Großmehring
Aufsetzen statt draufsetzen

Die Großmehringer Firma Trim näht in der Corona-Krise nicht wie sonst Fahrzeugsitze, sondern Mund-Nasen-Masken

03.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:36 Uhr
  −Foto: Schmidl

Großmehring - Normalerweise werden bei der Trim GmbH aus Großmehring Fahrzeugsitze genäht.

Normalerweise. Doch in Zeiten der Corona-Krise ist eben nichts mehr normal. Auch nicht für Trim-Geschäftsführer Samuel Depperschmidt. Anstelle von Sitzen für Autos, Busse, Lkw, Flugzeuge oder Züge fertigen die Mitarbeiter deshalb seit einer Woche Mund-Nasen-Masken.

Und auch wenn diese Masken keine Atemschutzmasken - sogenannte Filtering Face Pieces (FFP) - und keine medizinischen Masken nach DIN-Normen darstellen und auch nicht zertifiziert sind, wie Depperschmidt ausdrücklich betont, glaubt er dennoch, dass die Masken nützlich sind. Das Tragen der Mund-Nasen-Masken schütze zwar nicht vor Viren, könne aber dennoch das Auftreffen größerer Tröpfchen, etwa beim Husten oder Niesen anderer Personen, auf die Mund- und Nasenschleimhaut des Maskenträgers verringern. Umgekehrt könne die Maske helfen, über Mund oder Nase abgegebene Speichel- und Schleimtröpfchen des Trägers zurückzuhalten. "Es geht um den persönlichen Schutz", so der Trim-Chef, der die Meinung vertritt, wenn alle eine Maske tragen würden, würde auch die Zahl der Infektionen sinken.

Seinen Beitrag bei der Bekämpfung der Krise zu leisten, war für Depperschmidt ein Grund, auf das Nähen der Masken umzustellen. Ein weiterer: "Ich wollte meine Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurückholen. " Er versichert aber gleichzeitig: "Wir wollen uns mit den Masken nicht bereichern. " Beim Preis der Mund-Nasen-Maske - 14,90 Euro pro Stück, ab zehn Stück je 11,90 Euro - falle kein Gewinn an. Für den Verkauf hat das Unternehmen extra einen Online-Shop eingerichtet, erreichbar unter www. trim-gmbh. de.

Die Umstellung von Fahrzeugsitzen auf die Mund-Nasen-Masken ging laut Depperschmidt recht schnell, obwohl die gesamte Werkstatt "einmal komplett umgekrempelt" worden sei. So seien die Nähmaschinen - inklusive einer eingehenden Desinfektion der Maschinen und auch der Räume - in eineinhalb Tagen von den sonst üblichen schweren Materialien an die filigrane, eng gewebte Baumwolle der wiederverwendbaren Masken angepasst worden, und die Mitarbeiter hätten etwa zwei Tage Gewöhnungszeit gebraucht, was der "Umstellung von der Null-Toleranz-Arbeit auf die Massenfertigung" geschuldet sei, so der Trim-Chef. Seit Freitag vor einer Woche werde aber nun die Fertigung hochgefahren. Ziel seien 800 Masken pro Tag, derzeit würden in Großmehring täglich rund 500 Stück gefertigt, am zweiten Trim-Standort Braunschweig beginne die Produktion gerade.

Die ersten bei Trim in Großmehring produzierten Masken erhielt im Übrigen Rosalie Angort vom Kosmetikinstitut Jungbrunnen in Vohburg, die die Umstellung der Produktion - neben dem Aufruf des bayerischen Wirtschaftsministeriums - mit ihrer Anfrage auch mit angestoßen hat. Von woanders her habe sie keine Masken mehr für ihre Mitarbeiter erhalten, sagt Angort. Die bunten Trim-Masken hätten sie deshalb "gerettet", auch wenn sie zwei Tage später ihr Kosmetikstudio erst einmal habe schließen müssen.

Derzeit fertigt Trim laut ihrem Geschäftsführer Masken in zwei Größen für Erwachsene und Kinder sowie mit rund 10 bis 15 verschiedenen Mustern. Wie sich das weiterentwickelt, kann er allerdings nicht sagen. Das Problem sei künftig, woher er welches Material bekomme. Vor allem die verstellbaren Gummibänder an den Masken seien derzeit nur schwer erhältlich. Depperschmidts derzeitiger Lagerbestand reicht auf alle Fälle für 10000 Masken, er habe aber - "Stand jetzt" - Möglichkeiten für mehr, sagt er und spricht dann von gut der doppelten Menge.

"Derzeit laufen wir den Bestellungen hinterher", sagt Depperschmidts Frau Kirstin, die bei Trim für Finanzen und Controlling verantwortlich ist. Der größte Auftrag kam bisher von der Gemeinde Großmehring, die 1000 Masken bestellt hat. "Für uns war klar: Wenn es eine Großmehringer Firma macht, dann sind wir da natürlich dabei", sagt dazu der künftige Bürgermeister Rainer Stingl (WFG), der derzeit noch bei der Gemeinde arbeitet und dort auch Personalratsvorsitzender ist.

Nach einem Gespräch mit den drei amtierenden Bürgermeistern am Donnerstag teilte Stingl nun mit, dass die kostenlose Ausgabe der 1000 Masken ab kommenden Montag an folgende Adressaten erfolgt: an Beschäftigte der Gemeinde wie etwa Erzieherinnen, Rathaus- und Bauhofmitarbeiter, an die Nachbarschaftshilfe St. Wolfgang, an ortsansässige Ärzte und die Apotheke sowie an ortsansässige Menschen aus Risikogruppen. Letztere sollten sich an poststelle@grossmehring. de oder Telefon (08407) 9294-0 wenden mit der Angabe der benötigten Menge (jedoch nur in üblichen Haushaltsmengen). Die Mund-Nasen-Masken werden dann von der Gemeinde zugestellt, so Stingl.

DK