Titting
Aus Marie wurde Imbali Zulu

Kaldorferin besuchte die Spendenprojekte des Tittinger Eine-Welt-Laufs - 30000 Euro sind überwiesen

22.10.2019 | Stand 23.09.2023, 9:06 Uhr
  −Foto: Nieberle

Titting (EK) Es war "eine Rekordsumme", wie Andreas Taugenbeck vom Tittinger Orga-Team betont: Beim fünften Eine-Welt-Lauf im April waren 30000 Euro zusammengekommen (wir berichteten).

Inzwischen ist die letzte Teilsumme überwiesen worden. "Wir geben ja nicht alles auf einmal raus, die Projektpartner müssen uns Rechnungen oder Kostenvoranschläge schicken", erklärt Taugenbeck. Die Projektpartner waren heuer zwei Projekte der Yebo Zululand Initiativen e. V. in Südafrika. Yebo heißt in der Zulu-Sprache "Ja" - "Ja" zu Initiativen, die Selbsthilfe für Menschen im ländlichen Südafrika ermöglichen. "Ein Großteil der diesjährigen Spenden ist in ein Landwirtschaftsprojekt geflossen, und der andere Teil in einen Kindergarten. " Beim Tittinger Eine-Welt-Lauf werden grundsätzlich nur Spendenziele ausgewählt, zu denen ein persönlicher Kontakt besteht, bei denen man die Verwendung des Geldes auch nachverfolgen kann, betont Andreas Taugenbeck.

Ein besonderer persönlicher Kontakt zu den Projektpartnern kam in diesem Jahr durch eine junge Kaldorferin zustande - und zwar durch "puren Zufall", wie Marie Kristin Nieberle erzählt: Sie hatte Edeltraud Parensen, die Vorsitzende der Yebo Zululand Initiativen e. V. , bereits im Winter in der Kirche in Kaldorf kennengelernt und Interesse an einem Aufenthalt in Afrika bekundet. Im Sommer war es dann so weit: Die damals 17-jährige Marie machte sich auf die Reise, verbrachte vier Wochen in Südafrika und besuchte dabei auch das Landwirtschaftsprojekt und den Kindergarten in der Region KwaZulu-Natal.

"Es war meine persönliche Motivation, da runter zu gehen, weil es uns einfach so gut daheim geht und wir das oft gar nicht zu schätzen wissen. Grad dahin zu gehen, wo die Leute Hilfe brauchen", erklärt Marie. "Ich war ja auch wirklich im Hinterland, da gab es kein fließendes Wasser, das heißt, keine Klospülung, keine Dusche, wenn ich warmes Wasser haben wollte, dann musste das über den Wasserkocher gehen. Das Wasser haben wir von einer Pumpe, die mehrere Kilometer entfernt war, holen müssen - und das war richtig schwer. Die Frauen dort tragen das auf dem Kopf, das hab ich nicht so hinbekommen. Beeindruckend. " Als sie dann wieder nach Hause kam und das Wasser einfach aus dem Wasserhahn kam - "das war nach vier Wochen wirklich eine Sensation für mich: Ich dreh die Dusche auf, da kommt warmes Wasser raus. Oder ich setze mich in mein Auto und fahre einfach mal schnell nach Eichstätt zum Einkaufen. " In Südafrika sei sie zweimal mit einem Sammeltaxi gefahren, was normalerweise nur Schwarze tun. "Das war aber überhaupt kein Problem. Sogar witzig, einmal hat die Frau neben mir ein Huhn aus der Tasche gezogen. " Und nicht nur in dieser Hinsicht unterscheide sich das Leben in Deutschland grundlegend von dem in Südafrika, erklärt Marie: "Als ich nach Hause gekommen bin und in meinem Zimmer stand, dachte ich nur daran, wie viele Leute in Afrika darin wohnen würden - das wäre ein Haus bei denen. "

Eine Station auf Maries Reise war der Kindergarten von Zama Mnguni. Eine junge Erzieherin kümmert sich um Kinder aus zerrütteten Verhältnissen und betreut diese weitgehend ehrenamtlich. "Das war total schön dort. Die Kinder wollten mir ihre Farbe abgeben, also sie haben erst sich ins Gesicht gelangt und dann mir, und waren dann enttäuscht, dass es nicht funktioniert. Sie wollten auch schauen, ob ich wirklich überall so weiß bin! Auch von meinen Haaren waren sie total fasziniert", schmunzelt Marie. Als "Weiße unter Zulus" falle man eben sofort auf, die Kluft zwischen Weiß und Schwarz sei riesig, berichtet Marie. Daher habe sie bei ihrem Besuch des Landwirtschaftsprojekts nicht nur beim Bau des Hühnerstalls geholfen, sondern auch beim Pflanzen auf dem Acker: "Ich wollte auch gegen das Stereotyp ankämpfen, dass weiße Mädchen nicht auf dem Feld arbeiten können. Da haben sie ganz schön geschaut. Aber für die ist das eben so, die Weißen sind die Reichen. "

Von beiden Projekten, die mit den Spenden des Eine-Welt-Laufs bedacht worden sind, habe sie einen sehr positiven Eindruck gehabt. Gerade, weil diese Projekte Hilfe zur Selbsthilfe in den Vordergrund stellen: "Das funktioniert gut, es ist ja nicht nur wichtig, dass man das Geld bringt, sondern dass man auch Know-how mitgibt. Und den Leuten das Gefühl gibt, man ist da. "

Auf ihrer Reise hat Marie auch eine Schule besucht - und war einmal mehr überwältigt: "Das war auch eine komplett andere Welt, 70 Kinder in einer Klasse. Die stehen teilweise um halb vier auf, damit sie um acht in der Schule sind, das kann man sich gar nicht vorstellen. " Die persönlichen Kontakte waren für die heute 18-Jährige enorm wichtig. "Ich wurde auf jeden Fall mit offenen Armen empfangen, ich hab auch einen Zulunamen bekommen, Imbali Zulu hieß ich dann, das war echt toll, ich habe mich wirklich als Teil der Gemeinschaft gefühlt. "

Die Herzlichkeit und die Dankbarkeit der Südafrikaner hatte schon im April das Tittinger Orga-Team begeistert: Der landwirtschaftliche Berater Njabulo Mdalose und der Projektkoordinator des Vereins "Yebo Zululand Initiativen e.  V. ", Mduduzi Nzuza, waren zum Eine-Welt-Lauf angereist. "Die haben das gar nicht fassen können, dass da acht junge Leute sich so eine Arbeit machen, damit sie ihre Projekte starten können. Njabulo war fix und fertig, als er gesehen hat, dass da 1000 Leute für sie laufen", erinnert sich Andreas Taugenbeck, "und dass da fremde Menschen, weiße noch dazu, einfach so auf sie zukommen. "

Eine Erfahrung, die Marie Kristin Nieberle nur bestätigen kann nach ihrem Aufenthalt: "Das hat man immer noch gespürt, diese Dankbarkeit, auch gleichberechtigt behandelt zu werden von den Weißen, das hat sie beeindruckt in Titting. Gerade der Mduduzi hat immer wieder von dieser Idee der ,Einen Welt' geredet. "

Katrin Straßer