gemeinnützige GmbH trat auf der Suche nach einer geeigneten Örtlichkeit für ein Unter-Tage-Training auch an die Karstgruppe Mühlbach heran, und man erklärte sich bereit zur einer gemeinsamen mehrtägigen Expedition in die Mühlbachquellhöhle. Es sollen in der kommenden Woche fünf Tage lang von der Außenwelt vollkommen isoliert reale wissenschaftliche Arbeiten ausgeführt werden, die nach ihrer Auswertung auch einen großen Nutzen für die weitere Erforschung des über zehn Kilometer langen Höhlensystems haben. Geplant sind Sinterprobenahmen zur radiometrischen Datierung, Messungen von Radon- und Kohlendioxidgehalten in der Höhlenatmosphäre, Messungen an Zulaufgerinnen und vieles mehr.

Die Astronautinnen haben bereits eine umfassende Ausbildung zu Höhlenforscherinnen erhalten, und zwar in praktischer wie auch in theoretischer Hinsicht. So absolvierten sie im März eine dreitägige intensive Vorlesungsreihe per Video zu verschiedensten Themen der Speläologie. Unter den insgesamt 14 deutschen Höhlenforscherinnen und Höhlenforschern, die diese Vorträge referierten, befanden sich auch drei Mitglieder der gastgebenden Karstgruppe Mühlbach, die ihnen die Themenbereiche "Radon in Höhlen", "Höhlenentstehung" und "Höhlentauchen" näherbrachten.

DK