Eichstätt
Auge in Auge mit den Aposteln

Steinfiguren der Neuburger Apostelkirche werden vom Eichstätter Steinmetz Rupert Fieger restauriert

02.08.2020 | Stand 23.09.2023, 13:18 Uhr
Die original Steinfiguren in Eichstätt und die gezeichneten Aufsteller in Neuburg: Noch im Laufe dieses Jahres sollen die Apostel zurückkommen in ihre Kirche. −Foto: Riß/Hecker

Eichstätt/Neuburg - Die Neuburger Apostelkirche ohne ihre Apostel - das geht eigentlich gar nicht, findet auch Pfarrer Jens Hauschild.

Doch bereits vor rund vier Jahren mussten die steinernen Figuren wegen Umweltschäden von der Außenfassade des Gotteshauses abmontiert werden. "Die Gefahr, dass da etwas runterkommt oder auseinander bröckelt, war einfach zu groß", erklärt Hauschild. Über den Militärpfarrer Gunther Wiendl konnte in einem Munitionsbunker ein kühles und trockenes Depot für die Apostel gefunden werden. "Dort lagerten sie dann aufgebahrt in großen Körben", weiß Hauschild.

Mittlerweile haben es alle zwölf Apostel bis nach Eichstätt geschafft. Nach einer langen Reise warten sie hier nun auf ihren neuen Einsatz. Doch der Stein, aus dem sie geschaffen wurden, stellt ein Problem dar. Deshalb befinden sie sich nun bei dem Eichstätter Steinmetz Rupert Fieger. Dieser wurde damals, als die Figuren abgenommen wurden, als Sachverständiger hinzugezogen. Er wird sie restaurieren, bevor sie in ihre Kirche zurückkehren. Mit liebevollem Blick betrachtet Fieger die Apostel: "So grob sie gehauen sind, so ausgeprägt ist ihr Charakter", sagt der Steinmetz. Doch dass gerade dieser Charakter erhalten bleibt, die Gesichtszüge, die überdeutliche Gestik, ist seit längerem gefährdet; tiefe Risse ziehen sich an vielen Stellen durch den Sandstein. Das liegt vor allem daran, dass die Figuren für die Außenfassade der Neuburger Kirche konzipiert waren und hier seit ihrer Errichtung 1964 Wind und Wetter ausgesetzt waren. "Draußen können sie allerdings dann nicht mehr sein", merkt Pfarrer Hauschild an. Auch der Platz vor dem Gotteshaus sei keine Option, denn dann bräuchte es zum Schutz ein Dach für die Apostel. "Und wir haben uns auch gefragt: Wäre das überhaupt passend? Sind sie dann noch zur Kirche gehörend? ", verrät Hauschild.

Auch wenn Kirchengemeinde und -verwaltung beschlossen haben, dass die Apostel wieder in ihre Kirche sollen, ganz so einfach ist die Umsetzung dieses Wunsches nicht. Für die rund 160 Zentimeter großen Steinapostel muss erst der geeignete Platz gefunden werden. Um die Apostel der Gemeinde noch näher zu bringen, hatte Fieger die Idee, die Figuren direkt im Kirchenraum aufzustellen. "Die Apostel sind Teil der Gemeinde und wir Teil der Apostel", erklärt auch Hauschild. "Wir alle sind Jünger. " Das Prinzip, dass sich die Gläubigen und die Apostel künftig auf Augenhöhe begegnen können, soll auf jeden Fall umgesetzt werden, aber warum sollte das nur an einem Ort möglich sein?

"Die Figuren müssen jedoch aufwendiger umgearbeitet werden, schließlich haben sie aktuell keinen Standfuß", sagt der Steinmetz. Bisher waren die Figuren mit Bolzen im Rückenbereich an der Fassade angebracht. Sollen sie jedoch "auf die Erde geholt werden", wie Fieger augenzwinkernd sagt, müsste ihnen ein Metallfuß angebaut werden. "Wenn man die Figuren in der Kirche aufstellt, könnten die Gläubigen mit den Aposteln Auge in Auge sein", zeigt sich Fieger begeistert.

Den Figuren direkt ins Gesicht sehen zu können, stellt einen umso größeren Reiz dar, da Ernst Steinacker, der Schöpfer, diese Figuren sehr expressionistisch gestaltete. Der Kopf und die Hände sind überproportional groß. "In den Figuren sieht man die Handschrift des Steinhauers", erklärt Fieger, für den die auf den ersten Blick grob wirkenden Figuren mehr Charakter haben als geglättete Kirchenfiguren. "Die Apostel wirken menschlich und schließlich waren sie Menschen mit ihren Fehlern und Eigenheiten. Das demonstrieren die Figuren der Neuburger Apostelkirche auf einzigartige Weise. "

Doch bevor Fieger mit der aufwendigen Restauration beginnen kann, muss erst noch das neue Konzept von der Kirchengemeinde und -verwaltung abgesegnet werden. Zur Debatte steht in diesem Zuge auch die Neugestaltung des Altarbildes. In diese Entscheidung möchte sich der Eichstätter Steinmetz aber nicht einmischen. "Das ist ein offener Prozess", bestätigt auch Pfarrer Hauschild. "Wir wollen und müssen uns dafür Zeit lassen. Im Laufe des Jahres wollen wir wissen, wo es hingeht. " Von Anfang an sei klar gewesen, dass sich der Kirchenraum verändern würde, wenn die Apostel dort einzögen. "Deshalb sind immer wieder Gespräch notwendig", weiß Hauschild. "Und an die eine oder andere Veränderung muss sich jeder gewöhnen. " Für die Neu- und Umgestaltung seien rund 35000 Euro kalkuliert.

Steinmetz Fieger verrät, dass die Kirchengemeinde unglaublich offen gegenüber seinen Vorschlägen sei. "Alles was bezüglich der Figuren geplant ist, wird in Gesprächen thematisiert. Aber das Wichtigste ist, dass die Gläubigen sich in ihrer Kirche wohlfühlen", sagt er.

Ob sich die Gemeinde wohlfühlt, kann aktuell in der Kirche jeder einzelne testen. Um das neue Konzept möglichst anschaulich zu demonstrieren, hat Fieger authentische Aufsteller aus Sperrholzplatten hergestellt, die die einzelnen Figuren darstellen. Diese befinden sich bereits im Kirchenraum und können flexibel verstellt werden. "Wer beispielsweise testen will, wie ein Apostel im Lichtkegel der Eingangstüre wirkt, ist eingeladen, sich auszuprobieren. "

Derzeit stehen Johannes mit dem Kelch und zwei weitere Apostel rechts neben dem Altar, die anderen Figuren sind im gesamten Gotteshaus verteilt. Pfarrer Jens Hauschild, der die Aufsteller liebevoll Pappkameraden nennt, ist davon sichtlich begeistert. "Jede Figur ist mit Einzelheiten dargestellt, einige Apostel lassen sich so auch identifizieren," sagt er. Da ist zum Beispiel Petrus mit einem Schlüssel. "Wir wollen letztlich alle zuordnen können", verrät Hauschild.

Doch auch an der Außenfassade der Kirche sollen die Apostel künftig präsent sein, wenn auch in anderer Form. Eine Idee, die ebenfalls von Rupert Fieger stammt, ist, dass zwölf Steinblöcke mit den Apostelnamen und dem jeweiligen Symbol an den bisherigen Figur-Standorten angebracht werden. "So werden die Apostel draußen reflektiert und im Inneren deutlich sichtbar", erklärt der Pfarrer. "Wir sind ja die Apostelkirche. "

EK

Luisa Riß, Anna Hecker