Geisenfeld
Aus Freundschaft wird „was Offizielles“

Stadtratsgremien in Geisenfeld und im finnischen Jämijärvi beschließen über Partnerschaftsvereinbarung

22.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:27 Uhr
Geisenfelds Bürgermeister Christian Staudter mit seiner Amtskollegin aus befreundeten finnischen Stadt Jämijervi. −Foto: Gerhard Kohlhuber

Geisenfeld (GZ) Freundschaftliche Bande zwischen Geisenfeld und der finnischen Stadt Jämijärvi bestehen schon seit 15 Jahren, jetzt soll eine offizielle Städtepartnerschaft daraus werden. Über eine entsprechende Vereinbarung wird der Geisenfelder Stadtrat am Donnerstag beschließen.

Und auch in Jämijärvi wird sich das zuständige Gremium demnächst mit dem von Bürgermeister Christian Staudter erarbeiteten Vereinbarungsentwurf befassen. Mit dem Inhalt sind die Verantwortlichen des 2000-Einwohner-Orts bereits vertraut – sie bekamen den Entwurf bereits im Vorfeld des Besuches, zu dem eine Delegation aus Jämijärvi jetzt während des Volksfestes nach Geisenfeld kam.

Zu verdanken hat die Stadt Geisenfeld die Beziehungen zu der Gemeinde im hohen Norden dem Hopfen. Vor 15 Jahren war erstmals eine Delegation des Gemeinderates im Rahmen eines EU-Projektes aus Jämijärvi hierhergekommen, um sich bei dem Experten Franz Seidl über Möglichkeiten der virusfreien Nachzucht finnischer Hopfensorten zu erkundigen. Begeistert vom freundlichen Empfang in der Hallertau sprachen die Finnen eine erste Einladung aus. In der Folge entspann sich ein reger Reigen von Besuchen und Gegenbesuchen – zunächst privat, dann, noch unter Bürgermeister Josef Alter, auch offiziell.

Geisenfelder Vertreter informierten sich in Finnland über das dortige, in der Pisa-Studie wiederholt hochgelobte Schulsystem, eine Delegation aus Jämijärvi im Gegenzug über die hiesigen Kitas. Sukzessive wurden die Kontakte ausgebaut, auf sportlicher Ebene etwa durch die Teilnahme Geisenfelder Sportler an der Dauerwalk-Meisterschaft in Jämijärvi und im Gegenzug durch die wiederholten Starts der Finnen beim Geisenfelder 24-Stunden-Lauf. Kulturell ist das Netzwerk bereits besonders stark, nicht zuletzt, weil der örtliche Kirchenmusiker Jörg Duda die Kontakte gerade im musikalischen Bereich pflegt. So kommen immer wieder finnische Künstler nach Geisenfeld, treten beim Bürgerfest oder in Rathauskonzerten auf, und im Gegenzug gab es Auftritte Holledauer Gruppen beim internationalen Volksmusikfestival in Ikaalinnen. Duda selber ist regelmäßiger Gast bei Veranstaltungen in Jämijärvi und Helsinki.

Ein Schock auch für die Geisenfelder war der überraschende Tod des Bürgermeisters von Jämijärvi, Esa Ala Karvia, im Sommer 2015. Das jüngste offizielle Treffen während des Geisenfelder Volksfestes bot Christian Staudter nun Gelegenheit, dessen Nachfolgerin Kirsi Virtanen kennenzulernen – und man verstand sich von Anfang an hervorragend, wie beide wissen lassen. Zum Besuchsprogramm gehörten – neben einem Abstecher zum Oktoberfest und zwei Abenden auf dem Geisenfelder Volksfest – eine Besichtigung der Firma Elektro Hagl sowie von dessen Freiflächen-Photovoltaikanlage, Besuche beim Biobauern Josef Grabmair in Stadelhof, beim Hopfenpflanzbetrieb von Sebastian Kürzinger in Eichelberg und beim Biogasbetrieb von Josef Höckmeier in Eschelbach. Bei Kirsi Virtanen den bleibendsten Eindruck hinterlassen hat dabei Sebastian Kürzinger. „Mit welcher Begeisterung und mit welchem Stolz sich dieser um seinen Betrieb kümmert, das ist schon beachtlich“, sagt die Bürgermeisterin von Jämijärvi, die einer Vertiefung der Beziehungen zwischen den beiden Orten rundum positiv gegenübersteht.

Genauso wie auch ihr Geisenfelder Kollege – trotz der großen Entfernung zwischen den beiden Orten und der sprachlichen Barriere. „Es gibt immer wieder günstige Flüge, und in der Regel klappt die Verständigung über die Weltsprache Englisch ganz gut.“ Im Übrigen, so Staudter, sprächen einige der langjährigen Kontaktpersonen wie Tuomo Leikkolla, sehr gut deutsch.

Und was verspricht sich der Geisenfelder Rathauschef von einer solchen Partnerschaft? „In einem regelmäßigen Austausch, geprägt von der gegenseitigen Achtung der Traditionen und Lebensgewohnheiten, können wir viel voneinander lernen, und auf diese Weise kann unsere Partnerschaft ein Mosaikstein in einem Europa der Einheit und Vielfalt bilden.“

KERNPUNKTE DER VEREINBARUNG

Das sind die Kernpunkte des Konzepts zur Partnerschaftsvereinbarung:

§ 1: Die Vertragspartner vereinbaren:

das gegenseitige Kennenlernen der Kommunen und der Menschen zu fördern;

den Austausch von Schülern/Studenten sowie Werbung für den Besuch der Partnerkommune;

die Unterstützung beim Austausch von Praktikanten:

Begegnungen auf dem Gebiet des Sportes, der Kultur und Bildung;

das Erlernen der deutschen und finnischen Sprache zu fördern;

die Zusammenarbeit und Erfahrungsaustausch zwischen den Selbstverwaltungsorganen und den Verwaltungen;

die Unterstützung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Firmen und Organisationen der Wirtschaft;

die Zusammenarbeit im Bereich der Landwirtschaft, der Lebensmittelverarbeitung, des Verbraucherschutzes und des Naturschutzes;

die gemeinsame Entwicklung des Fremdenverkehrs;

§ 2: Es werden regelmäßige gegenseitige Treffen vereinbart , wobei die Vertragspartner die Kosten der realisierten Zusammenarbeit nach folgenden Grundsätzen tragen:

Die einladende Seite deckt die Unterkunftskosten bis zu sechs Personen auf dem Gebiet ihres Landes. Wenn eine Delegation aus mehr als sechs Personen besteht, wird die Finanzierung zwischen den Vertragspartnern für jeden Besuch vereinbart;

Die übrigen finanziellen Verpflichtungen trägt die einladende Gemeinde jeweils auf dem Gebiet ihres Landes;

Die eingeladene Seite trägt die Reise- und Versicherungskosten der eigenen Delegation.