Rohrbach
Aus Feuer und Stahl

Robert Engl und Hans Mühlbauer aus Rohrbach stellen in ihrer Klingenschmiede Damastmesser her

08.03.2016 | Stand 02.12.2020, 20:06 Uhr

Foto: Stefanie Grindinger

Rohrbach (PK) Damastmesser sind der Inbegriff von wilder Schönheit und absoluter Schärfe. Diese Kunst wird japanischen Schmiedemeistern zugeschrieben, doch auch hier in der Region beherrschen zwei junge Schmiede dieses anspruchsvolle Handwerk: Hans Mühlbauer und Robert Engl aus Rohrbach.

Hans Mühlbauer war seit früher Kindheit fasziniert von Messern und hatte einen Traum: Irgendwann wollte er sein eigenes Messer schmieden. 2012 fing er damit an, seinen Traum in die Tat umzusetzen und machte die ersten Schmiedeversuche, "am Anfang aus alten Autofedern", wie der 36-jährige Schreiner sich erinnert. Bald ließ sich Robert Engl, sein Freund seit Kindertagen, von der Faszination für hochwertige Schneidwerkzeuge anstecken. Robert hatte jedoch eine Auflage: "Wenn, dann richtig." Damit meinte er Damastmesser, die begehrtesten Kochmesser der Welt.

Die Klingenschmiede, wie sich das Duo heute nennt, stellt Damastmesser "wie im Mittelalter" her: Vom ersten Hammerschlag bis zum letzten Schliff machen sie das meiste von Hand. Das Grundprinzip besteht darin, den Stahl sukzessive zu stapeln und im Feuer immer wieder zu verbinden. Am Ende werden diese Lagen durch gezieltes Abtragen der Oberfläche und ein Bad in Schwefelsäure als typisches Damastmuster sichtbar gemacht.

"Das Schöne am Damast ist, dass er Hunderte Spielarten hat. Je nachdem, wie man den Stahl bearbeitet, ändert sich die Maserung und jedes Messer wird zu einem Unikat", sagt Engl. Die Rohrbacher falten meist 25 Lagen Stahl, das Maximum waren bislang 1070. "Das hat aber einen rein optischen Effekt, keinen funktionellen", betont der gelernte Schlosser. Die einzige Maschine, die einen Teil der Arbeit abnimmt, ist der Federhammer, der aus dem ursprünglichen Stahlklotz eine Stange formt. Die restlichen unzähligen Arbeitsschritte führen Mühlbauer und Engl von Hand aus - mit Hammer, Amboss und Muskelkraft.

In ein einziges Messer investieren Mühlbauer und Engl gut und gerne 50 Arbeitsstunden. Das Ergebnis sind extrem scharfe Klingen, die zugleich flexibel sind. Die Messer haben einen geprüften Härtegrad von 60 Rockwell, eine international gebräuchliche Einheit für die Härtemessung technischer Werkstoffe. Gewöhnliche Kochmesser haben zum Vergleich in der Regel 52 Rockwell.

Die Damastmesser sind sogar so scharf, dass sich problemlos Haare und herunterfallende Tomaten spalten lassen. Solche Qualität hat natürlich ihren Preis: Je nach Ausführung beginnt die Preisspanne bei 300 Euro, nach oben gibt es keine Grenzen. "Bayerischer Damast ist eben genauso gut wie japanischer", davon ist Mühlbauer überzeugt.

Für das anspruchsvolle Handwerk benötigt man "viel Fingerspitzengefühl, Geduld und Erfahrung", sagt er. Vieles geht nach Gefühl, wie das Freihandschleifen oder das Einstellen der Temperatur in der Esse. Je nach Arbeitsschritt sind unterschiedliche Temperaturen nötig. Für das Feuerschweißen etwa, bei dem anfangs verschiedene Stahlarten zu einer Einheit verbunden werden, sind rund 1200 Grad Celsius notwendig. "Die richtige Temperatur erkennt man an der Glühfarbe des Stahls", erklärt Mühlbauer. In jedem Arbeitsdurchgang könne man sein Messer verhunzen und unbrauchbar machen, führt er weiter aus.

Die komplexe Schmiedetechnik haben sich die beiden im Selbststudium angeeignet, viel gelesen und noch mehr ausprobiert. Expertenrat konnten sie sich nicht einholen: "In der Region gibt es schlichtweg niemanden, den man fragen könnte. Im ersten Jahr haben wir fast nur Ausschuss produziert", berichtet Mühlbauer. Mehr als ein misslungener Stahl ist in hohem Bogen in der Ecke gelandet. Es habe auch viele Momente gegeben, in denen sie kurz davor waren, ihren Traum aufzugeben. "Doch dann haben wir uns gegenseitig motiviert", fügt Engl an.

Rund 30 Messer hat jeder von ihnen bislang geschmiedet, vorwiegend für den Eigengebrauch sowie für Familie und Freunde. "Bis jetzt waren alle begeistert und hochzufrieden", freuen sich die Rohrbacher. Für einen professionellen Vertrieb hat die Klingenschmiede Anfang diesen Jahres ein Gewerbe angemeldet.

Für die Zukunft wünscht sich das Duo, ihre Fertigkeiten weiter ausbauen zu können. "Beim Damast kann man sich immer weiterentwickeln", ist Mühlbauer überzeugt. Auch exklusive Materialien schweben ihnen vor, wie zum Beispiel Griffe aus Jahrtausende alter Mooreiche oder aus Mammutbackenzahn. "Da haben wir noch einiges vor."