Pfaffenhofen
Augen auf!

Rätselhaft, abstrakt oder narrativ: Der Neue Pfaffenhofener Kunstverein zeigt internationale Videokunst

03.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:52 Uhr

Foto: DK

Pfaffenhofen (DK) Was verbindet zwölf akademische Videokünstler und -künstlerinnen aus Kanada, Polen und Taiwan, aus Italien, Deutschland, Japan und dem Iran, aus den Niederlanden, der Türkei und Griechenland? "Ich habe schnell gemerkt, dass der Ort unser gemeinsames Thema ist", sagt Benedikt Hipp, aus Pfaffenhofen stammender Künstler und als solcher Kurator der Ausstellung "Canale Grande" des Neuen Pfaffenhofener Kunstvereins.

Der Ort: Das ist Amsterdam, in dem alle zwölf als Stipendiaten des renommierten Residency-Programms der Rijksakademie van beeldende kunsten lebten. Amsterdam, das, wie der Wahl-Amsterdamer Hipp sagt, traditionell "von einer großen Diversität von kulturellen Hintergründen lebt". Wie, einen Schritt weiter, eben auch die Welt. Also ist der Ort die Welt. Und in der gibt es Politik, Historie, Kunst, Humor, Natur. Es gibt Wistleblowers, Schlachtviehtransporte, Comicfiguren, öffentliche Räume, Handwerker und soziale Medien. All das und mehr ist da in den 14 Filmen, scheint mal in einer Minute auf, erzählt sich mal in einer Viertelstunde, mal pulsend schnell, mal in ruhigem Fluss. Optisches Stehvermögen ist gefragt: Rund 80 Minuten dauert das Screening, das über die Leinwand im "Kino" der ansonsten leeren Kulturhalle flimmert.

Es ist schön, das wunderbare Ausstellungsdomizil des Kunstvereins in so beeindruckendem Purismus zu erleben, und mancher mag erst einmal hier in Leere schwelgen, bevor er sich in den Seh-Marathon begibt. Indes: Sehr stimmig hat Hipp ("ich gehe an die Ausstellung wie ein Künstler, nicht wie ein Kurator heran") die Sequenzen geordnet, hat kurz und lang, kritisch und ironisch in entspannende Abwechslung gebracht. Begonnen wird mit einem Zehnminutenbeitrag: Der Japaner Shigeo Arikawa eröffnet das Panoptikum mit seinem eigenen. Ausgehend von Augen, der runden Iris, stanzt er Kreise in die Leinwand mit immer neuen Inhalten, vom Kaninchen bis hin zur Feuersbrunst oder konkreten blauen Streifen. Was sieht unsere runde Netzhaut? Was assoziieren wir dazu? Die Mehrheit der Künstler überlässt das dem Zuschauer, beschießt einfach sein Gehirn durch die direkte Sehnerv-Verbindung. Algorithmen aus Wort und Geräusch, rote Kreuze im lichtflirrenden Stadtbild von Seoul - es ist bedeutungslos, ob sich die eigene Interpretation deckt mit der der Künstler, die das schöne Booklet zur Schau erklärt.

Aber es gibt auch Erzählungen: die eines Lastwagen-Unfalls auf nächtlicher Umgehungsstraße, dem sich ein Passant in Panik nähert. Er findet Schweineleichen - ein starkes Fünfminutenstück des Griechen Janis Raffa. Die Polin Agnieszka Polska begibt sich filmisch auf die fiktiven Spuren des Avantgarde-Künstlers Pawel Freisler, der, sagt das Gerücht, zum fanatischen Gärtner mutierte - ihr Weg durch einen Pflanzendschungel mit kommentierten gärtnerischen Eingriffen ist eine eindrucksvolle, dazu komische Bestandsaufnahme von Manipulation und Auslese. Überhaupt fällt auf, dass gerade die Künstlerinnen mit Humor agieren, wenn es um Ernstes geht. Catherine Bioccas "Chasing Mr. B" etwa lässt eine Art Computermännchen vor einem maschinengewehrbewaffneten Duo infernale aus Hai und Saurier durch "echte" Berge flüchten: Wie auf der Spielkonsole hüpft es auf und ab, getaktetes "Help meeeee" ausstoßend. Das ist nun leicht zu deuten, aussagestark deshalb aber nicht minder.

Doch ob rätselhaft, abstrakt oder narrativ: Man sehe in dieser internationalen Kunst aus Amsterdam, was man will! Und das ist ziemlich spannend.

Bis 15. Mai, Do bis Fr 16-19 Uhr, Sa/ So 15-18 Uhr .