Pfaffenhofen
Auftakt für "StramKultur": Zurück in die Vergegenkunft

Musikalisches Wirtshauskabarett mit dem Duo Sauglocknläutn

14.02.2021 | Stand 18.02.2021, 3:33 Uhr
Ein musikalisches Wirtshaus-Kabarett vor leerem Auditorium, aber per Livestream boten "Ritsch" Ermeier (links) und Walter Zingl auf der Intakt-Musikbühne. −Foto: Steininger

Pfaffenhofen - Dass Kultur trotz aller aktuellen Einschränkungen möglich ist, hat das Intakt-Musikinstitut am Freitagabend unter dem Titel "StreamKultur" nachdrücklich bewiesen. Dem Duo Sauglocknläutn fiel die Ehre zu, den Startschuss für vielfältige Online-Konzerte zu gestalten, und der Auftakt gelang bestens, sowohl technisch, wie auch inhaltlich.

Sauglocknläutn ist nicht etwa die originäre Wortschöpfung zweier Musiker, sondern war ursprünglich ein altbayerischer Ausdruck für "schlüpfriges, derbes Dahergerede", im übertragenen Sinn für "grad raus reden, mit nichts hinterm Berg halten, sagen, was wahr ist, auch, wenn es mal unangenehm ist" (Musik-Wiki).

Und dieser Definition kam das Duo aus "Ritsch" Ermeier am Akkordeon und Walter Zinkl am Kontrabass wortgetreu nach, zum Vergnügen des Publikums, das das Programm per Livestream verfolgen konnte. Vor der Intakt-Musikbühne hatten nur Intakt-Chef Michael Hermann und "VolxGesang"-Chefin Nicole Wagner Platz gefunden, die für die Übertragung ins Internet sorgten und gleichzeitig einen Live-Chat mit dem Publikum ermöglichten. Eine ungewohnte Situation für die beiden Protagonisten, die sich vom leeren Auditorium nicht beeindrucken ließen und beste Satire boten, teils im Dialog mit ihren Fans, deren Kommentare sie während ihres Auftritts auf einem Bildschirm verfolgen konnten.

So reiste das Duo musikalisch "Zurück in die Vergegenkunft", wie ihr aktuelles Programm heißt. Und das ist derartig vielseitig, dass es sogar auf Donald Trump locker verzichten kann und trotzdem höchst aktuell ist. Und es schlägt einen großen Bogen über die großen und kleinen Themen, die den Alltag bestimmen: Von der aktuellen Suche nach einem Atommüll-Endlager bis hin zum Weber-Grill oder Thermomix, die man sich nur leisten könne, wenn man Billigfleisch aller Art auf dem Einkaufszettel habe. "Oh heiliger St. Thermomix" singt das Duo und zählt auf, welche Traditionsgerichte man mit diesem Gerät eben nicht kochen kann, außer Hustensaft für Kinder und Eierlikör. Oder sie kritisieren die überbordende Technik aller Art bis hin zum "Computer-Click, da host Sex im Internet, statt dahoam im Bett". Oder das Duo ereifert sich über das viele Plastik, was Ritsch Ermeier in düsteren Moll-Tönen musikalisch umsetzt, während Walter Zinkl gesanglich das Thema auf die Spitze treibt: "Polyethylen, Polypropylen, Polyurethan, Polyvinylchlorid, Polyacetat, Polystyrol, Elastomere, Thermoplast, Duroplast, Nylon, Styropor, PVC" und andere mehr schlägt Zinkl den Zuhörern musikalisch um die Ohren, das muss man erst einmal hinbekommen. Überhaupt zeichnet sich das Duo aus durch eine außerordentliche Vielfalt, sei es musikalisch von der Polka "Hopfabauern-Glyphosat-Polka" bis zum Zwiefachen, dessen Taktwechsel sie, wegen der Ausstrahlung ins weltweite Internet, auf Englisch erklären: "a bavarian dance, sometimes so and sometimes so". Aber auch in der Wahl ihrer Themen schlagen sie große Bögen, vom "Chalet am Tegernsee" bis zur "Tatort"-Krimi-Schwemme im TV, oder über die coronabedingten "Do-it-yourself-Haarschnitte" per Langhaarschneider bis hin zum Wiederentdecken der "Strickliesel".

Die Moderationen zwischen den Musikstücken sind humorvolle Dialoge zwischen zwei gestandenen Bühnenprofis, die mit der Situation, ohne physisch vorhandenes Publikum, höchst professionell umgehen. Unterm Strich ein Programm, in dem man ebenso grad raus redet wie auch singt, das unserem Alltag einen satirischen Spiegel vorhält und schlichtweg viel Spaß macht. Ein gelungener Livestream also von der Intakt-Bühne, der am heutigen Abend im Rahmen der "Intakt StreamKultur" ab 20 Uhr mit dem Mitsing-Konzert "VolxGesang" seine Fortsetzung findet.

hsg